Schaafenstraßen-Wirtin in Köln„Hatten nie vor, eine Lesben-Bar aufzumachen“

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Rodja Hodzouri ist die Chefin der Iron Bar in der Schaafenstraße in Köln.

  • Rodja Hodzouri und ihre Partnerin Nadia Nayseh sind seit zehn Jahren die Chefinnen der Iron Cocktail Lounge an der Schaafenstraße.
  • Ein Gespräch über die Wirtegemeinschaft vor Ort, Wildpinkler und warum Gäste am Wochenende erst ab 25 Jahren in die Iron Bar dürfen.

Köln – Das Nachtleben ist wieder richtig gestartet. Seit zwei Wochen darf man tanzen. Wie ist die Stimmung in der Iron Bar?

Das Leben ist einigermaßen zur Normalität zurückgekehrt hier. Einige haben zwar noch ein bisschen Angst wegen Corona, und manche weigern sich wegen des Kriegs auszugehen. Trotzdem sieht man, dass die Freude zurück ist und die Menschen gerne wieder weggehen und sich öfters treffen. Das ist sehr schön.

In der Iron Bar ist der Eintritt am Wochenende erst ab 25 Jahren. Warum?

Die Entscheidung haben wir vor zweieinhalb Jahren getroffen. Wir haben nichts gegen die Jungen, wir haben auch einige jüngere Gäste, die noch nicht 25 sind, die wir aber gut kennen. Sie haben eben viel mehr Energie. Wir arbeiten außerdem etwas hochwertiger, haben etwas teurere Getränke und unsere Gäste zahlen auch etwas mehr für ihren Drink. Sie möchten nicht unbedingt mehr Ruhe, weil sie auch gerne feiern, aber sie wollen nicht, dass man ihnen ihr Getränk aus der Hand reißt.

Es soll hier also etwas gediegener zugehen.

Genau. Die Leute kennen sich mit den Spirituosen aus und genießen die Zeit hier. Wir sind eben weniger Kneipe als Cocktailbar.

Sie betreiben die Iron Cocktailbar mit Ihrer Partnerin seit zehn Jahren. Wie kam es dazu, dass Sie sie übernommen haben?

Die Iron Bar gab es schon zehn Jahre, bevor wir sie übernommen haben. Meine Partnerin hat irgendwann eine Anzeige im Internet entdeckt. Sie hat jahrelang nach einer Bar gesucht, weil sie die Nachtgastronomie liebt. Die Anzeige war innerhalb von zwei Stunden weg und sie hatte Glück, dass sie so ein gutes Gedächtnis hat, dass sie sich die Nummer gemerkt hat. So hat es angefangen.

War die Bar so wie jetzt?

Nein, wir haben sie dann komplett verändert. Es war ein Mischmasch aus orientalisch, Cocktailbar und Kneipe. Das erste Jahr blieb sie so, aber dann haben wir alles verändert und erneuert: die Wände und Decke, wir haben neuen Schallschutz reingebaut, die Theke versetzt.

Sie beiden sind auch privat ein Paar. Lässt sich da Job und Beziehung gut trennen?

Nein, das kann man nicht. Den ganzen Tag spricht man über das Geschäft, was manchmal auch ziemlich nervig sein kann. Aber nach all den Jahren gelingt es uns schon besser, wenn auch nicht 100-prozentig.

Iron-Bar-Chefin zu Veränderungen in der Schaafenstraße in Köln 

Wie hat sich die Schaafenstraße in den letzten 10 Jahren entwickelt?

Wir bilden seit ein paar Jahren eine Wirtegemeinschaft, sodass wir große Entscheidungen gemeinsam treffen. Die Bars helfen sich gegenseitig. Das ist echt schön. Positiv hat sich entwickelt, dass wir früher Probleme mit Taschendieben hatten. Durch die Wirtegemeinschaft haben wir das in den Griff bekommen. Es gibt eine Security, die am Wochenende und bei großen Events hier eine Streife hat. Zu dritt gehen sie die Straße auf und ab und schauen, dass Ruhe herrscht. Die Bars werden auch mittlerweile besser kontrolliert und die Gäste besser aussortiert. Allein wir haben zwei Securitys.

Während der Pandemie hat sich die Straße im Sommer zu einem Feierhotspot entwickelt, weil sich viel nach draußen verlagert hat.

Ja, dadurch hatten wir auch viele Wildpinkler. Die Security-Streife versucht auch, darauf zu achten, auch wenn wir das damit nicht zu 100 Prozent verhindern können. Das Ordnungsamt will auch nicht, dass wir uns da zu sehr einmischen, weil es sich dabei um öffentliches Straßenland handelt. Wir versuchen die Leute auch wegzuscheuchen, etwa Jugendliche, die um die Sparkasse herum abhängen und sich Getränke vom Kiosk holen, den Ort vermüllen und eben pinkeln. Wir haben schon öfters versucht, sie wegzuschicken, aber dann kam das Ordnungsamt und hat uns verwarnt.

Sie sorgen sich womöglich um das Image der Straße.

Ja, die Nachbarn ärgern sich sehr über uns, weil sie davon ausgehen, dass das unsere Gäste sind, aber jede Bar hat eine Toilette und die Gäste müssen dafür nicht auf die Straße gehen.

Wie bewerten Sie das Angebot für queere Gäste in Köln, das sich neben Berlin ja auch gern als Hauptstadt für Schwule und Lesben sieht?

