Fallende Mieten, schlechtes UmfeldImmobilienbesitzer auf Kölner Hohe Straße kämpfen

Lesezeit 4 Minuten
Hohe Straße oben

Die Hohe Straße von oben 

Köln  – Die leeren Schaufenster auf der Schildergasse und Hohe Straße sind nicht zu übersehen. Nun sollen sie gefüllt werden, jedenfalls vorübergehend. Künstlerinnen und Künstler können sich bis zum 13. Juni für eine Open Art Gallery bewerben. Immerhin wären sie damit präsent in der Kunstgalerie mit der höchsten Passantenfrequenz bundesweit.

Die Aktion ist eine der ersten Maßnahmen, um den Einkaufsmeilen einen neuen Impuls zu geben. „Wir müssen hier etwas tun. Die Innenstadt muss mit all ihren Akteuren an der Attraktivität arbeiten, denn Ausruhen auf alten Gegebenheiten funktioniert nicht mehr“, sagt Eva Kayser, deren Familie drei Immobilien auf der Hohe Straße und eine auf der Schildergasse besitzt.

Hohe Straße im Umbruch

Vor allem die Hohe Straße ist im Umbruch: Hier gibt es teils unansehnliche Billig-Zwischennutzungen, Leerstände und viele Baustellen. Aber auch Neuzugänge. Zurzeit haben sich besonders viele Süßigkeitenläden angesiedelt (wir berichteten). Eva Kayser ist mit ihrem Mieter „Kingdom of Sweets“ 2020 als erste auf den internationalen Trend aufgesprungen. „Jetzt haben viele nachgezogen.“

Alles zum Thema Schildergasse

Der Wettbewerb ist härter geworden. Für Vermieter waren Hohe Straße und Schildergasse früher immer eine sichere Bank. „Man hat sich jahrzehntelang keine Gedanken über Attraktivität und Frequenzen gemacht, weil alles lief.“ Doch dann war vor drei Jahren der Traum vorbei. Der Online-Handel hatte dem stationären Geschäften massiv Kunden abgenommen. Die Kölner Meilen waren besonders hart getroffen, weil große Ketten wie Zara und H&M mit gleich mehreren Filialen vertreten waren – und nun reduzierten. Hinzu kamen einige Pleiten und Aufkäufe. Und es standen keine neuen Mieter mehr Schlange.

Immobilien immer schwerer zu vermieten

Und darüber kamen die Immobilienbesitzer erstmals ins Gespräch. „Wir Eigentümer kannten uns vorher untereinander gar nicht.“ Denn in den guten Zeiten war es eher nicht üblich, öffentlich – und schon gar nicht in der Presse – über Besitzverhältnisse zu sprechen. Makler brauchte man schon gar nicht bei der hohen Nachfrage.

Doch nun haben sich die Vermieter angesichts der Lage zusammengetan und gehen an die Öffentlichkeit. Mit dabei ist zum Beispiel die Aachener Grundvermögen (die jeweils zehn Immobilien auf der Hohe Straße und Schildergasse besitzt), Gold Kraemer, Art Invest und auch der Verein Stadtmarketing und die städtische Wirtschaftsförderung.

Mieten sind bis zu 40 Prozent gefallen

Thomas Nandzik vom Immobilienberatungsunternehmen CBRE, der das neue Dom Carré und viele weitere Objekte betreut, erzählt: „Wir haben vor drei Jahren vor vielen Eigentümern und Vermietern einen Plan ausgebreitet, auf dem die Leerstände und Vakanzen zu sehen waren. Und alle waren geschockt.“ Während man in guten Zeiten noch mit bis zu 260 Euro pro Quadratmeter rechnen konnte, muss nun verhandelt werden. „Die Mieten sind um 20 bis 40 Prozent heruntergegangen“, sagt Nandzik. Wie stark, hänge sehr individuell vom Objekt ab.

Von den früher üblichen Zehn-Jahres-Verträgen redet keiner mehr, manche Mieter wollen nur das Erdgeschoss oder möchten stark umbauen. Zum Beispiel für neue Nutzungen. So soll im ehemaligen Kämpgen auf der Schildergasse in den Obergeschossen eine Boulderhalle entstehen. 

Verhandlungen seien deshalb nun sehr langwierig und komplex. Was nach Leerstand und gar Verwahrlosung aussieht, sei oft eine Übergangsphase. Allein an der Hohe Straße gibt es derzeit sechs Umbauprojekte. So wird der Komplex mit dem Lego-Store für die Zentralbibliothek umgebaut und der Block mit dem ehemaligen Wempe-Quartier umgestaltet.

„Wir tun, was wir können, aber die Stadt muss auch mitziehen und ihre Strukturen der heutigen Schnelllebigkeit anpassen", sagt Eva Kayser. Das fängt beim seit Jahrzehnten nicht erneuerten Pflaster und fehlenden Sitzmöglichkeiten an bis zur gerade angeschafften Beleuchtung, die nicht richtig funktioniert, weil die Stromversorgung in der Innenstadt technisch nicht modern genug ist.

Bettler und Straßenmusiker

Es gehe auch um die zahlreichen Bettler-Banden und unkoordinierte Straßenmusikanten. Und um lange Genehmigungsverfahren. „Eine Genehmigung für einen Pop-up-Store darf nicht ein halbes Jahr dauern“, sagt Kayser. Selbst für begrünte Baustellenzäune gebe es lange Verfahren. 

Das könnte Sie auch interessieren:

Inzwischen ist man aber im gemeinsamen Gespräch über die Zukunft der Handelslagen. 2019, also schon vor der Corona-Krise, hatte der Finanzausschuss 200.000 Euro für die Entwicklung eines Leitbild für die Ausrichtung und Gestaltung der Einkaufsmeilen freigegeben. Bei Stadtspaziergängen wurden die Probleme ermittelt. Im September soll das Konzept mit Lösungsmöglichkeiten stehen und bis 2030 umgesetzt sein. Das ist also noch eine Weile hin.

Auf der Hohe Straße werden Trends gemacht

Die Galerie in den leeren Schaufenstern ist da ein leicht umsetzbarer erster Schritt. Und die vielen Süßigkeiten-Läden, so Thomas Nandzik, seien im Übrigen auch ein gutes Zeichen. Candy-Stores sind im Moment in allen großen Städten Trend, zum Beispiel auch in London. „Trends beginnen auf der Hohe Straße. Und nach Corona haben wir wieder eine sehr gute Nachfrage nach den Immobilien in der Innenstadt.“ Wenn auch zu neuen Konditionen.

KStA abonnieren