Entstanden aus Fuerteventuras Vulkansand

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Innenstadt –  Die Bewunderung für die Schönheit der Erde auf die Leinwand zu übertragen, ist ein Anliegen von Petra Kremer-Horster, die ihre Malerei derzeit in der Werkstattgalerie Uekermann präsentiert. Das sind Bilder mit welligen, schrundigen, rissigen Oberflächen, die mit Farben ein Gefühl für die Erde und ihre Landschaften vermitteln sollen. Das sicherste Mittel dazu ist, Erde selbst als Malmaterial einzusetzen. Und genau das macht die in Köln lebende Künstlerin, die auf Reisen an die unterschiedlichsten Orte der Welt, Erde eingesammelt und mit nach Köln gebracht hat.

Rote Erde, gelbe Erde, braune Erde, schwarzen und grauen Sand. Zusammen mit Elementen von Rost , Wurzelholzresten und anderen Pflanzenpartikeln schafft Kremer-Horster Bilder, die sowohl Erinnerungen an erlebte Erdformationen beleben als auch fantasierte Landschaften hervorbringen. Anders gesagt, sie sind geerdet und führen zugleich über die reale Welt ins Träumerische hinaus. Worum geht es also? Um die materielle und die immaterielle Dimension von Farbe und um den Zauber einer namenlosen Landschaft, die offenbar ebenso außerhalb von uns wirksam ist wie in unserem Innern selbst. Um eine Poesie geht es, die allem innewohnt, das wir als naturhaft erleben und die genau dann verschwindet, wenn wir die Bindung zur Erde verlieren. Kremer-Horster gibt ihren Bildern zwar keine Titel, aber sie nennt jeweils die Art der zum Malen benutzten Erde und manchmal auch, woher sie stammt. Zum Beispiel Vulkansand von der Insel Fuerteventura, Wüstensand aus Tunesien, Urwalderde aus Brasilien, Erde aus Tansania, Sand aus Australien und Costa Rica. Tatsächlich verblüfft die große Unterschiedlichkeit der Bildlandschaften, die die Künstlerin meist in der Verbindung einer strukturellen Komposition und ihrer intuitiven Ausgestaltung in ihrem Atelier entstehen lässt. Einmal ist eine wellige Streifenstruktur bestimmend, ein anderes Mal ein quadratisches Raster. Mal wächst rostige Eisenwolle wie eine haarige Angelegenheit über die Oberfläche, 'mal schaffen dichte rote Horizontzonen eine faszinierende Tiefenwirkung.

Vielfache Überlagerungen sorgen ebenso für das Gefühl eines Geheimnisses wie die feinen Lücken dazwischen. Unweigerlich entsteht über die sinnliche Kraft der Bilder von Petra Kremer-Horster die Empfindung einer körperlichen Nähe zu den Farben und Strukturen der Erde. Ohne je dort gewesen zu sein, glaubt man die Savannen Afrikas, die Steppen Australiens oder Asiens mit den Augen berühren zu können.

Petra Kremer-Horster fertigt kleine, archaisch anmutende Skulpturen aus Draht. Sie malt viele Bilder mit Erde, die sie in unterschiedlichen Ländern der Welt gesammelt hat.

Petra Kremer-Horster fertigt kleine, archaisch anmutende Skulpturen aus Draht. Sie malt viele Bilder mit Erde, die sie in unterschiedlichen Ländern der Welt gesammelt hat.

Und ohne in die Urzeiten archaischer Kulturen zurückkehren zu können, meint man, etwas von der Beständigkeit der Erde für die Völker spüren zu können, die wir Naturvölker nennen. Völker, die in engster Verbundenheit mit der Erde lebten und sogar immer noch leben, wo ihre Lebensräume geschützt werden. In einer Reihe von Holzobjekten und fragilen Drahtskulpturen, die wunderbare Schatten werfen, schlägt Petra Kremer-Horster eine Brücke zu diesen archaischen Kulturen und ihrem innigen Erdverständnis.

Wer die Werke der Kölner Künstlerin besser verstehen will, kommt mit kunsthistorischen Vergleichen und Theorien zur abstrakten Malerei seit der klassischen Moderne nicht wirklich weiter. Bei weitem hilfreicher könnte sein, nach dem Besuch der Ausstellung ein Buch mit Erzählungen oder Märchen afrikanischer Völker oder die historischen Schilderungen von Ethnologen zur Hand zu nehmen. Was der französische Schriftsteller Gustave Flaubert im Jahr 1850 während seiner zweijährigen Reise durch Ägypten im Anblick der dortigen Landschaft in sein Tagebuch schrieb, hätte er auch über Bilder von Petra Kremer-Horster sagen können: „Bei Sonnenuntergang nehmen sich die Bäume aus, als seien sie mit Kohle hingezeichnet, und die Sandhügel erscheinen wie Goldstaub. Hier und da ziehen sich feine schwarze Striche darüber, Streifen von Erde oder Furchen, die der Wind gemacht; sie bilden ebenholzschwarze Linien auf diesem Goldgrund wie dem der alten Zechinen.“

Werkstattgalerie Uekermann, Mainzer Straße 25, Mi-Fr 14-18.30 Uhr,Sa 11-16 Uhr, bis 27. Juli

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