Evangelische Kirche KölnStadtsuperintendent befürwortet Waffenlieferungen an Ukraine

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Bernhard Seiger

Stadtsuperintendent Seiger spricht angesichts des Ukraine-Kriegs von Spannungen innerhalb der evangelischen Kirche.

Köln – Kölns Stadtsuperintendent Bernhard Seiger hält deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine für gerechtfertigt, um das von Russland angegriffene Land „in die Lage zu versetzen, sich wirksam zu wehren“. Seine Position erläuterte er beim traditionellen „Sommergespräch“ mit Journalisten im Haus der Evangelischen Kirche.

Kölner Stadtintendent über Ukraine: „Völlig neue Weltsituation“

Der Krieg in der Ukraine sei eine „Erschütterung für alle Versuche, Frieden ohne Waffen zu schaffen. Wir haben eine völlig neue Weltsituation“, sagte er. In der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sei „eine deutliche Spannung zu spüren zwischen der pazifistischen Ausrichtung und der verantwortungsethischen Argumentation, die Gewalt in Ausnahmesituationen für gerechtfertigt hält“.

Für die erste Position stehe Friedrich Kramer, Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland und Friedensbeauftragter des Rates der EKD, für die andere die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus.

Evangelischer Pfarrer: Gewalt in Ausnahmesituationen angemessen

In seiner Argumentation beruft sich Seiger auf die EKD-Friedensdenkschrift 2007, die „wegweisend für die ethische Debatte" sei . Zwar gelte duchgängig der Primat der Gewaltlosigkeit und Frieden als oberstes Ziel, allerdings ein „gerechter Friede“ und nicht der „Frieden des Stärkeren“. Es könne „Extremsituationen“ geben, in denen militärische Gewalt als Mittel der Verteidigung legitim sei.

Dabei müssten mehrere Kriterien beachtet werden. Im Fall des Ukraine-Krieges ist aus Sicht des Stadtsuperintendenten die „Notwendigkeit rechtserhaltender Gewalt“ gegeben: Die „Brutalität des „Eroberungs- und Vernichtungskriegs“ stehe außer Frage, diplomatische Verhandlungen hätten offensichtlich keine Wirkung, ein souveräner Staat wie die Ukraine habe das Recht, sein Territorium und seine Demokratie zu verteidigen, und wenn das Völkerrecht „angesichts dieser Aggression nicht wiederhergestellt und verteidigt wird, dann zerfällt eine ganze Weltordnung“.

Militarisierung trotz Waffenlieferungen vermeiden

Trotzdem bleibe es, wie der Theologe Dietrich Bonhoeffer gesagt habe, „schuldhaftes Tun, Gewalt gegen Menschen anzuwenden und zu töten“, betonte Seiger. Somit gelte es, „tapfer »zwischen Schuld und Schuld« zu wählen. Denn dem Bedrohten nicht beizustehen, macht auch mitverantwortlich für Tod und Leid.“ In dieser besonderen Situation gebe es „kein moralisch richtiges Verhalten“; an dem ethischen Konflikt komme man nicht vorbei.

Bei allem sei im Blick zu behalten, wie eine Friedensordnung mit Russland nach dem Krieg aussehen könne. „Der Primat der Gewaltlosigkeit und die Suche nach einer Friedensordnung müssen uns leiten.“ Man dürfe sich nicht  „mit der Militarisierung der Handlungsagenda – und auch der Sprache –  anfreunden“ und müsse verhindern, dass sich Feindbilder verfestigen.

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