Erinnerung in KölnAls Fünfjähriger aus dem KZ in Auschwitz entkommen

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Förderverein EL-DE Haus

EL-DE-Haus, NRW-Stiftung und Filmfirma Gemini Film & Library

Zeitzeugen sind ein wichtiger Bestandteil der Erinnerung an die Shoah. Ihr fortschreitendes Alter drängt jüngere Generationen, ihre Erinnerungen und ihr Andenken zu wahren. Das EL-DE-Haus am Appellhofplatz widmet sich nun der Geschichte von Dany Dattel, der als Fünfjähriger dem Konzentrationslager in Auschwitz entkam. Gefördert von der NRW-Stiftung haben Filmschaffende mehrere Interviews mit dem heute 83-Jährigen geführt und ihn bei der Rückkehr nach Auschwitz begleitet.

„Die zweifache Verfolgung des Dany Dattel“ lautet der Arbeitstitel des Projekts, denn der heutige Kölner entkam nicht nur dem KZ, sondern hatte in der Nachkriegszeit auch mit antisemitischen Klischees zu kämpfen. Persönliche Geschichten von Verfolgten im Nationalsozialismus aus Köln und der Region zu sammeln sei der Kern der Bildungsarbeit des EL-DE-Hauses, sagt die Direktorin Annemone Christians-Bernsee.

Dattel kam von selbst auf den Förderverein zu

„Die Geschichte von Dany Dattel ist einzigartig, deswegen mussten wir nicht lange überlegen, ob wir sie erzählen wollen“, bekräftigte sie bei einem Pressegespräch. Der Förderverein des NS-Dokumentationszentrums förderte das Filmprojekt mit 3500 Euro, auf insgesamt 35 000 Euro stockte die NRW-Stiftung die Summe auf. Es sei Dattel selbst gewesen, der auf die Historiker zugegangen sein.

Ein ungewöhnlicher Schritt, sagt Claudia Wörmann-Adam, Co-Vorsitzende des Fördervereins. „Wir alle kennen die Berichte der Zeitzeugen, verglichen mit der Zahl der Opfer sind es aber sehr wenige. Das liegt daran, dass sich die meisten erst im hohen Alter öffneten – oder sogar gar nicht“, sagte sie. Gerhard Schmidt und Frank Ferjung von der Filmproduktionsfirma Gemini Film & Library haben viel Zeit mit Dany Dattel verbracht. Unter anderem begleiteten sie ihn an die Orte seiner Kindheit. „Die Rückkehr nach Auschwitz war sehr emotional für ihn. Ebenso, als er in Brünn Mithäftlinge traf, die ihm halfen, den Todesmarsch zu überleben.“

Mit vier Jahren ins Konzentrationslager verschleppt

Damals war Dattel, geboren im Jahr 1939, ein kleines Kind. „Er kam in Berlin zur Welt und wurde mit vier Jahren ins KZ verschleppt. Dort wurde er von seiner Mutter getrennt, er hat sie erst nach dem Krieg wiedergefunden“, sagte Gerhard Schmidt. Dattel kam nach Köln, wollte Schauspieler werden. Doch seine Mutter sah für ihn eine Laufbahn bei der Bank vor.

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Dattel landete bei der Herstatt-Bank, die 1974 nach ihrer Pleite geschlossen werden musste. „Die Leute haben Dany Dattel die Schuld angelastet, das antisemitische Klischee des geschäftstüchtigen Juden angeheftet – ihm als Jude könne ja sowieso nichts passieren“, berichtete Schmidt. Sie führten mehrere Interviews mit Dattel und filmten ihn dabei.

Die Aufnahmen sollen im kommenden Jahr im EL-DE-Haus zu sehen sein und zu einem weiteren Baustein der Erinnerung an die Zeit des Nationalsozialismus werden.

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