Hanna Hansen, einst Model und Kickboxerin, ist seit ihrer Konvertierung 2023 ein prominentes Gesicht der Islamisten-Szene. Sie propagiert auf Tiktok und Instagram eine salafistische Ideologie.
Islamistische InfluencerinWie ein Kölner Ex-Model bei Tiktok für die Scharia wirbt

Auf einem Smartphone wurde der TikTok-Account von Hanna Hansen geöffnet.
Copyright: IMAGO/Hanno Bode
Hanna Hansen gilt als neuer Star in der hiesigen Islamistenszene. Binnen zwei Jahren avancierte das einstige Profi-Model und Weltmeisterin im Kickboxen zu einer Größe in radikalen sogenannten „Schwesternnetzwerken“. Die Verfassungsschützer verorten die 41-jährige Ex-DJane, die inzwischen in Köln lebt, in die Hardcore-Salafisten-Milieus. Erst nach ihrer Boxkarriere 2023 zum Islam konvertiert, propagiert Hansen via Instagram und TikTok eine rückwärtsgewandte Doktrin, die das demokratische Gesellschaftsgefüge hierzulande ablehnt. Vorbei die Zeiten, als die attraktive Frau für Escada oder Hugo Boss auf den Laufsteg ging oder für Vivienne Westwood vor der Kamera posierte. Später ließ sie sich als Boxerin gerne auch schon einmal bauchfrei ablichten.
Erst Anfang 2024 fiel die islamistische Influencerin durch Bezüge in die Radikalen-Szene auf, konstatieren NRW-Verfassungsschützer in ihrem aktuellen Bericht. „Es gelang ihr, sich innerhalb kürzester Zeit durch ihre Aktivitäten und ihre Präsenz in den sozialen Medien zu einer bedeutenden Aktivistin der islamistischen Szene zu entwickeln.“ Mittlerweile nutz Hansen ihre hohe Reichweite im Internet mit 200.000 Followern, „um eine islamistische Weltanschauung zu propagieren und für salafistische Veranstaltungen zu werben.“
Anders als viele andere Salafisten legt sie laut den Verfassungsschützern ihren Schwerpunkt weniger auf religiöse Themen, sondern spricht immer wieder gesellschaftliche und politische Fragen an. Dabei agitiere Hansen gegen die „westliche Lebensweise“ Eine weltliche Ordnung lehnt die Eiferin demnach ab.
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Referentin im Kreis von Hasspredigern
Bundesweit zieht die Konvertitin durch die Lande und spricht auf Veranstaltungen vor weiblichem Publikum. Die Missionsarbeit (Da’wa) zielt insbesondere darauf ab, junge, sinnsuchende Frauen ins salafistische Lager zu locken, so der Verfassungsschutz. In der Hardcore-Szene folgt man der antiquierten Lebensweise „der Sunna“, den Überlieferungen des Religionsgründers Mohammed und seiner Gefährten aus dem frühen Mittelalter. Deutsches Recht lehnen Salafisten ab, vielmehr propagieren sie die Scharia (islamische Gesetzessammlung), die sich auf den Koran und dessen Auslegung durch islamische Rechtsgelehrte stützt. Dieses Reglement sieht unter anderem vor, den Dieben die Hand abzuschlagen und Ehebrecherinnen zu steinigen. Auch müssen sich die Frauen züchtig kleiden, ein Kopftuch tragen und ihrem Mann gehorchen.
Seit dem Frühjahr 2024, so die Erkenntnisse des bayerischen Verfassungsschutzes, tritt Hanna Hansen als Referentin oder „Speakerin“ im Kreis salafistischer Hassprediger auf. Efstathios Tsiounis, alias Abu Alia, gilt als einer der führenden Netz-Agitatoren. Bereits 2010 spielte er im längst aufgelösten Missionierungsnetzwerk „Einladung zum Paradies“ eine wichtige Rolle. Sieben Jahre später trat der gebürtige Grieche bei dem 2021 verbotenen Verein „Ansaar International“ auf.
