Bezirksvertretung sauer auf den Stadtrat

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Die Bauarbeiten für die Containeranlage haben bereits begonnen.

Die Bauarbeiten für die Containeranlage haben bereits begonnen.

Holweide –  Große Empörung löste bei Bewohnern der Siedlung Schlagbaumsweg und Mülheims Bezirksvertretern der Beschluss des Stadtentwicklungsausschusses mit der Mehrheit von CDU und Grünen gegen die SPD aus, den Bebauungsplan für ein Grundstück an der Kreuzung Schlagbaumsweg/Colonia-Alle/Ostmerheimer Straße teilweise aufzuheben. Einer der Gründe: Kaum zwei Wochen vor der Entscheidung plädierte die Bezirksvertretung Mülheim einstimmig dafür, diese Änderung nicht vorzunehmen.

Die Vorgeschichte: Als Folge der Flüchtlingswelle 2015 plant die Stadt, auf dem bisher landwirtschaftlich genutzten Grundstück eine Flüchtlingsunterkunft mit bis zu 400 Plätzen in Containerbauweise zu errichten. Bereits im Zuge der ersten Bürgerinformation regte sich unter Anwohnern Widerstand. Viele bezweifelten, dass mit dem Rückgang der Flüchtlingszahlen so viele Plätze benötigt werden. Andererseits machen sie darauf aufmerksam, dass die etwa 900 Bewohner der relativ isoliert liegenden Siedlung auch beim besten Willen kaum in der Lage sein würden, so viele Flüchtlinge bei ihrer Integration zu unterstützen. Es wurde argumentiert, dass die Containeranlage die in diesem Bereich bestehende Frischluftschneise empfindlich beeinträchtigen würde. Insgesamt sammelte eine Interessengemeinschaft der Anwohner fast 400 Einwendungen gegen die Pläne der Verwaltung. Sowohl die Bezirksvertretung Mülheim als auch die Anlieger plädierten dafür, hier maximal 200 Flüchtlinge unterzubringen.

Das Grundstück ist nach bisherigem Bebauungsplan eine Grünfläche mit der Option, später auch Gleise für die Straßenbahn als Verbindung der Linien 1 und 18 zwischen Merheim und Holweide zu verlegen. Aufgrund einer Sonderregelung der Bundesregierung in Folge der Flüchtlingskrise ist es hier möglich, für die Dauer von maximal drei Jahren Unterkünfte zu bauen. Die Arbeiten dafür haben bereits begonnen.

Eine Änderung des Bebauungsplans würde bedeuten, dass das Areal zeitlich unbegrenzt bebaut sein darf. „Das wollten unsere Bezirksvertreter mit ihrem Beschluss parteiübergreifend verhindern“, betont Bezirksbürgermeister Norbert Fuchs. Er bedauerte, dass CDU und Grüne im Rat dieses einstimmige Votum gekippt hatten. Fuchs: „Hier wird der Wille der Bezirksvertretung und der Bürger einfach ignoriert.“ Er habe in seinen mehr als 30 Jahren in der Kommunalpolitik noch nie erlebt, dass die Bürger mehr fast 400 Einwendungen gegen ein Projekt der Stadt erhoben hatten.

Winfried Seldschopf, Vorsitzender der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen in der Bezirksvertretung, ist nicht glücklich über das Agieren seiner Parteifreunde im Ausschuss: „Wir werden das in der Partei noch mal diskutieren müssen.“ Der Beschluss sei ohne Not gefasst worden. Schließlich nähmen die Flüchtlingszahlen beständig ab. Auch die Interessengemeinschaft der Anwohner, die sich im Bunde mit dem Bürgerverein Siedlung Schlagbaumsweg und Anrainer gegen die Pläne wehrt, ist unzufrieden. „Wir sind schockiert, dass der Stadtentwicklungsausschuss unsere Willenserklärung so brutal ignoriert“, äußert sich Siegfried Marks, einer ihrer Vertreter. Er sei sehr verwundert gewesen, dass die Grünen im Rat gegen ihre Parteifreunde aus der BV gestimmt hatten.

Marks Mitstreiter Christopher Helfenbein hofft auf ein Umdenken der Grünen: „In dem Beschluss wurden doch Umweltbelange vernachlässigt – schließlich geht es hier um eine Frischluftschneise.“

Winfried Seldschopf, Bündnis 90/Die Grünen in der BV

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