„Gesamteindruck soll ordentlich sein“Hausverwalter fordert Kölner Mieter auf, Israel-Flagge zu entfernen

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Lynn Busch und Hannes Kleinknecht stehen am geöffneten Fenster ihrer Wohnung in Ehrenfeld. Am Fenster rechts ist eine israelische Flagge zu sehen.

Lynn Busch und Hannes Kleinknecht wurden von ihrer Hausverwaltung aufgefordert, eine israelische Flagge abzuhängen.

Die Begründung des Hausverwalters lässt das Paar aus Köln-Ehrenfeld irritiert zurück. 

Wenige Tage, nachdem Lynn Busch und Hannes Kleinknecht eine Israel-Flagge zwischen zwei ihrer Fenster gehängt hatten, bekamen sie Post von der Hausverwaltung: Die Flagge würde das Erscheinungsbild des Hauses verändern, daher sei das nicht gestattet. Man wolle zudem verhindern, dass die Fassade des Hauses „durch Vandalismus beschädigt oder beschmiert“ werde, „wenn vielleicht jemand anderer Meinung ist“. Die Intention sei nachvollziehbar, schrieb die Hausverwaltung, „wir möchten Sie aber trotzdem bitten, die Flagge kurzfristig zu entfernen“.

Lynn Busch und Hannes Kleinknecht haben Freunde in Israel und israelische Freunde in Köln. Nach dem 7. Oktober hätten so viele Menschen geschwiegen und sich nicht positionieren wollen. „Angesichts des brutalen Überfalls auf Israel und der antisemitischen Stimmen und Übergriffe in Deutschland und dem Rest der Welt ein für uns untragbarer und schockierender Zustand“, sagt Lynn Busch.

Mit der Flagge im Fenster wollen sie nach dem Pogrom der Terrororganisation Hamas mit mindestens 1400 ermordeten und mehr als 200 entführten Israelis Solidarität zeigen – auch vor dem Hintergrund, dass einige ihrer Freunde „sich seit den Angriffen nicht mehr trauen, sich als jüdisch zu erkennen zu geben“.

Eine jüdische Religionslehrerin aus Köln hat jüngst gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ erzählt, dass sie aus Sorge momentan nicht mit ihrem Namen öffentlich genannt werden möchte. Eine Autorin hat ihre hebräischen Texte von ihrer Homepage entfernt – da die Texte den Rückschluss zulassen würden, dass sie Jüdin sei. Jüdische Eltern sagen ihren Kindern, was sie in Schule, Bus und Bahn sagen können – und was besser nicht.

Wenn wir uns jetzt schon Gedanken darum müssen, aus Solidarität eine Israel-Flagge zu zeigen, dann ist es in Deutschland wieder so weit
Lynn Busch

„Wenn Jüdinnen und Juden in Deutschland sich nicht mehr trauen können, frei zu sprechen und sich ohne Angst vor Übergriffen zu bekennen, ist es auch meine Verantwortung, etwas dagegen zu tun“, findet Lynn Busch. Die Mail der Hausverwaltung habe sie auch deswegen irritiert, weil die Bitte, die Flagge zu entfernen, mit Sorge vor Vandalismus begründet worden sei. „Ehrlicher wäre es da gewesen, es mit Angst vor Antisemitismus zu begründen“, sagt sie. „Wenn wir uns aber jetzt schon Gedanken darum müssen, aus Solidarität eine Israel-Flagge zu zeigen, dann ist es in Deutschland wieder so weit.“

Israel-Flagge an einer Hausfassade zwischen zwei Fenstern

Die Mieter hatten die Israel-Flagge zwischen zwei Fenster gehängt.

Die Flagge von ihrer Hausfassade in Köln-Ehrenfeld abzuhängen, hätte für Lynn Busch und ihren Partner ein „komplett falsches Signal“ bedeutet. Um dem Hausverwalter entgegenzukommen, entschieden sie, die Flagge statt außen ans Fenster von innen aufzuhängen. Und schrieben eine Mail, in der sie ihre Irritation äußerten – über die Bitte, die Flagge abzuhängen wie über den Verweis auf möglichen Vandalismus. Eine Antwort erhielten sie vorläufig nicht.

Beim „Kölner Stadt-Anzeiger“ meldete sich eine Vertreterin der Hausverwaltung telefonisch zurück. „Der Eigentümer hat uns gebeten, auf die Mieter zuzugehen“, sagt sie. „Er möchte, dass der Gesamteindruck der Fassade einheitlich und ordentlich ist.“ Die Israel-Flagge im Fenster sei „natürlich völlig in Ordnung“. 

Kölner Mieterverein: Israel-Flagge „kein Unterschied zu einer Flagge der Ukraine“

Solidaritätsbekundungen – zum Beispiel auch Flaggen mit der Friedenstaube oder dem Slogan „Stop War“ – dürften in aller Regel von Mietern auch an Hausfassaden aufgehängt werden, sagt Hans-Jörg Depel vom Kölner Mieterverein. „Ist die Fahne nicht zu groß, dass Nachbarn in der Sicht beschränkt werden, ist sie außerdem nicht mit Nägeln oder ähnlichem derart befestigt, dass dies die Fassade beschädigt, dürfte es im beschriebenen Fall zulässig sein.“ Auch hinsichtlich der damit verbundenen Solidaritätsaussage sehe er „keinen Unterschied zu einer Flagge der Ukraine“. Gelb-blaue Ukraine-Flaggen waren nach dem russischen Überfall in beinahe jeder Straße zu sehen. Fälle, dass Vermieter darum baten, blau-gelbe Flaggen der Ukraine abzuhängen, sind dem Mieterverein nicht bekannt. 

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