Angebliche GeldnotAnwalt in Köln fälscht Rolf Bietmanns Unterschrift

Lesezeit 3 Minuten
Bietmann war der Chef des Anwalts, der die Unterschrift seines Vorgesetzten fälschte.

Bietmann war der Chef des Anwalts, der die Unterschrift seines Vorgesetzten fälschte.

Köln – „Ich stand plötzlich vor dem Nichts“, sagte Markus D., um zu erklären, in welcher Situation er von September 2016 bis Februar 2017 die zwölf Straftaten begangen hat, für die er sich nun vor dem Kölner Amtsgericht zu verantworten hatte: Betrug und Urkundenfälschung.

Der 36-jährige Rechtsanwalt, dessen Zulassung widerrufen worden ist, zeigte sich umfassend geständig. Damit erübrigte sich die Zeugenvernehmung seines früheren Chefs Rolf Bietmann, der ohnehin verhindert war.

Unterschrift auf Überweisungsträgern gefälscht

Markus D. (Name geändert) war knapp zwei Jahre als freier Rechtsanwalt in der Sozietät Bietmann für das „Dezernat Sozialrecht“ zuständig; daneben war er mit der Aufgabe betraut, die „Erfurter Tage für Arbeitsrecht“ zu organisieren. Diese werden seit 18 Jahren von der Erfurter Gesellschaft zur Pflege des Arbeits- und Wirtschaftsrechts ausgerichtet, deren Vorsitzender Bietmann ist.

Wiederholt schädigte Markus D. die Gesellschaft, indem er deren Überweisungsträger nutzte und darauf die Unterschrift seines Chefs fälschte. Die jeweiligen Beträge ließ er seinem Konto gutschreiben; mal waren es 278, mal 3570 Euro – insgesamt rund 15 700 Euro. Die Gesellschaft verlangte mit Erfolg das Geld von der Bank zurück, die das Konto führte. Die Bank ihrerseits machte gegenüber Markus D. Ansprüche geltend und erstattete Anzeige.

Finanzielle Notlage als Motiv

Das Motiv der Taten sei seine finanzielle Notlage gewesen, sagte der 36-Jährige. In seinem Arbeitsbereich in der Sozietät sei die Zahl der Mandate drastisch gesunken, so dass er 2016 eine eidesstattliche Versicherung habe abgeben müssen. Er habe nicht mehr gewusst, wie er seine Miete hätte aufbringen sollen: 1500 Euro pro Monat für ein 165 Quadratmeter großes Penthouse.

Es sei „nicht einfach“ gewesen, mit Bietmann „über Hilfe zu sprechen“. Er habe Angst vor ihm, sagte der Angeklagte; er sei froh, dass sein Ex-Chef nicht da sei. Mit dem Betrug habe er das, was bei den Umsätzen gefehlt habe, wettmachen wollen in der Hoffnung, den Schaden auszugleichen, sobald die Umsätze wieder steigen würden. Dazu kam es nicht.

Angeklagter soll neuen Job in Aussicht haben

Nach einer Trennung habe er die 1500 Euro Miete für sein 165 Quadratmeter großes Penthouse nicht mehr zahlen können. Inzwischen habe er andernorts einen neuen Job in Aussicht. Er wolle ohnehin weg aus der Stadt, die ihm „kein Glück gebracht“ habe.

Bietmann widerspricht der Darstellung des 36-Jährigen vehement. Markus D. habe zwar „umsatzabhängig“ gearbeitet, aber keineswegs zu seinem Nachteil, denn die Sozietät habe sogar ein „deutliches Wachstum“ verzeichnet, der Umsatz sei gestiegen. Die Organisation der „Erfurter Tage für Arbeitsrecht“ habe Markus D. gut und „sehr engagiert“ erledigt, und dies sei ihm zusätzlich vergütet worden.

„Ich habe mich persönlich um ihn gekümmert“

Dagegen habe er als Anwalt „nicht so sehr überzeugt“. Nach einem persönlichen Schicksalsschlag im Jahr 2016 habe seine Leistung stark nachgelassen, oft habe er sich krankgemeldet. „Ich habe mich persönlich um ihn gekümmert“, betont Bietmann . „Wir haben ihn nicht fallen lassen, sonder ihm gesagt: Suchen Sie sich was anderes.“ Dafür habe man ihm Zeit gelassen. Statt dessen sei er kriminell geworden.

Mit dem Verlust der Zulassung als Rechtsanwalt sei Markus D. das Schlimmste schon passiert, sagte der Oberstaatsanwalt in seinem Plädoyer. Die Taten habe er offenbar nicht verübt, um „in Saus und Braus zu leben“, und die Höhe des Schadens sei relativ gering.

Der Amtsrichter blieb einen Monat unter dem Strafantrag des Anklägers und verurteilte den 36-Jährigen zu neun Monaten Haft auf Bewährung. Markus D. habe „hier wie selten jemand reinen Tisch gemacht“. Andere in seiner Situation hätten „versucht, mit jedem juristischen Trick zu arbeiten“. Als Bewährungsauflage setzte der Richter fest, dass Markus D. 50 Sozialstunden ableisten muss.

KStA abonnieren