Reisebüros in Corona-Krise„Tourismus ist viel stärker getroffen als die Gastronomie“

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Mit Koffern, Strandstühlen und Protestplakaten zogen die Reisebüro-Inhaber vor den Dom.

Mit Koffern, Strandstühlen und Protestplakaten zogen die Reisebüro-Inhaber vor den Dom.

Innenstadt – „Mit einem Wimpernschlag ist unsere komplette Existenz gefährdet“, klagt Reisebüro-Inhaberin Liane Becker. Noch im vergangenen Jahr feierte sie das Jubiläum zum 25-jährigen Bestehen ihrer Agentur in Gummersbach; nun durchlebt sie, wie ihre Kollegen, sehr sorgenvolle Zeiten. „Die Corona-Krise hat für uns im Prinzip schon im vergangenen Herbst begonnen, denn in dieser Zeit gebuchte Frühjahrs- oder Sommerurlaube werden nun storniert. Und wir stehen komplett ohne Einnahmen da.“

In der Hinsicht sei der Tourismus viel stärker getroffen als die Gastronomie. „Gastwirte könnten zumindest von heute auf morgen wieder aufmachen. Bei uns dagegen hat die Krise als Erstes begonnen, und bei uns wird sie auch als Letztes enden“, ergänzt ihre Kollegin Silvia König aus Bergneustadt.

Corona-bedingte Buchungsausfälle und Stornierungen

Um auf die prekäre Lage der Reisebüros infolge der Corona-bedingten Buchungsausfälle und Stornierungen aufmerksam zu machen, haben 30 Firmeninhaber aus Köln und der Region auf dem Roncalliplatz demonstriert. Sie brachten Reisekoffer, Liegestühle, Luftmatratzen und Transparente mit: „Rettet die Reisebüros – Deutscher Reise-Rettungsfonds jetzt!“ Sie fordern einen Sonderfonds für die Touristikbranche zur Überbrückung der Krisenzeit.

Rund 100 Zuschauer, plus Passanten, verfolgten auf dem Platz verteilt die Kundgebung, die symbolisch um Fünf vor Zwölf startete. Die Aktion fand zugleich in 40 weiteren Städten Deutschlands statt. Laut Angaben des Deutschen Reisebüro-Verbands gibt es bundesweit rund 11.000 Reisebüros mit etwa 100.000 Mitarbeitern. Insgesamt, schätzt der Branchenverband, hingen bundesweit rund 2,9 Millionen Jobs am Tourismus. Auch Kirsten Reimann von der Longericher „Creativ-Reiseagentur“ oder „Teddy-Travel“ aus der City hatten sich dem Protest angeschlossen.

In aller Welt gestrandete Urlauber

Die freie Künstlerin Helga Hummel, ansonsten als „Bord-Politesse“ im Stewardessenlook auf den Bühnen unterwegs, schloss sich dem Protest an und holte unter den Reisebüro-Inhabern auf dem Platz, die größtenteils schon seit Jahrzehnten tätig sind, Stimmen ein. „Mir geht das Schicksal der Agenturen sehr nahe. Die Reisebüros haben momentan sozusagen Berufsverbot“, so Hummel. Bräche die Branche weg, hätte das schlimme Folgen für Verbraucher. „Viele können nicht online buchen – und wollen es auch gar nicht, denn was zählt, ist die persönliche Beratung und der Kontakt für alle Fälle.“

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Die vergangenen zwei Monate, erzählen Becker und König, habe man größtenteils damit verbracht, Stornierungen zu bearbeiten und die in aller Welt gestrandeten Urlauber zurück nach Deutschland zu bringen. Und das alles zum Nulltarif, denn die Anzahlungen und Provisionen müssen den Kunden und Reisekonzernen erstattet werden. „Die 9000 Euro aus dem NRW-Hilfspaket reichen für ein Reisebüro maximal für zwei Monate, denn die Festkosten laufen ja weiter.“

Immerhin zeigten sich die Kunden sehr empathisch, und kauften Gutscheine für die Zeit nach dem Lockdown – jedoch könne das alleine nicht reichen. „Wir sind eine krisenerfahrene Branche, wie sich nach diversen Naturkatastrophen, dem 11. September oder sonstigen Terroranschlägen in Urlaubsregionen gezeigt hat.“ Aber diese schwierige Zeit könne man alleine nicht mehr meistern.

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