Hippe Zimmer statt WohnungenMieterverein kritisiert Hotelboom am Kölner Eigelstein

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In der Lobby des Urban Loft

  • Am Eigelstein eröffnete das Hotel Urban Loft mit mehr als 200 Zimmern.
  • Schräg gegenüber ensteht ein Ableger des Savoy-Hotels.
  • Nachbarn und auch der Mieterverein kritisieren die Entwicklung in dem urkölschen Viertel.

Köln – Draußen tobt das urkölsche Leben auf dem Eigelstein, Frauen bieten ihre Dienste an, ein Rettungswagen steht an der Ecke – drinnen wuseln junge Menschen bei der Eröffnung des Urban Loft herum, einem Hotel mit 213 Zimmern und sieben Wohnungen. Die Althoff-Gruppe, ansonsten bekannt für Luxushotels wie Schloss Bensberg, baute auf dem ehemaligen Gelände der Gaffel-Brauerei das erste Haus der neuen Lifestyle-Marke Urban Loft. „Moderne Reisende sollen hier auf die Authentizität des Viertels treffen“, formuliert es Hotelier Thomas Althoff.

Es gibt Kunstausstellungen in der bunten Lobby, lokale Produkte im kleinen Shop, und bald einen Pop-up-Store von „Törtchen Törtchen“. Und viel „offene Fläche für kreative Menschen“. Ab 79 Euro kosten die Zimmer im Schnupperangebot – die Nachfrage sei gut.

Und es wird noch mehr Hotelfläche geben am Eigelstein. Schräg gegenüber des Urban Loft wird gebaut, dort entsteht ein Appartementhaus mit sechs Einheiten ab 75 Quadratmeter – unter der Regie von Gisela Ragge, die das Savoy an der Turiner Straße betreibt. Es ist schon ihr zweites Haus am Eigelstein. 2015 eröffnete Ragge ihr fünfgeschossiges Boarding House mit 50 voll eingerichteten Zwei-Zimmer-Wohnungen für Gäste, die sich länger in der Stadt aufhalten.

Kneipe und Asia-Supermarkt

Zwischen den beiden Savoy-Bauten liegt als Relikt aus alten Zeiten eine eingeschossige Zeile mit der Kneipe „Kajüte“, einem Kiosk und einem Asia-Supermarkt. Augenfälliger kann das Zusammentreffen des gar nicht schicken Eigelsteins mit der hippen Hotelwelt nicht sein.

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Zimmer mit Domblick im Urban Loft

Nicht begeistert von der Entwicklung sind einige Anwohner und auch der Mieterverein Köln. Sie verstehe nicht, warum man in einer Stadt mit so großer Wohnungsnot derart viele Hotelbauten zulassen könne, sagt eine Nachbarin. Der Eigelstein würde sein Gesicht verlieren. Von den vielen Gästen habe das Veedel nichts. „Die kaufen hier nicht ein und gehen hier nicht essen.“ Außerdem nehme der Verkehr weiter zu – die Hotels verfügen über eigene Tiefgaragen.

Hans-Jörg Depel, Sprecher des Kölner Mieterverein, ist über das Ausmaß des Hotelbaus auf dem Eigelstein „negativ überrascht“. Und auch überrascht darüber, dass die Stadt dies genehmigt hat. „Hier ist über Jahre eine Chance für das Veedel vertan worden. Wir brauchen mehr Wohnraum und nicht Hotels oder gar Airbnb-ähnliche Angebote.“ Die Genehmigungen seien natürlich schon vor Jahren erteilt worden, jetzt „sei das Kind in den Brunnen gefallen“. Depel fordert aber von der Politik jetzt mehr Sensibilität.

Savoy bezahlt Veedelskümmerer

Der Bürgerverein Eigelstein findet die Entwicklung dagegen eher positiv. Sprecherin Ruth Wennemar argumentiert, dass durch die Neubauten immerhin kein Wohnraum zerstört wurde. Im Übrigen sei Wohnbebauung so nah an einer Bahntrasse wegen der Schallschutzmaßnahmen für einen Investor sehr teuer – für solche Grundstücke seien nur schwer Interessenten zu finden. Bei einem Hotelbau seien diese Kosten schon eingepreist. Das Savoy engagiere sich außerdem sehr für das Viertel. Besitzerin Gisela Ragge finanziert zum Beispiel gemeinsam mit dem Rewe-Markt den gerade installierten Veedelskümmerer, einen Ansprechpartner für die Sorgen und Nöte der Anwohner und Geschäftsleute.

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Die Fassade des Urban Loft

Die Savoy-Chefin freut sich, dass sie mit dem Urban Loft nun einen Mitstreiter im Veedel hat. „Das wird diesen Bereich des Eigelstein beflügeln.“ Das neue Haus sorge vielleicht dafür, dass das Umfeld gepflegt und ordentlich aussieht, vielleicht auch die Straßenprostitution etwas nachlässt. „Und es bringt Bewegung hierher, weil die Gäste öfter wechseln als in unserem Boarding House.“

Sie selbst hätte im Erdgeschoss des Boarding House, das sie einst als „Leuchtturmprojekt“ angekündigt hatte, eigentlich gern Ladenlokale oder ein Restaurant einziehen lassen, um auch der Nachbarschaft etwas zu bieten. Stattdessen lagern hinter der Glasfassade Deko-Gegenstände, die Gäste kaufen können. „Die Situation war bisher einfach zu schwierig“, sagt sie.

Nun, mit dem neuen Nachbarn, sei sie zuversichtlich, dass sich ein attraktiver Mieter findet. Auch ihr Appartement-Haus werde ein „Meilenstein“ für den Eigelstein sein. Blieben dann noch die kleinen eingeschossigen Gebäude daneben. „Ich hoffe, da passiert auch bald etwas.“ Sie selbst sei aber nicht in Verhandlungen.

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Über die Frage, ob hier nicht eher Wohnungen sinnvoll gewesen wären, müsse die Stadt entscheiden, sagt sie. Sie zweifelt aber daran, dass ein anderer Investor so viel Geduld wie sie aufgebracht hätte. Sieben Jahre lang habe sie in mühsamer Kleinarbeit fünf heruntergekommene Wohnhäuser gekauft, um sie dann abzureißen und das Boarding House zu errichten.

Im Urban Loft, versichert Hotelier Althoff, stünden die Türen für die Nachbarschaft offen. Die Lobby und auch auf die Dachterrasse mit Domblick kann jedermann nutzen.

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