Abo

Mahnwache der Syrisch-OrthodoxenFriedensglocke läutet als Protest in Köln-Seeberg

Lesezeit 3 Minuten
Friedensglocke Seeberg

Daniel Hanna (Mitte) läutete die Frie­dens­glo­cke als Zeichen des Protests drei Mal hin­ter­ein­an­der.

Seeberg – Beim ersten Mal sah es noch nach einem Dumme-Jungen-Streich aus: Die Fassade der Kirche St. Simon Zaite der Syrisch-Orthodoxen Gemeinde an der Riphahnstraße war beschädigt, Putz abgebröckelt. Zudem hatte jemand Eier an die Wand geworfen. Das war im Herbst vergangenen Jahres.

Vor Weihnachten die nächste Attacke, wieder nachts: Die Eingangstür wurde demoliert, der Briefkasten abgerissen, die Wand erneut so sehr in Mitleidenschaft gezogen, dass Putz runterfiel. Die Gemeinde erstattete Anzeige.

Der dritte und letzte Angriff geschah Anfang April und verrät ansteigende Aggressivität: "Mit einem spitzen Gegenstand war Putz abgeschlagen, die Tür ist jetzt komplett zerstört und drei bemalte Kirchenfenster sind kaputt, da wollte wohl jemand noch mal was draufsetzen", berichtete Subdiakon Daniel Hanna, der sich in Nippes auch in der Bezirkspolitik engagiert.

Runder Tisch

Der Gemeindevorstand alarmierte diesmal nicht nur die Polizei, sondern ging auch an die Öffentlichkeit. So kam es, dass der Runde Tisch Frieden - ein Zusammenschluss von Institutionen und religiösen Gemeinschaften in Chorweiler, der regelmäßig Friedenswachen auf dem Pariser Platz abhält - eigens eine Mahnwache veranstaltete, um sich solidarisch zu erklären.

Das öffentliche Interesse war groß, mehr als 100 Menschen bildeten einen Kreis, die fahrbare Friedensglocke in der Mitte. Daniel Hanna schlug sie dreimal an, als Zeichen des Protests. Pfarrer Ralf Neukirchen betonte: "Übergriffe gegen ein Gotteshaus können wir nicht dulden, eine rote Linie ist überschritten." Gekommen war auch Serap Güler, Staatssekretärin für Integration in der NRW-Landesregierung. Sie sagte: "Solche Ereignisse erinnern an dunkle Zeiten, wir müssen rechtzeitig unsere Stimme dagegen erheben."

Von aramäischen Christen gegründet

Die Syrisch-Orthodoxe Gemeinde, die Mitglied ist beim Runden Tisch Frieden, hat seit 2008 ihren Sitz in Seeberg, ist aber schon seit Jahrzehnten in Chorweiler ansässig. Gegründet wurde sie von aramäischen Christen, die ursprünglich im Südosten der Türkei lebten und als bedrängte Minderheit Mitte der 1960er Jahre Zuflucht suchten in Deutschland. Etwa 50 Familien gehören der Seeberger Gemeinde an. Eine Brudergemeinde gibt es noch in Lindenthal. Einbrüche in die Kirche seien in der Vergangenheit vorgekommen, doch nie zuvor derartige Attacken, sagte Hanna.

Gemeinde will Zaun ziehen

Nach der immer gleichen Handschrift zu urteilen, sei es wohl stets derselbe Täter, so seine Vermutung. Das Motiv bleibe ein Rätsel. Die polizeilichen Ermittlungen hätten nichts erbracht, ein politischer Hintergrund werde bislang ausgeschlossen. Verheerend seien die seelischen Auswirkungen: "Es entsteht ein Gefühl der Angst."

Die Gemeinde wird nun aufrüsten: "Wir wollen einen Zaun ziehen und Videokameras installieren, obwohl das dem Geist eines Gotteshauses widerspricht", so Hanna resigniert. Fassungslos zeigte sich auch Bezirksvertreter Inan Gökpinar, der bis vor kurzem in der Nachbarschaft wohnte: "Solange ich denken kann, ist sowas in Chorweiler noch nie passiert."

KStA abonnieren