„Dann war überall Blut“Sohn erschlägt Stiefvater mit einer Axt – Prozess in Köln

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Maurice S. und seine Verteidiger am Montag im Gerichtssaal

Köln – Es war kurz nach Mitternacht am 22. April dieses Jahres, als bei der Polizei ein Notruf einging: Atemlos teilte eine Frau aus Dünnwald mit, ihr Sohn und ihr Lebensgefährte lieferten sich im ersten Stock des Einfamilienhauses einen Kampf. Dann fing sie panisch an zu schreien, und es war kaum mehr war zu verstehen als „Hilfe, Hilfe“. Schließlich hatte die Polizistin, die den Anruf entgegengenommen hatte, den Sohn am Apparat. Konfus sagt er, er habe gerade seinen Stiefvater erschlagen. Der Mitschnitt des aufwühlenden Telefongesprächs ist am Montag in Saal 5 des Landgerichts vorgespielt worden, wo Maurice S. (27) der Prozess wegen Totschlags gemacht wird.

Über seine Verteidiger Martin Bücher und Carsten Meyers wiederholte er das Geständnis, das er kurz nach der Tat abgelegt hatte. Das Gewaltverbrechen war der Gipfelpunkt erbitterter Streitigkeiten, die im Einfamilienhaus immer wieder ausbrachen und in die der Sohn ein ums andere Mal verwickelt wurde.

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„Ich stehe dem Geschehen fassungslos gegenüber und kann nicht begreifen, dass ich meinen Stiefvater getötet habe“, las Verteidiger Bücher aus der Erklärung vor. „Ich liebe meine Mutter, habe aber auch meinen Stiefvater geliebt.“ Maurice S. habe „nicht im Ansatz daran gedacht“, den 53-Jährigen zu töten oder gegen ihn „grobe Gewalt anzuwenden“, allerdings gewollt, „dass er weg ist“ und seine Mutter sich von ihm trenne. Die unaufhörlichen Auseinandersetzungen seien unerträglich gewesen.

„Er trank extrem viel“

Maurice S. war neun, zehn Jahre alt , als sich seine Mutter in einer „Schlammschlacht“, wie es in der Erklärung heißt, von seinem leiblichen Vater trennte. Etwa zwei Jahre später trat der neue Mann in ihr Leben, eine „dominante“ und „markante“ Persönlichkeit, „sehr geschäftstüchtig“, allerdings mit einem Problem: „Er trank extrem viel und fast täglich Alkohol.“ Den Stiefsohn habe er in die Kneipe mitgenommen und ihm beigebracht, er sei nur dann ein Mann, wenn er trinke. Maurice S. begann bald, ebenfalls „exzessiv“ Alkohol zu konsumieren.

Die Beziehung der Mutter zum Stiefvater lief anfangs gut, 2012 heiratete das Paar. Allmählich nahmen die Streitigkeiten zu – und steigerten sich, nachdem die Frau ein außereheliches Verhältnis eingegangen war. Das hielt ihr der Ehemann unablässig vor; hinzu kam der Verdacht, sie habe in einem Urlaub in Kroatien versucht, ihn zu vergiften. Maurice S., der inzwischen eine Ausbildung zum Koch hinter sich gebracht hatte, zog aus, wollte sich abnabeln. Es gelang schlecht, irgendwann zog er wieder ein in die Wohnung im ersten Stock des Hauses und war erneut den Ehekrächen ausgesetzt.

Am Abend des 21. April setzte der Ehemann beleidigende und beschimpfende Textnachrichten an seine Frau ab. Die suchte Schutz in der Wohnung des Sohns. Der Stiefvater kam hoch, Geschrei begann, Maurice S. stellte sich zwischen ihn und die Mutter, er zog schließlich ab. Knapp eine Viertelstunde später tauchte der Ehemann wieder oben auf; diesmal richtete sich seine Wut gezielt auch gegen den Sohn. Denn der hatte die Aufforderung, er und die Frau sollten aus dem Haus verschwinden, damit abgeschmettert, es sei auf die Mutter überschrieben. Eine wüste Rangelei war die Folge.

Mit der Axt zweimal zugeschlagen

Als Maurice S. sich an die Fensterbank gedrängt sah, griff er hinter sich zu einer Axt, „die ich als Deko-Artikel aufgestellt hatte“, und schlug zweimal mit voller Wucht zu. Durch den zweiten Hieb wurde der Rückenmarkskanal des 53-Jährigen zwischen zwei Halswirbeln fast vollständig durchtrennt. „Dann war überall Blut. Meine Mutter kam und schrie wie am Spieß“. Der Stiefvater starb am Tatort.

So weit die Erklärung, in der Maurice S. beteuert, er mache sich „schwerste Vorwürfe“ und bereue die Tat „zutiefst“. Für den Prozess sind elf Verhandlungstage vorgesehen.

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