Der Fall des 1989 getöteten Soldaten Norbert Stolz wird neu aufgerollt. Die Polizei setzt nun auf eine DNA-Untersuchung.
35 Jahre nach Mord in KasernePolizei Köln bittet ehemalige Bundeswehrangehörige zum DNA-Test

Der Soldat Norbert Stolz wurde 1989 in der Kaserne Butzweilerhof in Köln-Ossendorf ermordet.
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Mehr als 35 Jahre nach dem bis heute ungeklärten Mord am Bundeswehrsoldaten Norbert Stolz startet die Polizei einen neuen, den vielleicht letzten Versuch, den Täter zu finden. Eine Fahndung in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY ungelöst“ im März war erfolglos geblieben. Am kommenden Samstag sowie am Montag bittet die Polizei nun insgesamt 50 ehemalige Angehörige der Kaserne Butzweilerhof in Ossendorf zu einem Speicheltest ins Polizeipräsidium. Wie viele der Einladung tatsächlich folgen werden, ist unklar, denn die Abgabe der DNA-Probe ist freiwillig.
„Sie können die Ermittlerinnen und Ermittler bei der Aufklärung des Falls unterstützten“, sagt Polizeisprecher Benno Groß. Einige der angeschriebenen Männer hätten sich bereits für beide Termine entschuldigt, sich aber bereit erklärt, zu einem anderen Zeitpunkt eine Probe abzugeben. Wer sich komplett verweigert, werde auch nicht automatisch beschuldigt, heißt es von der Polizei. Es ist aber möglich, dass die Kripo sich diejenigen ein bisschen näher ansehen wird.
Köln: Norbert Stolz wurde mit elf Stichen getötet
Die 50 ehemaligen Angehörigen der Kaserne haben sich 1989 im näheren beruflichen Umfeld von Norbert Stolz bewegt. Gegen keinen von ihnen gebe es derzeit einen dringenden Tatverdacht, betont Groß. Nach dem Mord hatte die Polizei seinerzeit die blutverschmierte Kleidung des Opfers gesichert. Aber erst kürzlich konnte diese mit modernen Analysemethoden im Labor auf mögliche DNA-Spuren des Täters untersucht werden.
Der 20 Jahre alte Norbert Stolz war im Sommer 1989 während seines nächtlichen Wachdienstes in der engen Wachstube erstochen worden. Ein Offizier fand die Leiche am 24. Juni morgens um 6.20 Uhr. Stolz war mit elf Stichen umgebracht worden, acht trafen ihn in die Brust.

Die damalige Einfahrt zur Kaserne Butzweilerhof in Ossendorf.
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In jener Nacht war der 20-Jährige einer von nur zwei Soldaten in dem Gebäude in Ossendorf, der andere war jedoch schon früh als möglicher Täter ausgeschieden. Auch bei der Suche nach dem Motiv ist die Polizei nach mehr als 35 Jahren noch keinen entscheidenden Schritt weitergekommen. Christoph Stolz beschrieb seinen Bruder im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ als umgänglichen, ruhigen und freundlichen Typ. „Es gab kein Motiv, ihn umzubringen“, sagt er. Christoph Stolz glaubt am ehesten an eine Verwechslung. Eine andere Erklärung habe er nicht, sagt er. Norbert hatte am Abend seines Todes kurzfristig die Schicht eines Kollegen übernommen. Er wollte zusätzliche Urlaubstage sammeln, um im August in ein Ferienlager fahren zu können.
Es gibt bis heute keinen Ansatz für ein Motiv oder einen Täter
Norbert Stolz war als Messdiener und in der Jugendarbeit bei St. Mariä Empfängnis in Raderthal aktiv. Ein unproblematisches Kind, sagt Bruder Christoph. Aufgewachsen in einer katholischen, bürgerlich-konservativen Familie. Strenges Elternhaus, regelmäßige Kirchgänger, der Vater Beamter bei der zivilen Standortverwaltung der Bundeswehr. „Geordnete Bahnen“, sagt Christoph Stolz, „alles heile Welt“ – bis zum 23. Juni 1989.
In den Tagen nach dem Mord richtete die Kripo ein Ermittlungsbüro in der Kaserne ein. Spuren wurden gesichert und ausgewertet, das Leben des Opfers durchleuchtet und alle 117 Soldaten des Bataillons befragt. Für den zuständigen Staatsanwalt war die Sache schnell klar, nur drei Tage nach dem Mord ließ er sich in der Zeitung zitieren mit dem Satz: „Die Gründe für die Tat müssen im persönlichen Bereich liegen.“ Es ist eine Feststellung, die Christoph Stolz bis heute beschäftigt, sagt er – weil sie durch nichts gedeckt sei. Damals nicht, und heute auch nicht. „Es gibt bis heute keinen Ansatz für ein Motiv oder einen Täter. Wieso war der Staatsanwalt sich damals so sicher?“
Auch die Polizei hält die Version heute für eher unwahrscheinlich. „Ein Täter aus dem privaten Umfeld hätte einfachere Möglichkeiten gehabt, sich Norbert Stolz zu nähern, als in eine Kaserne einzubrechen“, sagt Cold-Case-Ermittler Markus Weber. War es womöglich ein Einbrecher? Ein Dieb? Ebenfalls unwahrscheinlich. In der Kaserne fehlte nichts. War es ein Kamerad aus dem Bataillon? „Die Kollegen der Mordkommission haben sich damals viel Arbeit gemacht und die ganze Kaserne auf links gedreht“, sagt Weber. Konkrete Hinweise auf einen Bundeswehrangehörigen als Täter ergaben sich nicht.
Möglich ist, dass sich das nach Auswertung der 50 Speichelproben bald ändert. Möglich ist aber genauso gut, dass alle 50 Männer durch die DNA-Tests entlastet werden und als Täter ausscheiden. Auch das wäre ein Ergebnis.


