Dürreschäden im Kölner WaldZustand der Bäume im Grüngürtel ist alarmierend

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Bruno Knopp (l.) und Joachim Himmelsbach begutachten die Schäden im Äußeren Grüngürtel.

Bruno Knopp (l.) und Joachim Himmelsbach begutachten die Schäden im Äußeren Grüngürtel.

Lindenthal/Sülz – Der Begriff „Waldfriedhof“ hat in diesem Sommer eine neue Bedeutung erlangt, jedenfalls für Diplom-Geograf und Stadtführer Bruno Knopp. „Hier sind überall Baumleichen“, sagt er während er mit Forstwirt Joachim Himmelsbach durch den Äußeren Grüngürtel stapft, um die Schäden zu begutachten, die zwei Hitzesommer dort hinterlassen haben. „Der hier, der dort und der da.“

In dem Waldstück zwischen Gleueler Wiese und Decksteiner Weiher zeigt er auf mehrere Stämme, deren Äste keine Blätter mehr tragen. Neben der Wiese hat das Laub von einigen Bäumen ein Graubraun angenommen, das sich vom goldfarbenen bis rötlichen Herbstton unschön unterscheidet. „Das ist Armageddon“, sagt Knopp.

Endzeitstimmung bei Waldexperten

Bei den Waldexperten herrscht Endzeitstimmung. Beide wohnen in Sülz und machen sich Sorgen über das, was sie im benachbarten Grün vorfinden: „Die Hainbuchen haben Stress. Sie hat es stark erwischt“, sagt Knopp.

Joachim Himmelbach ergänzt: „Letztes Jahr war es schon doof, aber jetzt ist es wirklich schlimm.“ Der Forstwirt musste so viele Fichten schlagen, wie noch nie nach einem Sommer. „Auch Birken leiden stark“, schildert er, „nicht nur im Äußeren Grüngürtel, sondern im gesamten Kölner Grünsystem.“ Das Waldbild habe sich in den vergangenen zwei Jahren in Köln völlig verändert. Die Vitalität der Bäume habe enorm abgenommen.  

Totes Gehölz im Äußeren Grüngürtel

Totes Gehölz im Äußeren Grüngürtel

Die Wälder haben Sonnenbrand. Markus Bouwmann, Leiter des Kölner Forstamtes bestätigt diese Einschätzung: „Die Hitze hat zahlreiche Trockenschäden hinterlassen, wie schüttere Belaubung, abgestorbene Bäume oder Kronenteile, schildert Bouwman.

„Deutliche Schäden sind auf circa 40 Prozent der linksrheinischen Waldfläche und circa 25 Prozent der rechtsrheinischen zu erkennen.“ Besonders betroffen von der andauernden Dürre seien Buchenalthölzer nicht nur im Äußeren Grüngürtel, sondern auch im Stadtwald und im Gremberger Wäldchen.

Trockenschäden verursachen Hohlräume

Die Trockenschäden entstehen, wenn durch die Hitze mehr Wasser über die Blätter verdunstet als der Baum von den Wurzeln durch die Kapillaren nach oben transportieren kann. Es bilden sich Hohlräume, in denen sich Luft sammelt, was wiederum den Wassertransport verhindert.

Das Austrocknen hat weitere Folgen: Die Bäume können weniger Harz bilden, um sich vor Schädlingen zu schützen. Bouwman beschreibt das Resultat: „Die Bäume sind von der Dürre so geschwächt, dass sie von Käfern und Pilzen zum Absterben gebracht wurden, teilweise sind auch nur Kronenteile betroffen. Beim Bergahorn führt die Trockenheit zu einem Schub der Rußrindenkrankheit. Die Eichen kämpfen gegen den Eichenprozessionsspinner.“

Die Fichten fielen zunehmend dem Borkenkäfer zum Opfer. Die Aktivität des gefräßigen Insekts habe dafür gesorgt, dass die – allerdings eher kleinen – Fichtenbestände in Kölner Wäldern abgestorben seien, vor allem einige in Dünnwald.

Wassermangel auszugleichen wird schwierig

Nicht nur die Hitze ist ursächlich für das Vertrocknen, sondern auch das Niederschlagsdefizit der vergangenen zwei Jahre. Laut Deutschem Wetterdienst regnete es bereits 2018 deutlich zu wenig. Das Defizit konnte durch stärkere Niederschläge im Winter nicht ausgeglichen werden.

Diesen Sommer hat sich die Trockenheit noch verstärkt. Den Mangel wieder auszugleichen wird zunehmend schwierig. Knopp hat sich genauer über die erforderliche Wassermenge informiert und erklärt es für Laien so: „Es müsste nun über Monate so regnen, dass jeder darüber verzweifelt.“ Das sei angesichts der klimatischen Entwicklung aber unwahrscheinlich.

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Totholz ist heute ein häufiger Anblick im Grüngürtel. 

Wahrscheinlicher ist, dass heiße Sommer folgen – und der Wald weiter Schaden nimmt, mit bedrohlichen Folgen: „Die Grünzüge sind das Kühlaggregat unserer städtischen Bebauung“, betont der Geograf. Nicht auszudenken, wie heiß es ohne die Naturklimaanlage in der Stadt würde.

Knopp und Himmelsbach wünschen sich eines: „Wir müssen sehr sensibel mit unserem Grünsystem umgehen – und dort geplante Bauvorhaben anhand der neuen Daten, die sich aus den letzten zwei Sommern ergeben, auf ihre Umweltverträglichkeit prüfen.“

Totholz bleibt stehen

Das Forstamt bemüht sich währenddessen um den Erhalt der Wälder: Tote Bäume, die nicht gefährlich nah an Wegen liegen, werden zum größten Teil stehen gelassen, weil das Totholz eine wichtige ökologische Funktion habe, wie Bouwman erläutert: „In seinem Schutz kann sich jüngeres Naturlaubholz besonders gut entwickeln.“

Wo es nötig sei, würden Forstamtsmitarbeiter heimische Baumarten pflanzen, die besonders trockenheitsresistent sind, wie Eiche, Linde und Vogelkirsche. Sie sollen mit den auf natürliche Weise entstandenen jungen Bäumen zu Laubmischwäldern heranwachsen. Bis sie aber so groß sind wie das, was zwei Sommer gerade hinweggerafft haben, dauert es mindestens ein halbes Jahrhundert.

Gefahren für Bäume

Die Rußrindenkrankheit wird durch die Schlauchpilzart hervorgerufen, die aus Nordamerika kommt. Der Pilz schädigt besonders den Bergahorn. Die Bäume sterben innerhalb eines oder mehrerer Jahre ab. Im Krankheitsverlauf entsteht auf dem Holz ein rußartiger Belag, auf dem sich Sporen befinden.

Sie sind für Menschen gefährlich, können bei intensivem Kontakt eine allergisch bedingte Entzündung der Lungenbläschen hervorrufen. Besonders gefährdet sind Personen, die Bäume fällen, aufarbeiten oder zu Brennholz verarbeiten.

Das Eschentriebsterben bedroht die europäischen Eschen in ihrer Existenz. Verursacht wird es durch einen ostasiatischen Pilz namens „Falsches Weißes Stengelbecherchen“. Seine Sporen werden vom Wind verbreitet und befallen die jungen Triebe und Blätter der Eschen, deren Kronen ab Mitte Juli plötzlich anfangen zu welken.

Die Rinde verfärbt sich gelblich bis rötlich, das Holzinnere wird grau-braun. Jüngere Bäume sterben schnell, ältere werden anfällig für Schädlinge und überleben den Befall auch meist nicht. (se)

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