Bis zu fünfstellige BeträgeAnwohner in Köln-Bocklemünd müssen Sanierung ihrer Straße selbst bezahlen

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Ein Mann und eine Frau sitzen an einem Tisch, auf dem Papiere ausgebreitet sind.

Unzufrieden mit der Verwaltung: Michael und Andrea Herrmann haben ihre Beiträge mittlerweile gezahlt.

Anwohner des Lerchenwegs in Bocklemünd müssen die Sanierung ihrer Straße selbst bezahlen. Jetzt hoffen sie auf eine Härtefallregelung.

Überrascht waren die Anwohner des Lerchenwegs in Bocklemünd schon, als die Stadt im Frühjahr 2020 mit schwerem Gerät anrückte. Fahrbahn und Gehwege sollten instandgesetzt werden, bis in den Oktober dauerten die Arbeiten. „Niemand hatte uns vorher Bescheid gesagt, auf Nachfrage hieß es nur, wir hätten das ja im Amtsblatt nachlesen können“, ärgert sich Anwohner Michael Herrmann. Aber okay, der Gehweg war zwar noch ganz in Ordnung, doch da waren ja tatsächlich einige Schlaglöcher in der Straße – konnte man machen.

Lästig ist das halt und verursacht Dreck, aber sonst? Früher waren die Kosten für solche Maßnahmen auf die Haus- und Grundstückseigentümer umgelegt worden. Doch zum 1. Januar 2022 war schließlich die so genannte „Förderrichtlinie Straßenausbaubeiträge“ in Kraft getreten, wonach das Land die beitragspflichtigen Kosten künftig zumindest zur Hälfte übernehmen würde. Es konnte also nicht ganz so schlimm kommen. Doch dann traf Ende September 2023 die „Ankündigung einer Beitragserhebung“ ein, Anfang November der endgültige Bescheid für das Ehepaar Herrmann: 3169,82 Euro. Leider müsse man den vollen Beitrag erheben, teilte das Bauverwaltungsamt mit.

Anwohner in Köln-Bocklemünd müssen fünfstellige Beträge zahlen

Unter den Bewohnern des Lerchenwegs, die fast ausnahmslos auch die Grundstückseigentümer sind, machte sich Fassungslosigkeit breit, es wurde recherchiert, man traf sich zu einer Informationsveranstaltung mit Vertretern des Bürgervereins, doch es half alles nichts: Die neue Förderrichtlinie von 2020 betrifft nur Baumaßnahmen, die nach dem Stichtag 1. Januar 2018 beschlossen wurden. Die Ehrenfelder Bezirksvertretung hatte aber auf ihrer September-Sitzung 2017 über die Sanierung des Lerchenwegs entschieden, dreieinhalb Monate zu früh also. Dumm gelaufen.

„Die Beitragsforderungen der Stadt sind rechtmäßig, kein Zweifel, aber bürgerfreundlich ist das nicht. Wir wurden vorher nicht nach unserer Meinung zu der Maßnahme gefragt, und nun sollen wir auch noch den vollen Betrag zahlen“, schimpft Andrea Herrmann. Hinzu komme finanzieller Druck: Im Bescheid stand, dass der Betrag innerhalb von vier Wochen zu zahlen sei, andernfalls würden Zinsen erhoben. „Eine 83-jährige Hausbesitzerin, die ein großes Grundstück hat und deshalb einen fünfstelligen Betrag zahlen muss, war völlig verzweifelt, weil sie nicht wusste, woher sie das Geld so schnell nehmen sollte. In dem Alter kriegt man so leicht keinen Kredit“, erzählt Andrea Herrmann. Mittlerweile hätten aber wohl die meisten Anwohner die geforderten Beiträge gezahlt, teils per Ratenzahlung, einige unter Vorbehalt.

Von Seiten der Verwaltung hätte man sich dennoch mehr Engagement gewünscht. Denn die Recherchen ergaben, dass das Land jährlich 65 Millionen Euro in ein Förderprogramm für Straßenbaumaßnahmen einzahlt, um Grundstückseigentümer zu entlasten. „Nach unseren Informationen ist bisher nur ein kleiner Teil dieses Topfes von den Kommunen abgerufen worden, das hätte die Stadt beispielsweise für den Lerchenweg machen können“, meint Michael Herrmann. Zumal die Oppositionsparteien im nordrhein-westfälischen Landtag demnächst eine Härtefall-Regelung beantragen werden, wonach auch Grundstückseigentümer entlastet werden sollen, die aufgrund der Stichtags-Regelung nicht in den Genuss der Förderung kommen. Dieser Hoffnungsschimmer bleibt den Bewohnern des Lerchenwegs immerhin noch.

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