Nach einem vorübergehenden Rückzug aus der Öffentlichkeit ist er mittlerweile wieder als Prediger in den sozialen Netzwerken aktiv, stellen die bayerischen Verfassungsschützer in ihrem Report vom ersten Halbjahr 2025 fest. „Er gilt gegenwärtig weiterhin als einflussreicher Akteur der extremistisch-salafistischen Szene Nordrhein-Westfalens.“
Kontakte zu Salafist Pierre Vogel
Auch pflegt er demnach enge Kontakte zum Who-is-Who der Predigergarde. So etwa zum einstigen Kölner Boxer Pierre Vogel, bekannt auch als Abu Hamza. Zeitweilig in der Szene als zu weich in den militanten Milieus ausgemustert, gewinnt der rheinische Konvertit inzwischen wieder an Geltung. Ex-Kickboxerin Hanna Hansen zumindest attestiert das Landesamt für Verfassungsschutz NRW enge Verbindungen zu dem Alt-Star der religiösen Extremisten-Bewegung. So wirbt man gemeinsam in der Islamisten-Community für sogenannte Umra-Reisen – Pilgerfahrten nach Mekka.
Auch mit Sven Lau posiert die radikale Influencerin ganz gerne im Netz. Der einstige Feuerwehrmann und Konvertit, vorübergehend einer der führenden Web-Hetzer, streifte 2014 mit einer selbsternannten „Sharia-Polizei“ durch Wuppertaler Viertel. Von einer Hinterhof-Moschee aus suchte er sein Renommee in der Szene zu stärken. Mit Erfolg. Die Schlagzeilen füllten sich.

Kampfsportkarriere mit mehren nationalen und ingternationalen Titeln: Hansen bei der WBC Youth World Championship 2021
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2015 verhaftet, verurteilte ihn der Staatsschutzsenat in Düsseldorf im Mai 2017 zu fünfeinhalb Jahre wegen der Unterstützung der Terroreinheit JAMWA in Syrien. Der Angeklagte hatte demnach zwei Anhänger zu einer deutschen Islamisten-Truppe in Syrien vermittelt. Zudem hatte Lau die Dschihadisten mit Nachtsichtgeräten und kleineren Geldbeträgen versorgt. Lau, befand der Vorsitzende Richter beim Schuldspruch, habe „ein Unterstützungsnetzwerk für islamistische Terrorgruppen aufgebaut und beherrscht“.
Nach zwei Dritteln der verbüßten Strafe durch Untersuchungs- und Strafhaft kam Lau im Mai 2019 wieder frei. Die Sozialprognosen schienen günstig. Der OLG-Strafsenat ging davon aus, dass der Konvertit nach der mehrjährigen Haft künftig keine Straftaten mehr begehen wird. Von seiner ursprünglichen radikal-islamischen Haltung hat er sich deutlich distanziert, resümierten Richter. Zumal Lau ein Aussteigerprogramm besucht habe.
Inzwischen hat er das Programm verlassen und soll sich nach Angaben der NRW-Sicherheitsbehörden wieder in alten islamistischen Zirkeln bewegen. „Dem Verfassungsschutz liegen Indizien dafür vor, dass die Person als ehemaliger Aussteiger aus der islamistischen Szene derzeit wieder dabei ist, sich in diese zu integrieren und sie dafür ihre einschlägigen Kontakte zu salafistischen Akteuren intensiviert“, berichtet eine Sprecherin aus dem NRW-Innenministerium.
Es gelang ihr, sich innerhalb kürzester Zeit (...) in den sozialen Medien zu einer bedeutenden Aktivistin der islamistischen Szene zu entwickeln
Seine Bekannte Hanna Hansen bespielt den Erkenntnissen zufolge die Frauenseite in den Extremistenkreisen. Die Islamistin steht für jene krude Ideologie, die etwa Homosexualität verdammt und die streng islamische Kleidung nebst Hijab zu einer „frommen Weiblichkeit erhebt“. Die bayerischen Verfassungsschützer sprechen von einem „Gegenentwurf zu westlichen Frauenbildern und Schönheitsidealen“.
Hansen, das 41-jährige Ex-Model, schildert mit emotionalen Worten ihren Ausstieg aus der angeblich so oberflächlichen Konsum-Welt. Die Story vom Laufsteg, den Misswahlen und dem Profiboxen und der Hinwendung zum neuen Glauben verfangen gerade bei der jüngeren Generation. „Ihre Erweckungsgeschichte verknüpft die Konvertitin mit ihrem Aufruf an junge Frauen, das Kopftuch und den Hijab als Ermächtigung zu verstehen sowie Säkularismus aus ihrem Leben zu entfernen“, so die Verfassungsschützer aus München. Die Sicherheitsbehörden beobachten die Konvertitin, im westfälischen Herford geboren, seit dem vergangenen Jahr. Nach Informationen dieser Zeitung hat auch der Kölner Staatsschutz die Aktivitäten der islamistischen Influencerin auf dem Schirm. Für eine Stellungnahme war sie nicht zu erreichen.