Die Förderschule Kolkrabenweg kämpft mit überfüllten Klassen und untragbaren Bedingungen. Die Schulpflegschaft fordert dringend Lösungen.
„Interimslösungen nicht vertretbar“Förderschule Kolkrabenweg richtet Hilferuf an Politik

Die Förderschule am Kolkrabenweg ist für ihren Betrieb derzeit auf zwei Außenstandorte in Lövenich und Nippes angewiesen.
Copyright: Michael Bause
Es ist ein langer Brief, er ist unter anderem an Oberbürgermeisterin Henriette Reker adressiert, an die Bezirksregierung Köln, an das Schulministerium von Nordrhein-Westfalen, auch an das Amt für Schulentwicklung. Er liest sich in einigen Passagen wie ein Hilferuf: „Nehmen Sie bitte unsere Not ernst, setzen Sie sich umgehend mit der Situation unserer Schule auseinander. Die gesamte Schulgemeinschaft braucht Ihr entschlossenes Handeln, um unsere schulische Situation unverzüglich und dauerhaft zu verbessern“, schreibt die Schulpflegschaft der Förderschule für Geistige Entwicklung Kolkrabenweg an die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung.
Denn Kinder mit Behinderung und ihre Eltern seien „permanent einer außergewöhnlichen Belastung ausgesetzt“, hätten aber keine Lobby. Das zeigt sich für die Schulpflegschaftsvorsitzende Cristina Tettamanzi, die den Brief im Auftrag des Gremiums verfasst hat, sehr deutlich an ihrer Schule. So seien die Anmeldezahlen in den vergangenen Jahren stetig angestiegen, ohne dass das Raumangebot vorausschauend erweitert worden wäre. Das Gebäude sei für 130 Schüler konzipiert, 13 Klassenräume sowie zusätzliche Fach- und Differenzierungsräume stünden dafür zur Verfügung. Im Schuljahr 2024/25 aber wurde die Anzahl von 200 Schülern erreicht, sie waren in 16 Klassenräumen untergebracht, Fachräume verschwanden.
Weite Wege und fehlende Barrierefreiheit belasten Schüler
Eine direkte Konsequenz der gestiegenen Schülerzahl war im Herbst die Auslagerung von vier Klassen der Mittelstufe in den Neubau des Gymnasiums Zusestraße in Lövenich, das sich noch im Aufbau befindet. Abgesehen davon, dass das Gebäude nicht für Schüler mit Behinderungen ausgelegt ist, ist Lövenich weit entfernt. Einige Schüler müssten derzeit „unzumutbare Fahrzeiten“ auf sich nehmen, „bis zu vier Stunden für beide Fahrten täglich“, schreibt Tettamanzi. Es handelt sich um Schüler, wohlgemerkt, die zum Teil unter komplexen Mehrfachbehinderungen – und damit erheblichen körperlichen Einschränkungen – leiden und auf Betreuung angewiesen sind.
Doch nicht einmal der Teilstandort Zusestraße ist mittelfristig sicher: Ab dem Ende des Schuljahres 2027/2028 braucht das Gymnasium die Räume selbst. Bis vor kurzem hieß es, die Förderschule solle dann das benachbarte Schulgebäude am Kolkrabenweg übernehmen, in dem seit 2017 die Kinder der baufälligen Gemeinschaftsgrundschule Görlinger Zentrum unterrichtet werden. 2027 sollte der Neubau in Mengenich fertig sein, dann hätten Schüler und Lehrer zurückkehren können und am Kolkrabenweg wäre mehr Platz. Aber daraus wird nichts. Zuletzt teilte die Verwaltung mit, dass der Schulneubau im Görlinger Zentrum erst 2029 abgeschlossen sein werde. „Es gibt aktuell keine Lösung für die Rückkehr der Mittelstufe an den Kolkrabenweg zum Beginn des Schuljahres 2028/2029“, konstatiert Tettamanzi.
Unterrichtsausfälle und Unsicherheit durch Schadstoffbelastung
Erschwert wird die angespannte Situation an der Förderschule momentan zusätzlich durch die Schadstoffbelastung des Gebäudes. Seit September 2024 kann nur ein Teil der Räume genutzt werden, für die Zeit der Sanierung wurde an der Escher Straße ein zweiter Außenstandort für die Oberstufen- und die Berufspraxisschüler der Förderschule eingerichtet. Für die Kinder und die häufig berufstätigen Eltern brachte das Unterrichtsausfall und -verkürzungen, Verunsicherung, und Betreuungsengpässe mit sich. An der Förderschule geht man davon aus, dass das Schulgebäude erst um Ostern 2026 fertig saniert ist.
Aber das eigentliche Problem sei, dass die Zahl der Schulplätze auch dann nicht ausreichen würde, wenn alle Gebäude komplett genutzt werden können, meint Tettamanzi. Auch für das kommende Schuljahr seien schon wieder mehr Kinder an den vier Kölner Förderschulen für geistige Entwicklung angemeldet worden als diese aufnehmen können, etwa 70 Plätze fehlten. Am Kolkrabenweg löst das große Besorgnis aus, die Schulpflegschaft unterstreicht vorsorglich: „Weitere Interimslösungen sind für die Schülerinnen und Schüler, ihre Eltern, das Kollegium und die Schulleitung nicht vertretbar!!“
Erforderlich sei ein „stabiler und zuverlässiger Schulbetrieb“ und für Kinder mit Behinderung ein wohnortnaher Schulplatz, denn deren Beförderung sei ein organisatorisches Hauptproblem. „Es müssen kreative Lösungen gefunden werden“, sagt Tettamanzi. „Zwar sollen zwei neue Förderschulen gebaut werden, aber die stehen frühestens in 10, 15 Jahren.“ Der Brief der Schulpflegschaft endet mit einem Appell: „Wir brauchen eine Kommunalpolitik, die sich für die Schulbedingungen der Kinder und Jugendlichen mit Behinderung stark macht.“ In dem Brief wird OB Reker auch zu einem Termin vor Ort „mit anschließendem persönlichem Austausch“ eingeladen. Nun wartet man in Vogelsang auf eine Antwort.
Bei der Verwaltung sieht man die Problematik der fehlenden Schulplätze ebenfalls, bleibt aber optimistisch: „Die Stadt Köln stellt sicher, dass ausreichend Schulplätze an Förderschulen für Geistige Entwicklung vorhanden sind“, teilt eine Sprecherin der Stadt auf Nachfrage mit. „Parallel prüft die Verwaltung aktuell einen zusätzlichen Standort zur Neugründung einer Förderschule, die in Zukunft die Situation im Bereich Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung verbessern soll.“ Das Gebäude der Förderschule am Kolkrabenweg werde „voraussichtlich erst zum Ende des Jahres 2025 wieder für eine vollständige Nutzung zur Verfügung stehen.“