Pleiten und PannenWarum beim Jüdischen Museum in Köln nichts läuft wie vorgesehen

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Jüdisches Museum Köln

Der Großteil der bisherigen Arbeiten hat in der Grabungszone unter der Oberfläche stattgefunden.

  • Kosten, Zeitplan, Ausführung der Arbeiten: Auf der Baustelle an der Archäologischen Zone in Köln läuft so gut wie gar nichts wie vorgesehen.
  • Der Zeitplan für die Eröffnung musste schon mehrfach verschoben werden. Das hat mehrere Gründe. Wie geht es weiter auf der Großbaustelle, die beginnt, Ähnlichkeiten mit der Kölner Opernbaustelle aufzuweisen?

Köln – Die Farbe Rot kennzeichnet  in den Berichten,  mit denen die Verwaltung die Ratspolitiker  regelmäßig über den Fortschritt großer  Bauvorhaben informiert,  üblicherweise ein  „hohes Risiko“. Insofern lässt sich der jüngste  Zustandsbericht über  die Archäologische Zone mit dem Jüdischen Museum als Warnung und Alarmruf zugleich verstehen: Hier läuft so gut wie gar nichts mehr wie vorgesehen.

Rot für die Kosten, Rot für den Zeitplan, Rot für die Ausführung der Arbeiten; wenn Ingenieure ihre Baustelle als derart risikobehaftet bewerten, sollten sich die Bürger auf schlechte Nachrichten einstellen. Die für das erste Halbjahr 2021 vorgesehene Eröffnung wird sich wohl erheblich verzögern, die Kosten werden die vom Rat bewilligten  77 Millionen Euro übersteigen.

Zeitplan wurde schon einmal überarbeitet

Gut zwei Jahre nach dem Baubeginn im Sommer 2015 musste die Verwaltung ihren  Zeitplan  schon einmal überarbeiten. Als neuer Termin für die Schlüsselübergabe an den Landschaftsverband Rheinland, den Betreiber des  Museums, wurde  das vierte Quartal  2020 genannt. Anschließend werde es weitere sechs Monaten dauern, um die Spezial-Klimaanlage für die unterirdische Archäologie-Ausstellung  einzustellen und  den Museumsbetrieb vorzubereiten. Von diesen Zielen redet niemand mehr, der die Situation in der Baugrube vor dem Rathaus kennt.

Im Verlauf der  Grabungsarbeiten und Ausschachtungen waren Schäden am Fundament des Historischen Rathauses  und des benachbarten Spanischen Baus entdeckt worden. Das erforderte eine umfangreiche Sanierung. Um die im Erdreich liegenden Zeugnisse der Stadtgeschichte nicht zu beschädigen, waren  zeitaufwendige Sondierungsbohrungen und Sicherungsmaßnahmen notwendig. Zudem mussten Entsorgungsleitungen für Fernwärme, Wasser, Strom und  Telekommunikation sowie  Abwasserrohre verlegt werden.  Ein Blindgänger im Baugrund sorgte  für zusätzliche Verzögerungen.

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Es sei „schon jetzt mit weiteren Terminverschiebungen zu rechnen“, teilt die Gebäudewirtschaft mit. Dass es  um mehr als  vier, fünf  Monate gehen dürfte, lässt sich aus der Beschreibung eines Kernproblems schließen. Aufgrund der mehrfach verschobenen Fertigstellungstermine  „sind die ausführenden Firmen, vor allem der Stahlbetonarbeiten sowie des Stahlbaus, derzeit nicht mehr an die vertraglich vereinbarten Termine des damals gültigen Terminplans gebunden“, heißt es in dem Baubericht. 

Stadt Köln: „Inakzeptable Terminverschiebungen“

Die Gebäudewirtschaft muss neue Termine aushandeln. In  einer Zeit, in der die Baubranche mit Aufträgen  so gut versorgt ist wie lange nicht mehr, befindet sich die Stadt in einer ungünstigen Ausgangslage.  So sei eine gemeinsame verbindliche Terminvereinbarung  mit der Stahlbaufirma  bereits „unterschriftsreif formuliert“ gewesen, teilte das Presseamt mit.    Das Unternehmen habe die Vereinbarung  jedoch kurzfristig „mit inakzeptablen Terminverschiebungen“ korrigieren wollen.  Eben jener  Vertrag sei „die entscheidende Basis für den weiteren Baufortschritt durch alle Folgegewerke“.

Nach Angaben der Verwaltung müssen bis Frühjahr 2020 zur weiteren genaueren Terminierung erst diese Bauabschnitte durch die Stahlbaufirma erfolgen. Es ergebe sich eine Art Domino-Effekt: „Folgewerke in dieser Kette unterliegen zum Teil keiner Bindefrist mehr und waren oder sind bereits andernorts neu verpflichtet.“ Vier Aufträge müssen neu ausgeschrieben werden.  Die Ausschreibungen würden „kurzfristig fertiggestellt und sukzessive auf den Markt gegeben“, kündigt die  Verwaltung an. Erfahrungsgemäß würden etwa fünf Monate vergehen, bis ein Auftrag dann erteilt werden könne.

Erinnerungen an Operndesaster werden wach

Um welchen Zeitraum sich die Eröffnung verschieben wird, wollte die Verwaltung ursprünglich in diesem Monat bekanntgeben. Wer danach fragt, erhält eine zurückhaltende Antwort:   „Eine genaue Terminierung ist aufgrund der laufenden Verhandlungen derzeit nicht möglich.“

Das erinnert an Äußerungen im Zusammenhang mit der 2015 geplatzten Wiedereröffnung der Oper. Im Fall der Archäologischen Zone steht selbst das  Richtfest noch aus. Die Feier könne „naturgemäß erst terminiert werden, wenn der neue Terminplan gesichert feststeht“.

Dem LVR als Betreiber in Wartestellung steht im Fall  längerer Verzögerungen ein Rücktrittsrecht zu. „Derzeit wartet der LVR auf den von der Stadt zugesagten Zeit- und Kostenplan und wird daher nun auch keine Bewertung vornehmen“, sagte eine Behördensprecherin dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Der Verband gehe davon aus, „dass es weiterhin möglich ist, konstruktive Lösungen zu finden – auch, wenn sich der zeitliche Rahmen verändern sollte“.

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