Der Verein BfO, Bürger für Obdachlose, ist nicht nur in Bickendorf eine Institution. Jetzt wurde seine Auflösung beantragt. Mitarbeiter und Unterstützer wehren sich.
Nach 30 JahrenBickendorfer Verein „Bürger für Obdachlose“ steht vor dem Aus

Mitarbeiter, Ehrenamtler, Besucher und Politiker setzen sich für den Weiterbestand des Vereins Bürger für Obdachlose ein.
Copyright: Hans-Willi Hermans
Dass die Lage ernst ist, war den Mitarbeitern im „Basislager“ des Vereins Bürger für Obdachlose seit März klar. Damals war der sechsköpfige Vorstand zurückgetreten, ein neuer hat sich bislang noch nicht gefunden. Dann kam vor wenigen Tagen der nächste Schock: „Wir haben über eine Anfrage beim Amtsgericht erfahren, dass der alte Vorstand die Auflösung des Vereins in die Wege geleitet hat“, berichtet Nathalie Thönnissen, Leiterin des Gebrauchtwaren-Kaufhauses an der Silcherstraße in Bickendorf. „Wir fühlen uns hintergangen.“
Second Hand-Kaufhaus unterstützt Hilfsangebote in der ganzen Stadt
Vor 30 Jahren wurde „Bürger für Obdachlose“ gegründet, seit 26 Jahren verkauft der Verein im „Basislager“ Möbel, Kleidungsstücke, Bücher und andere Dinge, die aus Wohnungsauflösungen oder Spenden stammen, zu günstigen Preisen weiter. Mit dem Erlös unterstützt er Hilfsmaßnahmen für Obdachlose, etwa die Suppenküche am Appellhofplatz in Zusammenarbeit mit der Emmaus Gemeinschaft. Aber nicht nur das: Im Kaufhaus arbeiten zumeist Menschen vom „zweiten Arbeitsmarkt“, die sonst nur schwer einen Job finden würden: Suchtkranke etwa, die gerade eine Therapie hinter sich haben, Menschen mit psychischen Problemen, Menschen über 50. Häufig werden sie vom Median Therapiezentrum an der Mathias-Brüggen-Straße vermittelt, vom Praktikum über den Minijob bis zur regulären Teilzeitstelle seien die Beschäftigungsmodelle sehr unterschiedlich, so Thönnissen, aber „die Arbeit gibt den Beschäftigten die Chance auf ein geregeltes Leben und das Gefühl, gebraucht zu werden.
Vielleicht eröffnet sich sogar die Aussicht auf einen Job im ersten Arbeitsmarkt. Das ist jetzt alles in Gefahr.“ Auch sei das „Basislager“, an dessen Haupteingang Yasemin Alpaslan seit drei Jahren „Yassi’s Café Bar“ betreibt, so etwas wie ein Treffpunkt im Veedel geworden, eine Anlaufstelle, an der man Kontakte pflegt. Viele Besucher fänden hier einen Familienersatz. Vor diesem Hintergrund ist die Beantragung der Vereinsauflösung für Nathalie Thönnissen mehr als rätselhaft. Gründe seien bisher nicht genannt worden, im Zusammenhang mit dem Rücktritt des Vorstands im Frühjahr waren noch berufliche Belastungen und das Alter einiger Mitglieder angeführt worden. Beim Besuch des Mitbegründers Ralf Sauder habe sie noch den Eindruck gehabt, die Entscheidung zum Rücktritt vom Vorstandsposten sei ihm alles andere als leicht gefallen, erzählt die Leiterin. Auch deshalb kam die Nachricht von der geplanten Vereinsauflösung überraschend: „Finanzielle Gründe spielen wohl keine Rolle, wir kommen mit den Umsätzen gut zurecht“, sagt Thönnissen.

Die drei vom Außenteam: Tommy-Jürgen Jonen, Sergej Mbrudkov und Michael Jungk (v.l.) übernehmen die Transportarbeiten für das Basislager.
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Noch ist die Auflösung nicht rechtsgültig, weil der Vorstand noch keinen Liquidator ernannt hat, der den Verein abwickelt, also die laufenden Geschäfte beendet, ausstehende Forderungen eintreibt oder eventuelle Gläubiger befriedigt. Weil die Auflösung aber beantragt ist, hat der Antrag auf Bestellung eines Notvorstands, den die Mitarbeiter im August beim Amtsgericht gestellt hatten, wohl keine Aussicht auf Erfolg. Ein Notvorstand würde die Handlungsfähigkeit des Vereins erhalten, seine Bestellung wäre die Voraussetzung dafür, dass beispielsweise neue Mitarbeiter eingestellt oder der Mietvertrag verlängert werden könnten. „Aber wir kämpfen weiter“, sagt Nathalie Thönnissen entschlossen.
Über 1000 Unterschriften gesammelt und eine Online-Petition zum Erhalt gestartet
Einer Online-Petition zum Erhalt des Vereins und des „Basislagers“ haben bereits mehr als 800 Personen angeschlossen, auf einer Unterschriftenliste trugen sich vor Ort in drei Wochen rund 1000 Besucher ein. Doch die Situation wird schwieriger: „Normalerweise haben wir etwa 15 Mitarbeiter, weil wir aber niemanden einstellen können, haben wir im Moment nur noch sieben Mitarbeiter, jeder muss für zwei arbeiten“, erklärt Gürhan Tahmaz, der hier ehrenamtlich tätig ist. Yasemin Alpaslan fürchtet vor allem, dass der Vermieter nervös wird. Der Mietvertrag für das „Basislager“ läuft noch bis Juni 2026, kürzlich habe sich der Vermieter in ihrem Café offensichtlich mit Interessenten für eine Übernahme unterhalten: „Er ist immer sehr entgegenkommend, der soziale Zweck des Vereins ist ihm ein Anliegen. Aber er möchte natürlich auch Sicherheit haben.“
Immerhin ist inzwischen auch die Politik auf die Situation aufmerksam geworden: „Es ist inakzeptabel, wie der ehemalige Vorstand seine Machtposition ausgenutzt und die Belegschaft im Unklaren gelassen hat“, sagt Hakan Memis, SPD-Kandidat für den Rat der Stadt Köln bei den jüngsten Kommunalwahlen. Da drohten auch Arbeitsplätze verloren zu gehen: Memis will nun den Kontakt zu einem Rechtsanwalt herstellen, der den Verein unentgeltlich berät.