BombenfundWer sich versteckt, trägt das Risiko

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Auf dieser Baustelle am Unicenter wurde am Donnerstag eine Weltkriegsbombe gefunden.

Auf dieser Baustelle am Unicenter wurde am Donnerstag eine Weltkriegsbombe gefunden.

Wie wird eine so umfangreiche Evakuierung geplant?

Der Sprengmeister des Kampfmittelbeseitigungsdienstes entscheidet, in welchem Radius evakuiert werden muss. Ist etwa die Bebauung um den Fundort sehr eng, genügt in der Regel ein vergleichsweise kleiner Radius von 300 Metern, da die Druckwelle sich bei einer Explosion durch die dicht stehenden Häuser nicht so stark ausbreiten kann wie auf Freiflächen. Das Ordnungsamt ist zuständig für die Evakuierungen. „Wir ermitteln zuerst, ob kritische Objekte im Bereich sind, etwa Krankenhäuser, Altenheime oder Schulen“, erklärt Heribert Büth vom Ordnungsamt. Diese Gebäude werden zuerst geräumt. Bei allen anderen Bewohnern des Sperrgebiets klingeln die Mitarbeiter einzeln. In zwei Kontrollrundgängen werden sie gebeten, ihre Wohnungen zu verlassen.

Dürfen Anwohner im Sperrgebiet auf eigenes Risiko in ihrer Wohnung bleiben?

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Nein. „Zwar ist das sicher ein Grenzfall“, sagt Heribert Büth vom Ordnungsamt, „aber es geht nicht, dass so etwas Schule macht“, stellt er klar. Die Mitarbeiter des Ordnungsamtes dürften im Zweifel sogar Zwang anwenden, wenn es wie im Fall der drohenden Explosion einer Bombe um Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gehe.

Geregelt ist das im Ordnungsbehördengesetz. Haben die Einsatzkräfte den Eindruck, dass jemand nicht öffnen will, brechen sie die Tür mit Hilfe von Polizei und Feuerwehr im Zweifel auf. „Womöglich handelt es sich ja um Bettlägerige, die sich nicht selbst helfen können“, so Büth.

Wer den Einsatzkräften bewusst nicht öffnet oder sogar gezielt den Eindruck erweckt, es sei niemand zu Hause und damit Erfolg hat, trage das Risiko für Leib und Leben letzten Endes selbst.

Müssen die Schaulustigen mit Strafen rechnen?

Nur bei besonders schweren Fällen. Zwar war es für die 5000 evakuierten Menschen extrem ärgerlich, dass sie wegen der Gaffer erst spät nachts nach Hause kamen. Strafrechtlich relevant ist die Verletzung der Absperrungen aber kaum. Die Polizei hat laut einer Sprecherin in diesen Fällen die Möglichkeit, Platzverweise für ein bestimmtes Gebiet auszusprechen. Wer diesem Platzverweis nicht nachkommt, kann in Gewahrsam genommen werden und landet auf der Wache. Das ist allerdings am Donnerstagabend nicht passiert. Wie viele Platzverweise von den Beamten ausgesprochen werden mussten, ist nicht erfasst worden.

Wer haftet, wenn ein Gaffer sich erfolgreich versteckt und bei der Sprengung verletzt wird?

„Derjenige trägt das Risiko selbst“, sagt Heribert Büth vom Ordnungsamt. Zwar achteten Ordnungskräfte, Polizei und Feuerwehr „sehr genau“ darauf, dass der Sperrbereich zum Zeitpunkt der Entschärfung oder Sprengung menschenleer ist. „Aber wir können nicht in jeden Müllcontainer gucken.“ Wer sich verstecke, trage das Risiko selbst.

Wie viele Bomben liegen noch im Kölner Boden?

Das weiß niemand, kann auch niemand seriös schätzen. Hunderte? Tausende? Zehntausende? Fakt ist: 262-mal wurde Köln im Zweiten Weltkrieg aus der Luft von den Alliierten bombardiert, so oft und so heftig wie kaum eine andere deutsche Stadt. Längst nicht jeder Sprengkörper detonierte beim Aufschlag. „Jede Zahl von Blindgängern, die irgendwo veröffentlich wird, kann nur falsch sein“, versichert Rolf Vogelbacher, Dezernent für Kampfmittelbeseitigung bei der Bezirksregierung Düsseldorf. Seine 20 Mitarbeiter sind zuständig für die Entschärfung von Weltkriegsmunition im Großraum Düsseldorf und Köln.

Warum detonieren Blindgänger in der Regel nicht, wenn sie von einer Baggerschaufel getroffen werden?

Fast alle Zünder von Bomben seien so gebaut, dass sie nur bei einem „erheblichen Aufschlag“ detonieren, sagt Vogelbacher. Zum Beispiel bei einem Abwurf aus mehreren hundert oder tausend Metern Höhe.

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