Initiative gegen Kölner WohnungsnotZollstocker wollen zwei Millionen Euro sammeln

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Georg Brombach von der Mietergenossenschaft

Georg Brombach von der Mietergenossenschaft

  • Zwei Millionen Euro Eigenkapital sollen gesammelt werden – Frage der Parkplätze noch unklar

Köln-Zollstock – „Ich will zurück nach Köln“, sagt Astrid Camps, die in Siegburg wohnt, aber lange Jahre in Sülz gelebt hat. Doch die Wohnungssuche auf dem freien Markt scheint für die 73-jährige Ärztin im Ruhestand (mit „gebrochener Erwerbsbiografie und kümmerlicher Rente“, so ihre Situationsbeschreibung) aussichtslos. „Das kann ich alles nicht bezahlen“, sagt sie. Ihre Hoffnung: ein passendes Wohnprojekt. In mehreren Initiativen hat sie sich in den vergangenen Jahren engagiert. Doch die Aussicht auf rasche Umsetzung der ambitionierten Ideen war stets gering. Und: „Meistens sind diese Projekte viel zu klein gedacht“, sagt sie.

Camps hat allerdings noch nicht aufgegeben. Für 500 Euro hat sie einen Anteil an der im vorigen November gegründeten Mietergenossenschaft Kalscheurer Weg erworben. Und an diesem Abend verfolgt sie mit mehr als 50 weiteren Genossen die erste ordentliche Generalversammlung im Zollstocker Bürgerhaus.

Man muss in Camps und dem bunt zusammengewürfelten Haufen eigentlich Anteilseigner eines Immobilieninvestors sehen. Der Jahresabschluss für 2017 ist zwar schnell erledigt. Anschließend stellt der Vorstand um Georg Brombach und Ralf Leppin aber den Fortschritt ihres Großvorhabens vor. 110 Wohnungen in 16 Häusern wollen sie errichten, ohne Keller, mit viel Eigenleistung, öffentlicher Förderung für 100 Prozent sozialen Wohnraum und unter Beteiligung von interessierten Flüchtlingen.

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Das bedeutet: viel Papierkram, harte Verhandlungen mit Banken und Stadtverwaltung. Finanzkraft zeichnet sie wohl weniger aus. Aber sie haben eine Menge Erfahrung, von der sie und die künftigen Bewohner profitieren werden. „Stadtentwicklung durch Nachbarn“ könnte man das Alleinstellungsmerkmal des geplanten Quartiers nennen.

Die Initiatoren und der überwiegende Teil der Mitglieder stammt aus der angrenzenden „Indianersiedlung“, einer wild gewachsenen Häuseransammlung zwischen Militärring, Eisenbahntrasse und Südfriedhof. Althippies, junge Aussteiger, Künstler und unauffällige Normalbürger gehören dazu. Anfang des Jahrtausends erwarben sie mit ihrer damals gegründeten Genossenschaft von der Stadt das Grundstück, auf dem ihre Siedlung steht.

Dass sie nun die Grünflächen davor ebenfalls bebauen wollen, bevor die Kommune sie meistbietend an einen der profitorientierten Investoren verkauft, die für solche Grundstücke Schlange stehen, scheint da nur folgerichtig. Eine der Wiesen ist die Festkoppel der insgesamt sehr grünen Siedlung. „Wir wollen nicht, dass uns jemand Geschosswohnungsbau vor die Nase knallt. Das ist unsere soziale Mitte“, sagt Leppin, der auch in der für die Erweiterung gegründeten Genossenschaft dem Vorstand angehört.

Parkplatz-Frage noch offen

Erste Erfolge machen ihnen Mut. Nach einem Beschluss des Rates verhandelt die Stadt derzeit exklusiv mit ihnen. 134 Mitglieder und eine knappe Viertelmillion haben sie für das nötige Eigenkapital zusammen, ohne jegliches Werben. Bis zu zwei Millionen Euro sollen es bis zum Herbst sein. Bis dahin soll auch der Antrag auf Fördergeld eingereicht werden – ein sportliches Ziel, das betont der Vorstand auf der Versammlung mehrfach. Der Stadtentwicklungsausschuss soll noch vor dem Sommer die Umwandlung der Grundstücke in Bauland einleiten. Und derzeit ermitteln Gutachter den Wert des Grundstücks. Die Genossen sind zuversichtlich, dass sie sich einig werden mit dem Liegenschaftsamt.

Offen ist noch, wo die vorgeschriebenen Parkplätze entstehen können und wie viele es sein müssen. Ein Streifen entlang des Friedhofs, auf der anderen Straßenseite des Kalscheurer Wegs böte sich dafür grundsätzlich an.

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