CoronaKölner Hausärzte dürfen ab sofort selbst entscheiden, wer geimpft wird

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Eine Mitarbeiterin eines Impfteams zieht den Impfstoff von Biontech/Pfizer in eine Spritze auf.

Köln – Die Kölner Hausärzte dürfen Corona-Impfungen ab sofort deutlich mehr Menschen anbieten. Das hat die Kreisstelle der Kassenärztlichen Vereinigung beschlossen. In einem Rundschreiben an alle Kölner Vertragsärzte, das dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt, heißt es: „Gesetze und Erlasse können auf die Infektionslage nicht so schnell reagieren wie unsere Praxen.“ Unter bestimmten Umständen haben nun auch junge, gesunde Menschen die Chance, sich impfen zu lassen.

Ärzte werden gebeten, die Reihenfolge der Impfungen „unter Relativierung der derzeitigen Erlasslage umzusetzen“. Begründet wird die Aufforderung mit einer „weit fortgeschrittenen“ Durchimpfung von Risikogruppen, mit hohen Inzidenzen in „sozialen Brennpunkten“ der Stadt und mit den Covid-Intensivstationen, auf denen dem Schreiben zufolge „mehrheitlich Menschen zwischen 30 und 50“ liegen. Zudem könnten viele Fälle „aufgrund ihrer Komplexität in den Erlassen keinen Niederschlag finden“.

Corona-Impfungen: „Ärztlicher Sachverstand“ statt Regelung

Die Festlegung einer Reihenfolge sei „bei Impfstoffmangel richtig gewesen“. Mit nun deutlich größeren Impfstoff-Lieferungen sowie „Erweiterungen, Ausnahmen und Einzelfallentscheidungen“ sei die Priorisierung „für die meisten Praxen kaum noch durchschaubar“. Das liegt laut Thomas Preis, dem Vorsitzenden der Kölner Apotheken, auch daran, dass sich die Liefermenge wöchentlich ändere. „Die Arztpraxen müssen frühzeitig informiert werden, um auch die entsprechenden Impftermine rechtzeitig vereinbaren zu können“, so Preis. Auch hierbei könnte es helfen, wenn Arztpraxen auf all ihre Patienten zurückgreifen könnten. „Wir dürfen auf keinen Fall in die Phase kommen, dass in den Kühlschränken Impfstoffe liegen, die nicht verimpft werden können“, so Preis: „Eine baldige Aufhebung der Priorisierung beim Impfen wäre wichtig.“

Die Kassenärztliche Vereinigung bittet nun: „Die Umsetzung der Priorisierung sollte in den Arztpraxen dem ärztlichen Sachverstand überlassen werden.“ Ob eine Impfung angeboten werden kann, kann demnach in Köln von den Hausärztinnen und Hausärzten selbst entschieden werden. Ohnehin sei damit zu rechnen, dass die bisher bestehenden Priorisierungsregeln geändert werden würden. Hierzu erklärte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am Donnerstag, man könne „Stand heute davon ausgehen, dass wir im Juni die Priorisierung aufgeben können  werden“.

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In dem Schreiben, das von Jürgen Zastrow, dem Vorsitzenden der Kölner KV-Kreisstelle, verfasst wurde, wird auch der Abbau bürokratischer Hürden gefordert. „Bislang werden für jeden Impfling sieben Seiten ausgedruckt, ausgefüllt, kontrolliert und abgelegt. Diese Prozesse müssen unbedingt vereinfacht werden!“ Sie seien „in der Arztpraxis nicht erforderlich, da die Praxen ihre Patienten kennen“.

Zudem wird auf Überhänge aus dem Impfzentrum hingewiesen, die Hausärzte bei Bedarf bestellen können. Bei den übrigen Dosen halte es sich zumeist um das Mittel von Astrazeneca.

Ist das Vorgehen in Köln rechtmäßig?

Dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ sagte Zastrow: „Wir müssen die Priorisierung insgesamt ändern, sie ist zu eng. Wichtig ist, möglichst viel Impfstoff möglichst viel zu verimpfen.“ Dieses Ziel sehe er durch die starren politischen Vorgaben gefährdet: „Deshalb haben wir uns in Köln für Anpassungen entschieden.“ Auch als junger, gesunder Mensch, der in einem Corona-Hotspot lebt, könne man sich nun um eine Impfung bemühen, so Zastrow. Es zähle nicht mehr das reine Erkrankungs-, sondern auch das Übertragungsrisiko.

Zwar gelten die bundesweit festgelegten Priorisierungen nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums, das für Hausärzte zuständig ist, auch für Praxen. Ärzte haben demnach jedoch auch selbst die Möglichkeit, zu „entscheiden, wer wann geimpft wird, wenn dies für eine effiziente Organisation der Schutzimpfungen oder eine zeitnahe Verwendung vorhandener Impfstoffe notwendig ist.” Es ist somit zu erwarten, dass sich das Vorgehen in Köln als rechtmäßig erweist.

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