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Forderung der LinkenStadt Köln soll 600 marode Wohnungen in Chorweiler kaufen und sanieren

Lesezeit 4 Minuten
Zu sehen sind von Baugerüsten umschlossene Hochhäuser in der Osloer Straße in Chorweiler.

Hochhäuser in der Osloer Straße in Chorweiler (Archivbild)

Den Vorstoß begründen die Antragsteller damit, die aktuellen Vorgänge würden die „sehr gute Entwicklung“ Chorweilers gefährden.

Die Stadt Köln oder ein städtisches Unternehmen soll die 600 Wohnungen in Chorweiler, die sich im Übergang zu einem neuen Eigentümer befinden, selber kaufen und sanieren lassen. Dies fordert die Fraktion der Linken in einem Antrag, den sie zusammen mit der Ratsgruppe „Klimafreunde & Gut“ in die nächste Sitzung des Stadtrats am 27. Mai einbringen will.

Am Mittwoch hat sie ihn öffentlich vorgestellt. Der neue kommunale Eigner, vorzugsweise die GAG Immobilien AG, solle die Wohnungen „in einen ordentlichen Zustand“ bringen und dafür Fördermittel des Landes in Anspruch nehmen. Anschließend sollten sie als Sozialwohnungen angeboten werden.

600 Wohnungen in desolatem Zustand

Den Vorstoß begründen die Antragsteller damit, die aktuellen Vorgänge würden die „sehr gute Entwicklung“ gefährden, die Chorweiler in den letzten Jahren genommen habe. Seitdem die GAG, die zum größten Teil der Stadt gehört, 2016 für 47,1 Millionen Euro 1200 unter Zwangsverwaltung stehende Wohnungen gekauft habe, habe sich vieles zum Besseren gewendet, sagt Michael Weisenstein, Geschäftsführer der Linksfraktion im Stadtrat.

Die Immobilien seien auf Vordermann gebracht worden, und die Pflege des Wohnumfelds zeige Wirkung. Diese positive Entwicklung werde jedoch durch den Umgang mit den fraglichen 600 Wohnungen, die in einem desolaten Zustand seien, konterkariert.

Linke: Keine Besserung in Sicht

Sie befinden sich in drei Hochhäusern in der Osloer Straße sowie in Objekten am Liverpooler Platz, im Wilhelm-Ewald-Weg und in der Ludwig-Gieß-Straße. Der bisherige Eigentümer, die Zentral Boden Immobilien Gruppe (ZBI), hat sie nach eigenen Angaben im Februar zusammen mit Tausenden anderen Wohn- und Gewerbeeinheiten in Deutschland aus dem Bestand eines offenen Immobilienfonds namens Uni Immo Wohnen ZBI verkauft. Der Übergang zum neuen Eigentümer, an die von In-West Partners geführte und gemanagte I-Wohnen UG, soll im dritten Quartal dieses Jahres erfolgen.

„Diese Eigentümer treffen ihre Investitionsentscheidungen ausschließlich nach monetären Gesichtspunkten“, heißt es in der Begründung des Antrags für den Stadtrat. „Das führt zu schlimmen Zuständen in den betroffenen Wohnungen, aber auch im angrenzenden öffentlichen Raum“. Die Linke fürchte, dass sich mit dem neuen Eigentümer die eklatant schlechten Verhältnisse fortsetzen, sagte Michael Weisenstein. Diesem Risiko müsse die Stadt mithilfe des Vorkaufsrechts vorbeugen; sie und das Land dürften dem Geschehen nicht tatenlos zusehen.

Wohnungen an der Osloer Straße haben viele Mängel

Über die Zustände hatte der „Kölner Stadt-Anzeiger“ im April am Beispiel des Hochhausblocks in der Osloer Straße berichtet und eine Bewohnerin und deren Sohn zu Wort kommen lassen. Die Linke wartete nun mit einer weiteren Mieterin als Zeugin auf: Svetlana Grinfeld, die seit 2004 im siebten Stock des Hochhauses Osloer Str. 2 in einer 60 Quadratmeter großen Zwei-Zimmer-Wohnung wohnt. Als sie eingezogen sei, habe sie 550 Euro Miete gezahlt, sagte sie, heute seien es 930 Euro.

Lang ist die Liste der Mängel, die sie aufzählte, von Nässe über ständig defekte Aufzüge und Probleme mit der Heizung bis zu Kakerlaken. Würden Probleme gemeldet, reagiere die Zentrale Boden Vermietung und Verwaltung GmbH (ZBVV) nicht. Maria Küppers, die seit 15 Jahren in der Mieterkontaktstelle des Büros für Gemeinwesenarbeit in Chorweiler arbeitet, ergänzte, mit der Übernahme der Gebäude durch die ZBI habe ein „richtiger Niedergang“ eingesetzt.

Dena Shafi, Direktkandidatin der Linken für den Wahlkreis Chorweiler 2, bestätigte die Probleme. Sie kenne sie aus eigener Anschauung, zudem seien sie ihr bei zahlreichen Haustürgesprächen im Rahmen ihrer Stadtteilarbeit berichtet worden. Die Kommunalpolitiker etablierter Parteien müssten sich mehr um „prekäre“ Stadtteile kümmern; was sonst geschehe, lasse sich an den Wahlergebnissen in Chorweiler schon ablesen: Viele Anwohner wählten die AfD.

Inzwischen habe der Verwalter ZBVV mit der Grundsanierung begonnen, hat die Stadt Köln bestätigt. Treppenhäuser und Flure wurden gestrichen, Aufzüge zum Teil modernisiert. Doch der Großteil der Sanierungen lässt auf sich warten. Laut Stadt betrifft dies die „Instandsetzung der Dächer, Stränge, Fenster, Fassaden und Balkone“. Über die Wohnungsaufsicht ist die Stadtverwaltung bereits involviert.

Sie lässt sich nach Angaben der ZBI-Gruppe quartalsweise vom Verlauf der Sanierungsarbeiten berichten und nimmt Kontrollen vor Ort vor. Die Hochhäuser in der Osloer Straße sind zurzeit eingerüstet und die Fassaden mit Netzen abgehängt. Die Wohnungen seien deshalb verdunkelt, und sie zu beleuchten koste Strom, kritisierte Mieterin Svetlana Grinfeld. Außerdem seien seit zwei Monaten keine Arbeiten zu beobachten.

Zwar rechnet die Linke-Fraktion nicht damit, dass der Antrag durchkommt, sagte Weisenfels. Doch er erfülle schon dadurch seinen Zweck, dass er das Thema auf die Agenda bringe. Andere Fraktionen hätten die Möglichkeit, die Initative aufzugreifen, etwa in Form eines modifizierten Antrags.