Verdrängte NS-VergangenheitBunkerausstellung in Ehrenfeld gegen das Schweigen

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Die Werke von Claudia Konold veranschaulichen den Prozess des Verschweigens.

Köln-Ehrenfeld – Wenn rechtspopulistische Haltungen wieder salonfähig werden, ist für Claudia Konold eine der Erklärungen dafür: das Schweigen. Was wo in früheren Tagen verübt wurde – konkret die Zeit des Holocausts – sei verdrängt oder durch ein eigenes harmloses Narrativ ersetzt worden.

Ausgehend von der eigenen Familiengeschichte beschäftigt sich die Künstlerin Claudia Konold mit der Konstruktion solcher Erzählmuster und stellt mit ihrer Ausstellung die Frage, ob die Aufarbeitung des Nationalsozialismus in den Familien tatsächlich stattgefunden hat und inwiefern langanhaltende Verdrängungsmechanismen nach wie vor wirksam sind und die heutige Lebensrealität prägen.

Denkanstöße im Bunker

Unter dem Titel „Topografie der wOrte“ - mit absichtlich groß geschriebenem O – zeigt sie jetzt im Bunker Körnerstraße 101 Objekte, die Denkanstöße geben sollen.

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Eine der Installationen von Claudia Konold im Bunker an der Körnerstraße.

„Mir ist schon bewusst, dass in den meisten Familien die Generation, die die Judenverfolgung miterlebt hat, nicht mehr befragt werden kann“, sagt sie. Bis heute seien aber der Widerstand und das Desinteresse, sich mit dem eigenen Bezug zur Familiengeschichte auseinanderzusetzen, enorm und das Schweigen groß. Bis heute würden fragwürdige Narrative in den Familien weitergegeben.

Ausstellung explizit für Kölner Bunker

Zur Veranschaulichung hat Claudia Konold Objekte in den Bunker gestellt. In den düsteren Betonräumen entfalten die weißen Quader eine eigene Wirkung, indem sie das Schweigen, das Verhüllen, die Erstarrung förmlich greifbar machen. Die Ausstellung wurde explizit für den Bunker in Ehrenfeld konzipiert. Der ehemalige 1940 erbaute Luftschutzbunker diente nach dem Zweiten Weltkrieg als Wohnraum für ausgebombte Familien.

Bei der stummen Anordnung der Objekte bleibt es nicht. Claudia Konold, die in Berchtesgaden eine klassische Ausbildung zur Holzbildhauerin abgeschlossen, in Dresden Bildhauerei studiert und an der Kunsthochschule für Medien in Köln 2010 ihr Diplom erhalten hat, fügt ihrer Ausstellung Worte hinzu. In regelmäßigen Abständen werden Sätze aus ihrem Buchprojekt über Lautsprecher in die Räume übertragen. Die Sätze klingen nach Poesie, sorgen aber – weil unerwartet – für Aufschrecken bei den Besuchern.

Erforschung von Familiengeschichten

Das Buchprojekt setzt die Familiengeschichte zusammen und reflektiert dabei gleichzeitig den Schreibprozess einer autobiografischen Konstruktion, in der versucht wird, die Lücken und Leerstellen assoziativ ins Narrativ zu integrieren.

Im Rahmen der Ausstellung findet auch ein Workshop statt, der sich mit der Erforschung von Familiengeschichte während des Nationalsozialismus beschäftigt. Die Workshopleiterin Maria Gleu hat im Rahmen ihrer Masterarbeit in Critical Studies an der Akademie der Bildenden Künste in Wien die Geschichte ihrer Familie während des Nationalsozialismus rekonstruiert. Heute bietet sie freiberuflich Workshops dazu an, wie man mit Angehörigen über die NS-Vergangenheit sprechen kann und welche Archive für Auskünfte angefragt werden können.

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Die Ausstellung im Bunker K101 in der Körnerstraße 101 ist bis zum 4. November zu sehen. Öffnungszeiten sind freitags uns samstags von 17 bis 21 Uhr sowie sonn- und feiertags von 16 bis 19 Uhr.

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