„Schlimmer geht es nicht mehr“Politiker kritisieren desolate Kita-Situation in Köln-Chorweiler

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Ein Kind spielt auf dem Spielplatz einer Kindertagesstätte. (Symbolbild)

Die Versorungsquote bei den Über-Dreijährigen sank im Stadtbezirk Chorweiler von 84 auf 80 Prozent. (Symbolbild)

Die Lokalpolitiker der Bezirksvertetung Chorweiler kritisieren die Versorgungsquote und die dadurch zunehmende soziale Spaltung. Eine Besserung ist vorerst nicht in Sicht.

Der vor kurzem veröffentlichte 20. Statusbericht zum Ausbau der Kindertagesbetreuung in Köln enthielt für den Bezirk Chorweiler praktisch nur Hiobsbotschaften: Während sich die gesamtstädtische Versorgungsquote leicht verbessert hat – von 95 auf 98 Prozent im Bereich Ü3 und von 46 auf 47 Prozent im Bereich U3 – hat sie sich im ohnehin bereits unterversorgten Bezirk 6 noch einmal verschlechtert: von 84 auf 80 Prozent bei den Über-Dreijährigen und von 33 auf nur noch 31 Prozent bei den Unter-Dreijährigen.

Eine grundlegende Verbesserung dieser Situation ist zeitnah nicht in Sicht, denn Planungen für neue Einrichtungen oder Erweiterungen gibt es im laufenden oder dem kommenden Kindergartenjahr nicht – erst für  2023/24 ist die Eröffnung einer neuen viergruppigen Kita angekündigt. Während der Sitzung der Bezirksvertretung Chorweiler machten sich die Bezirkspolitiker des Kölner Nordens denn auch nicht die Mühe, ihren Ärger zurückzuhalten.

„Schlimmer geht es nicht mehr“, stand etwa für Norbert Schott fest, den Vorsitzenden der CDU-Fraktion. „Es ist katastrophal, was das für unseren Bezirk bedeutet. Die Zahlen machen mehr als deutlich, dass die Versorgungsschere in dieser Stadt immer weiter auseinander geht.“ Die reinen Zahlen, die in dem Bericht enthalten seien, würden die Situation in Chorweiler ohnehin nicht adäquat abbilden, meinte Wolfgang Kleinjans, der Vorsitzende der Grünen.

Kita-Mangel in Köln-Chorweiler: weite Wege, schlechte Verkehrsanbindungen und soziale Spaltung

„Sein Kind etwa von Worringen nach Rheinkassel zur Kita bringen zu müssen, ist nicht damit vergleichbar, zum Beispiel von Nippes nach Mauenheim zu kommen: Hier kann man nicht mal eben in eine Straßenbahn steigen, auch die S-Bahn fährt dort nicht entlang. Man ist also mal wieder auf das Auto angewiesen.“

Derweil scheint die Verwaltung noch deutlich weitere Wege für zumutbar zu halten: Inan Gökpinar, Fraktionsvorsitzender der SPD, berichtete der Runde von einer in Weiler-Volkhoven wohnhaften Familie aus seinem Bekanntenkreis, der ein Platz in einer Kindertagesstätte in Lindenthal angeboten worden war. „Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen“, so Gökpinar. „Auf die Art und Weise wird erst wirklich der Entstehung einer Parallelgesellschaft Vorschub geleistet.“

Denn auch die soziale Situation würde durch die schlechte Versorgung verstärkt. „Junge Mütter, die keine Betreuung finden, sehen sich gezwungen zu Hause zu bleiben, anstatt arbeiten gehen zu können“, so Kleinjans. Dieser Druck wirke bei Alleinerziehenden noch einmal stärker, von denen es viele im Bezirk gebe, wie Klaus Roth (Linke) anmerkte. Roth machte auch auf die Situation der migrantisch geprägten Familien aufmerksam.

Neue Wohngebiete treffen auf fehlende Infrastruktur

„Wir haben einen hohen Anteil von Arbeitsmigranten im Bezirk, die keinen Anspruch auf bezahlte Deutschkurse haben, neben der Arbeit aber auch keine Zeit sich privat darum zu kümmern und somit zu Hause nicht Deutsch sprechen“, so Roth. „Gerade deren Kinder brauchen die Kita, denn dort wird der Grundstein für den Anschluss an die Gesellschaft gelegt.“

Bezirksbürgermeister Reinhard Zöllner verglich den Mangel an Planungen für neue Betreuungseinrichtungen mit den regen Planungen für neue Wohngebiete im Bezirk. „Offenbar lässt sich im Kölner Norden ganz wunderbar bauen, die dafür notwendige Infrastruktur wird aber wieder einmal nicht mitgedacht. Schon jetzt haben wir arge Probleme, trotzdem sollen noch mehr Wohngebiete her. Nur mit Wohnraum kommen wir nicht weiter, wir brauchen auch Kitaplätze, Schulplätze und eine Verkehrsinfrastruktur.“

Als Reaktion auf den Statusbericht hatten sich CDU, SPD, Grüne, Linke und FDP auf eine gemeinsame Resolution geeinigt, in der sie Stadtrat und den Jugendhilfeausschuss aufforderten, Planung, Neubau und Inbetriebnahme von Einrichtungen zur Kindertagespflege im Bezirk Chorweiler absolute Priorität einzuräumen. „Wenn Köln eine echte kinderfreundliche Kommune bleiben will, muss es endlich auch die Kinder aus dem Stadtbezirk Köln-Chorweiler als seine Kinder anerkennen“, hieß es in der Resolution.

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