Meldestelle bewertet „Bowljob“-PlakatDieses Kölner Start-up steckt hinter der umstrittenen Werbekampagne von „Vytal“

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Plakate auf einer Litfaßsäule mit dem Kölner Dom im Hintergrund: Das Kölner Unternehmen Vytal warb mit dem Kunstwort „Bowljob“ für seine Mehrwegbehälter, auf die nicht direkt Pfand gezahlt werden muss.

Das Kölner Unternehmen Vytal warb mit dem Kunstwort „Bowljob“ für seine Mehrwegbehälter, auf die nicht direkt Pfand gezahlt werden muss.

Die Organisation gegen sexistische Werbung Pinkstinks registrierte neun Meldungen der Kampagne des Kölner Unternehmens Vytal. Das ist ihr Urteil.

Urteil: „Nicht sexistisch“. Die Protest- und Bildungsorganisation Pinkstinks geht gegen Sexismus und Homophobie vor, unter anderem mit einem Portal, auf dem potenziell sexistische Werbungen gemeldet werden können. Experten und Berater des Vereins ordnen Kampagnen dann nach ihren Kriterien ein. Neun mal wurde dort auch die Kampagne des Kölner Unternehmens Vytal eingereicht: Mit dem Slogan „Bowljob for Free“ preist sie Mehrwegbehälter für To-go-Speisen anbietet („Bowl“ ist Englisch für Schüssel).

„Auch, wenn diese Art der Darstellung als geschmacklos oder unnötig sexualisierend aufgefasst werden mag, wird hier nicht aufgrund von Geschlecht diskriminiert – es wird niemand explizit adressiert“, lautet das Urteil von Pinkstinks. Vier Meldungen aus Köln und fünf aus Berlin sind mit beigefügten Fotos der großen Plakate auf lila Grund dazu veröffentlicht. „Auch wenn wir prinzipiell nicht gegen Sexarbeit sind, so ist es dennoch problematisch, mit diesem Motiv zu suggerieren, dass Blowjobs „normalerweise“ zahlungspflichtig sind und hier nur zur Ausnahme mal „for free“ angeboten werden“, heißt es in der Begründung weiter.

Werbekampagne in Köln und bundesweit diskutiert

Die Kampagne ist zwar ausgelaufen, doch noch immer kann sie in der Stadt zu sehen sein, wenn die Standorte der Plakate nicht umgehend neu gebucht wurden. Die Kampagne wurde vor allem in sozialen Medien und in der Werbebranche diskutiert (wir berichteten). In Köln überklebten Unbekannte ein Plakat sogar so, dass anschließend „sexism for free“ zu lesen war. Eigentlich gehe es Vytal aber darum, als „nachhaltige Innovation“ wahrgenommen zu werden, sagte Gründer Tim Breker im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

2019 als Start-up in Köln entstanden, agiert Vytal mittlerweile in 15 Ländern. Hauptsächlich in Europa, aber auch in Mexiko können die hier ausgeliehenen Mehrwegbehälter abgegeben werden. Breker sagt, er habe mit seinen Geschäftspartnern auch London wegen des höheren Bedarfs an To-go-Behältern für dort mehr Restaurants in Erwägung gezogen. „Aber in Deutschland war das breite Verständnis für Mehrweg schon da“, sagt Breker. Also wächst Vytal seither von Köln aus.

Kölner Unternehmen seit 2019 schnell gewachsen

Und das habe sich ausgezahlt: 600.000 Nutzerinnen und Nutzer registrierten sich bis jetzt in der App, 580.000 Behälter seien im Umlauf. Die Rückgabequote betrage 99 Prozent und im Schnitt fünf Tage. Den Grund für den Erfolg sieht Breker im Pfandsystem. Kundinnen und Kunden zahlen nicht für die Benutzung, sondern erst, wenn sie die Speiseverpackungen nicht zurückgeben sollten. 7000 Restaurants und Partner kooperieren laut Breker mit Vytal.

Ziel sei es für dieses Jahr, aus der „Öko-Nische“ herauszukommen und in den „Massenmarkt“ einzusteigen. Aus der Perspektive, wie der meiste grüne Impact erzielt werden kann, strebt der Geschäftsführer zudem mehr Kooperationen mit Veranstaltern an: „Auf Events kann man sehr viel Einweg auf einen Schlag vermeiden.“

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