Alternativer KarnevalDas sind die besten Gags der neuen Stunksitzung

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Die zwei Stimmen in Gollums Kopf verhindern, dass er der Wahlkabine entkommen kann. Denn selbst wer Grün ankreuzt, wählt die dunkle Mutti.

Die zwei Stimmen in Gollums Kopf verhindern, dass er der Wahlkabine entkommen kann. Denn selbst wer Grün ankreuzt, wählt die dunkle Mutti.

Köln – Stunksitzungs-Premiere am Nikolausabend. Passt eigentlich nicht in die Adventszeit, meinen einige. Doch die große Mehrheit im Publikum hat sich gar schon ins Kostüm geschmissen. Dabei wurde kaum zum Schunkeln animiert, und „Kölle Alaaf“ tauchte erst im Finale auf.

Die Einhörner reiten auf der Route 66

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Mit 21 Nummern, einem Dutzend Liedern und viel Musik von Köbes Underground boten die Stunker eine erstklassige Kabarett- und Comedy-Show. Trotz zahlreicher jecker Anspielungen ist das Programm durchaus ganzjahres-tauglich – und diesmal sehr politisch: Es geht um Bausünden, Alltagsrassismus, Sexismus, Politikmüdigkeit, Lehrermangel, Despoten und Verwaltungschaos.

Lästern über Christian Lindner

Der Stammwähler der Grünen – da ist die Schnittmenge zu den Besuchern der Stunksitzung doch recht hoch – zweifelt derzeit an der Partei. Kann man die Grünen noch wählen? Oder wen könnte man alternativ ankreuzen? Auch drei Monate nach der Bundestagswahl hat einer seine Entscheidung nicht getroffen, wägt Argumente ab, ringt mit sich in der Wahlkabine.

Die zwei Stimmen in Gollums Kopf verhindern, dass er der Wahlkabine entkommen kann. Denn selbst wer Grün ankreuzt, wählt die dunkle Mutti.

Die zwei Stimmen in Gollums Kopf verhindern, dass er der Wahlkabine entkommen kann. Denn selbst wer Grün ankreuzt, wählt die dunkle Mutti.

Es ist Gollum, das „Herr der Ringe“-Monster mit gespaltener Persönlichkeit und einem Hang zum Selbstgespräch – großartig dargestellt von Martina Klinke. „Du wählst grün und bekommst schwarz“, weil ja die „dunkle Mutti als schwarze Raute über dem Reichstag“ schwebt. Nur mit Neuwahlen kann Gollum sich anfreunden. „Dann bleibt Zeit, weiter über die Grünen nachzudenken.“

„Der Polier von Sevilla“: Der Opernbau zu Köln in vielen Akten

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Alternativen gibt es kaum. Die CDU hat, so Präsidentin Biggi Wanninger, „den Regierungsauftrag noch nicht ernst genommen“, und die Sozis scheinen selbst mit einem Benefiz-Song à la „We are the World“ kaum noch zu retten: „Die SPD hat keinen interessiert, mal seh’n, ob sie jetzt trotzdem koaliert.“ Und der Spruch von FDP-Chef Christian Lindner, „lieber nicht regieren als falsch regieren“, sei nicht neu. Wanninger: „Das gibt es in Köln schon lange.“

Bausünde Köln

Auch die Nubbel wollen sich nicht mehr für die Sünden der Kölner verbrennen lassen. Hier sei zu den sieben eine achte Todsünde hinzugekommen: die Bausünde. Mit der Vielzahl an Chaos-Baustellen gelte Köln ja schon als „das Mekka der Trümmerfrauen“.

Keine Hochzeit ohne verhafteten Ehemann

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Alltagsrassismus in der Warteschlange vor der Karnevalskneipe, der gemeine Kölner trifft auf schwäbische Fastnachtstouristen: „Die Schwaben haben doch Motivationshintergrund, die passen nicht zu uns. Und die kotzen in Tüten. Wir Kölner kotzen in Hauseingänge“, empört sich da der kölsche Jeck. Am einfachsten sei das Problem doch in der Heimat zu lösen. Warum nicht die Roten Funken ins Ländle schicken? Schließlich gelte doch: „Jeder Jeck ist anders. Aber doch nicht anders als wir.“

Tristesse am Ebertplatz

Der Karaoke-Mitsing-Block mit den großartigen Köbes Underground dreht sich um „Unwahrheiten im kölsche Liedgut“, die es zu korrigieren gilt. „Op dem Maat ston kein Buure, do jitt et nor jefälschte Uhre“ und „Ming eeste Fründin, die hieß eijentlich Dieter“. Aber so wollte das in den Sälen keiner hören, dann schon eher „Du bis knülle“, denn „besoffe fingk doch jeder Kölle doll“.

Engel Trude ist gegen Sexismus im Himmel

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Dazu gibt es ein herrliches Medley zum Stau. „Vorwärts, kannst du vergessen“: Als Opern-Duett besingen Ecki Pieper und Tanja Svenjoha die Tristesse vieler Plätze – vom Wiener Platz bis zum Ebertplatz. Ausgesprochen schön: Josef Piek gibt zu Bon Jovis „Bed of Roses“ Einblicke in das Gefühlsleben der „letzten Kamell“, nach der beim Zoch zwar gerufen wird, die aber „en d’r Sod“ landet – „bis Ihr merkt, dat mer Strüssjer nit lötsche kann“.

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