Die Zukunft des Ehrenamts sichern

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Peter Krücker (r. im linken Bild) will mit dem Projektteam untersuchen, wie ehrenamtliche Betreuung (Bild rechts) verbessert werden kann.

Peter Krücker (r. im linken Bild) will mit dem Projektteam untersuchen, wie ehrenamtliche Betreuung (Bild rechts) verbessert werden kann.

Köln-Ehrenfeld – Alter und Einsamkeit gehören nicht zwangsläufig zusammen. Aus unterschiedlichen Gründen ist es aber keine Seltenheit, dass ältere Menschen die Kontakte zu ihrer Umgebung verlieren und so allmählich vereinsamen. Nachbarschaft, das Leben im Viertel oder die Angebote der Großstadt bleiben ihnen verwehrt, wenn niemand sich mehr kümmert.

„Ehrenamtliche Begleitung kann einer Vereinsamung entgegenwirken. Durch gemeinsame Spaziergänge, Einkäufe oder regelmäßige Besuche“, sagt Hermann-Josef Roggendorf, Leiter der Abteilung Netzwerke und Senioren im Caritasverband für die Stadt Köln. Auf diesem Gebiet engagiert sich der Verband schon seit mehr als 20 Jahren mit der Nachbarschaftshilfe Kölsch Hätz. So blieb es nicht verborgen, dass sich das Ehrenamt im Laufe der letzten Jahre sehr verändert hat.

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Das Projektteam

Zu spüren ist das beispielsweise an einem Rückgang der aktiv ehrenamtlich Tätigen, die bereit sind, sich regelmäßig und dauerhaft einzusetzen. Bei Kölsch Hätz sind noch 600 Ehrenamtler tätig. Pro Jahr wechseln etwa 280 Männer und Frauen. Die Bereitschaft, sich wie früher noch über einen sehr langen Zeitraum zu betätigen, sei geringer. „Oft fragen Interessenten danach, ob sie nur an einem Tag für ein paar Stunden ehrenamtlich tätig sein könnten“, berichtet Caritas-Ehrenamtskoordinatorin Anna Waldhausen. Und nicht selten sei es, dass sich diese Menschen nach einem Jahr ein anderes Betätigungsfeld suchten.

Ursachenforschung und Lösungen

Die Kölner Caritas will nun Ursachenforschung betreiben und Lösungen entwickeln. Zusammen mit der Hochschule Düsseldorf wurde jetzt das Projekt „Ehrenamt der Zukunft – Partizipation und Teilhabe Älterer“ in der Caritas-Zentrale in Ehrenfeld vorgestellt. Vier Stadtbezirke – Innenstadt, Lindenthal, Kalk und Porz – wurden als Projektgebiete ausgewählt. Hier sollen Senioren und Seniorinnen sowie Ehrenamtliche nach ihren Ideen und Bedürfnissen befragt werden. Im Lauf des dreijährigen Projekts, das zu einem großen Teil von der Stiftung Wohlfahrtspflege gefördert wird, sollen Ideen bereits praktisch umgesetzt werden.

„Wir haben die Stadtbezirke bewusst ausgewählt, um die gesamte soziale Bandbreite der Stadt zu erfassen“, erklärt Caritas-Vorstand Peter Krücker. Ziel des Projekts sei es, ein flexibles, verlässliches und wirkungsvolles Modell-Konzept für das Ehrenamt zu entwickeln. Es soll anschließend in der gesamten Stadt angewandt werden, aber auch übertragbar sein auf andere Kommunen. Dazu werden zuerst ehrenamtlich Engagierte, ältere Menschen und deren Angehörige sowie Ehrenamtskoordinatoren befragt.

Professorin Anne van Rießen von der Hochschule präzisiert: „Es werden keine Fragebögen verteilt, sondern Interviews geführt. Diese werden transkribiert und ausgewertet.“ Zwei Mitarbeiterinnen der Hochschule, Annika Wiegand und Katja Jepkens, sind im Projektteam. Vonseiten der Caritas sind Julius Lang, Anna Waldhausen und Sabrina Exler beteiligt.

Anne van Rießen nennt als eine Möglichkeit für Reformen beim ehrenamtlichen Engagement. Die Erfahrungen aus der Flüchtlingsarbeit. Hier hätten sich Menschen, die das vorher nicht getan hatten, in großer Zahl engagiert. Dabei seien auch Formen entstanden, die vielleicht übertragbar seien. „Es müssen sich Strukturen und Prozesse wandeln, um älteren Menschen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen“, betont sie. Dies sei ja das Ziel. Insofern werde gefragt, was die älteren Menschen brauchen, aber auch welche Erwartungen diejenigen haben, die für das Engagement gewonnen werden sollen. Man wisse beispielsweise, dass ehrenamtliches Engagement nicht mehr aus reiner Nächstenliebe betrieben werde. Die Menschen wollen und sollen dabei auch für sich selbst Bereicherndes erleben und erfahren. Wertschätzung und Anerkennung gehörten allerdings auch dazu.

Das Projekt wird außerdem von einem Beirat begleitet, in dem Vertreter des Diözesan-Caritasverbandes, des Sozialdienstes Katholischer Frauen (SKF), der Kommunalstelle zur Förderung und Anerkennung des Bürgerschaftlichen Engagements der Stadt Köln, der Seniorenvertretung sowie der Hochschule Niederrhein ihr Wissen einbringen.

Die Projektbegleitung durch den Beirat und die Hochschule diene auch dazu, die praktische Umsetzung zu steuern und gegebenenfalls auch zu korrigieren. „Dies soll während des dreijährigen Projekts geschehen und nicht erst in Form einer Evaluation am Ende des Zeitraumes“, erklärt Anne van Rießen. Bis Mitte des Jahres 2022 das Modellkonzept präsentiert wird, sei bereits ein klarer Ablaufplan zu erfüllen. Um Menschen zu finden, die befragt werden wollen, nutzt der Caritasverband vorhandene Strukturen in den Stadtbezirken, wie etwa die Initiative Kölsch Hätz. Interessen können sich mit der Projektleitung im Caritasverband unter der Rufnummer 56 95 78 27 (Julius Lang) in Verbindung setzen.

Caritas-Vorstand Peter Krücker ist von der Notwendigkeit des Projekts zur Reform des Ehrenamts überzeugt. „Dass wir da richtig liegen, zeigt auch die großartige finanzielle Unterstützung durch die Stiftung Wohlfahrtspflege.“ Diese steuert für das auf drei Jahre angelegte Projekt 647 000 des auf 700 000 Euro angesetzten Etats bei. „Dafür gebührt der Stiftung nochmals herzlichen Dank“, sagte Krücker.

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