Ein magischer Ort besonders für Kinder

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Chorweiler –  „Wer bist du? Liest du mir etwas vor? Spielst du mit mir?“ Die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Minibib Chorweiler sind schwer gefragt. Rund 20 Kinder sind an jedem Öffnungstag gekommen, die meisten bleiben den ganzen Nachmittag, bringen ihre jüngeren Geschwister mit, und das Beste: Sie kommen wieder!

Der Zugang zur nun schon zweiten Minibib in Köln ist vor allem eines: niedrigschwellig! Ihre Besucher müssen weder einen Bibliotheksausweis besitzen noch Gebühren bezahlen. Die Minibib wird aus Schenkungsbeständen der Stadtbibliothek bestückt und vom Lektorat der Bibliothek zusammengestellt. „Die Minibib ersetzt keine Bibliothek, sie ist eine Ergänzung“, sagt die Direktorin der Stadtbibliothek, Hannelore Vogt, und betont, dass durch das Konzept neue Zielgruppen für die Bibliothek erschlossen würden. „Die Nähe zur Stadtteilbibliothek Chorweiler gibt dem Projekt den zusätzlichen professionellen Schwung“, sagt Anton Bausinger, Vorsitzender des Fördervereins Stadtbibliothek, der mit seinen Mitstreitern Hajo Mohr und Judith Petzold die Idee der Minibibs vorantreibt.

Der neue Treffpunkt Minibib, den die Stadtbibliothek Köln mit ihrem Förderverein im Sommer auf dem Spielplatz Osloer Straße eröffnet hat, ist ein kleines architektonisches Juwel inmitten von Straßenschluchten und Hochhäusern. Die Holzfassade hat skandinavisches Flair, die großzügig verglasten Seitenwände sorgen für eine einladende Atmosphäre und Transparenz. Schon von draußen ist so zu erkennen, dass im Inneren viel erlebt werden kann – mit Büchern, Spielen, Experimentierkästen und einem kleinen, feinen Mitmach-Angebot.

Ozan Kacar bei seiner Arbeit in der Minibib Chorweiler.

Ozan Kacar bei seiner Arbeit in der Minibib Chorweiler.

Die gläserne Offenheit wurde in den vergangenen Monaten auch zum Signal für Eltern, die schnell begannen, ihre Kinder für ein paar Stunden abzugeben“, mit dem sicheren Gefühl, sie in guten Händen zu wissen – nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit in Chorweiler.

Merve Habipoglu und Ozan Kacar, beide Anfang 20, unterstützen das Team am Wochenende – auch mit Insiderwissen. Beide sind in Chorweiler aufgewachsen und kennen die Bedürfnisse ihrer Besucher. „Für mich waren Bücher in der Schule Zwang und deshalb zwinge ich Kinder nicht zu lesen“, sagt Kacar, der nach dem Abitur nun bei Bayer eine Ausbildung als Chemikant absolviert. Wichtig sei die Einsicht: Lesen macht das Leben einfacher und kann durchaus Spaß machen.

Geöffnet ist die Minibib in Chorweiler am Montag, Freitag, Samstag und Sonntag, jeweils am Nachmittag – also ergänzend zu den Öffnungszeiten der nahe liegenden Stadtteilbibliothek. Auch die Ausleihe und Rückgabe funktioniert in beiden Minibibs anders, nämlich auf Vertrauensbasis – nur rund 20 Prozent der ausgeliehenen Bücher und Medien kommen nicht zurück. Vom Konzept her ist die Minibib keineswegs nur für Kinder gedacht. Dennoch ist es in Chorweiler besonders diese Zielgruppe, die sich von dem schönen Ort magisch angezogen fühlt und schnell Vertrauen zu den Ehrenamtlichen aufbaut. „Viele der Kinder äußern aber auch die Sorge, dass die Minibib beschädigt wird“, sagt Fabiola Gies. Die verantwortliche Bibliotheksmitarbeiterin hat ihren Hauptarbeitsplatz in der nahe gelegenen Stadtteilbibliothek und steuert das Team der rund zwölf Ehrenamtlichen.

Ninon Tagakam

Ninon Tagakam

Gies bringt viel Erfahrung in der Jugendarbeit mit. Es gehöre in Chorweiler als fester Bestandteil zur kindlichen Erfahrungswelt, dass die schönen Dinge im Viertel schnell „kaputt gemacht werden“. Deshalb müssten die Ehrenamtlichen die Kinder auch beruhigen, dass die Minibib für sie ein wirklich sicherer und verlässlicher Ort sei. „Die Minibib ist ein großes Geschenk für die Kinder aus Chorweiler“, findet auch Ninon Tagakam, Physikerin, Mutter von drei Kindern und Betreuerin in der Minibib, die mit ihrer ehrenamtlichen Arbeit dem Stadtteil etwas zurückgeben will.

Begonnen hatte die innovative Bücherbüdchen-Initiative im Jahr 2009 im Stadtgarten in der Innenstadt, in dem sich die erste Minibib ästhetisch gut in den Park mit seinem alten Baumbestand einpasste. Der Entwurf war aus einem Wettbewerb der Uni Siegen unter Leitung der Professorin Sybille Wirtz hervorgegangen. Doch der Förderverein blieb bei seinem ursprünglichen Vorhaben, das mobile Konzept in einem Viertel zu platzieren, das Bildungsimpulse dringender nötig hat. Als nach neun Jahren die Sanierung anstand, wurde auch der Umzug beschlossen. „Die Minibib“, sagt Bausinger, „gehört in einen sozialen Brennpunkt.“

Fabiola Gies,

Minibib Chorweiler

FREIWILLIGE GESUCHT

Der Förderverein und die Stadtbibliothek Köln suchen ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Minibib Chorweiler. Gesucht werden Männer und Frauen, gerne mehrsprachig, die sich an einem festen Tag in der Woche für drei Stunden engagieren möchten und Freude am Umgang mit einem interkulturellen Publikum, vor allem mit Kindern und Jugendlichen, haben. Zu den Aufgaben gehören sowohl die Aufsicht in der Minibib, als auch die Durchführung und Begleitung von Veranstaltungen. Wer sich für eine Mitarbeit in der Minibib Chorweiler interessiert, kann sich per E-Mail an Fabiola Gies wenden. Gerne kann er oder sie sich auch persönlich in der Stadtteilbibliothek Chorweiler unter Telefon 0221/22 19 64 01 melden.

gies@stbib-koeln.de

Besonders Kinder nutzen die kleine Bücherei.

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