Es gibt die Schaafenstraße und ansonsten noch zwei, drei Locations am Heumarkt, wo die Leute gern feiern gehen. Köln bietet nicht so viele Alternativen im Nachtleben. Es gibt noch ein paar Cafés. Die Nachfrage ist größer, und die Bars haben auch nicht die entsprechenden Kapazitäten, um alle aufzunehmen.

Gastro- und Clubszene: Immer noch Männerdomäne

Ich spreche sehr häufig mit Menschen aus der Bar- und Clubszene, die bis auf ein paar Ausnahmen doch sehr männlich dominiert ist.

Das stimmt, das ist eine Männerdomäne, obwohl immer mehr Frauen in dem Geschäft ankommen. Am Anfang hatten wir auch selber Probleme, richtig angenommen zu werden vom männlichen Publikum. Und weil wir auch die ersten Frauen auf der Straße waren, waren die Leute skeptisch, ob wir hier versuchen, eine Lesben-Bar aufzumachen, was wir auch nie vorhatten. Sie haben sich schon gefragt, was wir hier zu suchen hatten.

Auch unter den übrigen Wirten?

Auch die Kollegen waren etwas skeptisch, ob wir durchhalten werden, da sie noch nie weibliche Kollegen auf der Straße hatten. Seit 30, 40 Jahren läuft hier alles über Männer. Deshalb mussten wir uns erst beweisen, aber wir haben inzwischen super Beziehungen zu den anderen.

Würden Sie sich denn als Lesben-Bar bezeichnen oder nicht?

Nein, wir haben viele weibliche Gäste, aber immer noch mehr männliche Gäste und wir versuchen, das im Gleichgewicht zu halten. Auch viele Hetero-Gäste kommen her, hauptsächlich wegen der Drinks.

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Erleben Sie denn an der Theke denn schonmal Skepsis, wenn die Gäste erfahren, dass Sie den Laden leiten?

Viele wissen gar nicht, dass ich die Chefin bin. Manche sprechen mich an, dass ich eine super Kellnerin bin, weil ich hier schon so viele Jahre durchgehalten habe. Manchmal scherze ich dann weiter: Es gibt einen Mitarbeiter, der oft hier steht und mixt und der wird von manchen Gästen als Chef betrachtet. Einmal sollte ich mal den Chef holen, dann habe ich ihn gerufen. Wir lachen aber darüber.

Zur Bar und zur Person

Die Iron Bar in der Schaafenstraße ist eine Cocktailbar und befindet sich im sogenannten Bermudadreieck, wo sich eine Bar an die nächste reiht. 

Rodja Hodzouri und ihre Partnerin Nadia Nayseh führen den Laden seit zehn Jahren gemeinsam. Hodzouri ist 43 Jahre alt und ist vor 22 Jahren aus Teheran, ihrer Geburtsstadt, nach Deutschland gekommen. Zunächst lebte sie in Northeim, dann kam sie 2006 nach Köln. Deutschland sei inzwischen mehr ihre Heimat als der Iran. Beide Partnerinnen hatten vor der Iron Bar bereits Erfahrung in der Gastronomie gesammelt. Am Wochenende legen in der Iron Bar verschiedene DJs auf. Aufwendigere Drinks und eine Auswahl an über 50 Ginsorten zeichnet das Angebot aus. (gam)

Zehn Jahre sind nun vorbei, können Sie sich nun weitere zehn in der Iron Bar vorstellen?

Ja, auf jeden Fall. Am Wochenende stehe ich auch noch selber viel hinter der Theke. Wir haben das Glück, dass wir seit Jahren ein sehr gutes Team haben, das uns in unserer Abwesenheit vertreten kann. Die ersten sieben Jahren waren sehr anstrengend, wir haben täglich 15 bis 18 Stunden gearbeitet, Mittlerweile habe ich unter der Woche nicht mehr so viel mit der Bar zu tun, wenn dann Büroarbeiten. Das ist halb so wild wie damals.

Welche Musikrichtung ist typisch für das Wochenende in der Iron Bar?

Vor Jahren haben wir mit Latino, Reggae, R’n’B und Reggaeton angefangen, weil das hier in der Schaafenstraße niemand gespielt hat, eher Elektro und Techno und im ExCorner zum Beispiel Schlager und Karneval. Unsere fünf DJs mussten sich erstmal reinarbeiten, weil sie eigentlich auch eher aus der Elektro-Ecke kamen. Mittlerweile spielen wir fast alles, auch Elektro. Jetzt kommen etwas reifere Gäste, die nicht ständig Latino hören wollen.

Schaafenstraße in Köln: Barhopping im Bermudadreieck

Hat jeder Laden seine eigenen Gäste oder wechseln die auch gern mal von einem zum anderen?

Hier wird immer Barhopping gemacht. Die Gäste wechseln im Laufe des Abends. Da sie sich seit Jahren kennen, hat man hier und dort Freunde. Es ist schon eine Community, obwohl die Straße auch offen für andere Gäste ist. Solange die Gäste nicht belästigt werden oder in Gefahr kommen, sind alle anderen auch willkommen. Es stimmt aber schon, dass wir ein Schutzgebiet sind.

Was trinken Sie persönlich am liebsten?

Obwohl wir so viel mixen, bin ich eher ein einfacher Typ: ich trinke insgesamt wenig Alkohol, aber wenn, dann gerne Gin Tonic.

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