Berlin häufigstes ZielSo viel fliegen Angestellte der Stadt Köln im Vergleich zu denen anderer Großstädte

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Flughafen Köln Bonn, Fluggäste in der Warteschlange, die bis vor das Flughafengebäude reicht, 01.07.2022, Bild: Herbert Bucco

Fluggäste vor dem Flughafen Köln/Bonn. (Symbolbild)

Noch immer fliegen städtische Mitarbeitende regelmäßig in die Hauptstadt. Ein Experte sagt dazu: „Inlandsflüge sind nicht mehr zeitgemäß.“

Angenommen, Sie müssen von Köln nach Berlin reisen. Was ist Ihr erster Schritt – öffnen Sie die Webseite der Deutschen Bahn, oder die eines Vergleichsportals für Flüge? Oder beide, und überprüfen, was günstiger ist? Auch Angestellte der Stadt Köln zieht es regelmäßig dienstlich in die Hauptstadt. Das zeigt die Auswertung der Flugreisen der Verwaltungs- und der Kölner Ratsmitglieder, die der „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorgenommen hat. Berlin ist das häufigste Ziel.

150 Mal von Köln nach Berlin in drei Jahren

Von 2019 bis 2022 hat es insgesamt 150 Flüge nach Berlin gegeben, mit deutlichem Abstand folgen als Ziele Wien und München. Die Redaktion hat die dienstlichen Flugreisen der Stadt analysiert und sie mit anderen deutschen Großstädten verglichen.

Professor Stefan Diestel, Leiter des Lehrstuhls für Arbeits- Organisations- und Wirtschaftspsychologie an der Bergischen Universität Wuppertal, sagt dazu: „Auf Inlandsflüge und selbst Flüge im nahe gelegenen Europa kann man gänzlich verzichten. In sechs bis sieben Stunden Fahrt erreicht man fast jedes Ziel mit dem Zug, im ICE kann man außerdem parallel arbeiten. Die Zeitersparnis beim Fliegen beträgt, Anfahrt zum Flughafen und Sicherheitskontrolle eingerechnet, vielleicht ein bis zwei Stunden. Die Frage nach Klimaneutralität wird immer dringender. Inlandsflüge sind dabei nicht mehr zeitgemäß.“

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Wenige Daten über Flugreisen erhoben

Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat die Daten von Städten mit ähnlicher Einwohnerzahl und Verwaltungsgröße ausgewertet, bei denen die entsprechenden Daten vorliegen – beispielsweise in Frankfurt ist dies nicht der Fall. Berlin und Hamburg sind Bundesländer mit Landtagen und somit nicht aufgeführt. Zu Grunde gelegt wurden daher Daten aus München, Stuttgart und Düsseldorf. Die Gesamtzahl der Flüge hat der „Kölner Stadt-Anzeiger“ zur besseren Vergleichbarkeit auf je 1000 Mitarbeitende der Städte umgelegt.

Trotzdem sind die unterschiedlichen Bedingungen der Kommunen nicht außer Acht zu lassen. Bayern ist ein Flächenland, Düsseldorf Landeshauptstadt. Einige Schlüsse lassen sich dennoch ziehen. Zunächst dieser: Die Kommunen erhaben nicht viele Daten über ihre dienstlichen Flugreisen. Lediglich München dokumentiert neben den zurückgelegten Flugkilometern sogar das verursachte CO₂ in Tonnen. In München wird allerdings auch deutlich häufiger geflogen, als in den anderen Städten – sowohl in absoluten Zahlen als auch in der Quote pro 1000 Mitarbeitenden.

Köln fliegt weniger als München, aber mehr als Düsseldorf

Die Kölner Stadtverwaltung fliegt im Vergleich zu München wenig, allerdings noch deutlich mehr als Düsseldorf oder Stuttgart. 2022 gab es in Köln pro 1000 Mitarbeitenden rund 22 Flüge, in Düsseldorf lediglich elf, also die Hälfte, in Stuttgart sogar nur dreieinhalb. Gemeinsam haben die Städte in weiten Teilen ihr beliebtestes Ziel. Bis 2020 gingen auch in München die meisten Flüge nach Berlin (insgesamt 373 Mal von 2018 bis 2020), ebenso bei der Düsseldorfer Verwaltung. Deren Stadtangestellte flogen im selben Zeitraum 204 Mal nach Berlin.

Grundsätzlich können laut Diestel Dienstreisen für kommunale Beschäftigte durchaus sinnvoll sein: „Die Mitarbeiter profitieren davon, andere Städte unmittelbar zu sehen. Wie fahren dort die Busse? Wie gut findet man einen Parkplatz, wie ist die Infrastruktur? Wie ist das Design der Innenstadt, die Begrünung? Für Transformationsprozesse ist es wünschenswert, wenn die Beschäftigten viel reisen“, sagt er. „Sie können aus anderen Kommunen Verbesserungsvorschläge mitbringen.“

Stadt Köln kompensiert CO₂ über „Atmosfair“

Auch für längere Gespräche mit mehreren Beteiligten seien Dienstreisen noch immer notwendig. „Insbesondere, wenn es um Vertrauen geht“, sagt Diestel. „Wenn Städte mit dem Bund oder dem Land verhandeln müssen, ist es gut, sich persönlich zu sehen.“ Über die Pandemie ist laut Diestel allerdings auch deutlich geworden, dass viele Dienstreisen verzichtbar seien. Und verzichtbar seien vor allem: Inlandsflüge.

Ein kurzer Vergleich für eine geplante Reise in fünf Wochen zum Berliner Rathaus: Der ICE am 5. Juni um 8:28 Uhr braucht 4:47 Stunden, kostet 49,90 Euro, die Wege von beiden Rathäusern zu den Bahnhöfen betragen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln je rund zehn Minuten. Der Eurowings-Flieger kostet 59,99 Euro (plus CO₂-Kompensationszahlung) ab dem Flughafen Köln/Bonn und ist 1:10 Stunden in der Luft. Vom Kölner Zentrum aus brauchen Passagiere mit dem Auto etwa 20 Minuten zum Flughafen, für die Sicherheitskontrolle und Boarding wird mit einer Stunde Puffer geplant, mit dem Auto vom Flughafen BER bis zum Roten Rathaus sind es fast 50 Minuten.

Macht rund fünf Stunden mit dem Zug gegen mindestens drei mit dem Flieger. Wie oft sich die Angestellten für den Zug und gegen das Flugzeug entscheiden, lässt sich nicht genau sagen. Eine Zahl der Zugreisen wird von der Stadt nicht erfasst, wohl aber die zurückgelegten Kilometer. 2022 waren es rund 850.000, im Vor-Pandemie-Jahr 2019 fast 1,7 Millionen Kilometer. Nach eigenen Angaben folgt die Stadt Köln bei Dienstreisen im Wesentlichen den Leitlinien des Umweltbundesamts, für die Flugreisen leistet sie seit 2019 Kompensationszahlungen an die Organisation „Atmosfair“. Für 2022 waren das 23.052,72 Euro.

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