„Kötte for d‘r Zoch“Karnevalisten sammeln Geld für Umzug durch Kalk und Humboldt/Gremberg

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Mit Gitarren und Saxofon zieht eine Gruppe eine Straße entlang.

Auf der Suche nach Spenden zieht eine Gruppe Musiker durch Humboldt/Gremberg und Kalk.

Die Zoch-Orga übernimmt in diesem Jahr erstmals der neu gegründete „Nur ein Karnevalsverein“.  Das Sammeln von Geld, das Kötten, gehört dazu.

Sandra Rußkamp muss noch mal telefonieren. Das ist schnell erledigt, schon bald steht sie wieder hinter der Theke des Taunushofs, greift in die Kasse und steckt den beiden geschminkten Pänz in ihren bunten Kostümen einige Münzen in die vorgehaltenen Sammelbüchsen. „Für den Veedelszoch geben wir immer was“, erklärt Rußkamp ihr kurzes Telefonat. „Aber der Taunushof hat jetzt neue Besitzer, da fragt man besser nach.“

Nicht nur im Taunushof hat sich einiges geändert, auch der Dienstagszoch durch Kalk und Humboldt-Gremberg hat einen neuen Organisator. Nachdem sich die früher zuständige IG am vergangenen Aschermittwoch aufgelöst hatte, wurde „Nur ein Karnevalsverein“ von einigen jungen Eltern aus dem Umfeld der Kita Sievertsstraße gegründet, um die Tradition aufrechtzuerhalten. Dazu gehört auch das „Kötten“ bei Anwohnern und Geschäftsleuten, um die anfallenden Kosten etwa für Rettungsdienst, Versicherung oder Security zu decken.

Neben einem Handwagen mit selbstgebastelten Aufbauten stehen zwei verkleidete Frauen und ein Mann.

Der Wagen mit den Wahrzeichen, von Kindern auf dem Kalkfest im Sommer gebastelt.

Ein Trupp von rund 40 bunt verkleideten Mitgliedern des Vereins und Vertretern von beteiligten Gruppen hat sich an diesem Vormittag mitsamt ihren Pänz und einem selbstgebastelten Wagen mit Wahrzeichen von Kalk und Humboldt-Gremberg auf den Weg gemacht. Es geht über Taunusstraße und Trimbornstraße zur Kalker Hauptstraße, immer auf dem Bürgersteig. Drei mitgeführte Musiker kündigen den kleinen Zug mit Trompete, Gitarre und Schlagzeug an. Wo ausreichend Platz ist, nimmt man sich Zeit für ein Ständchen.

Nicht jeder Ton sitzt beim „Trömmelche“ - aber halb so wild, meint Jonas Hartung, Vorsitzender des Vereins: „Der Trompeter ist ein Lehrer des Kaiserin-Theophanu-Gymnasiums, der spielt erst seit einem Jahr.“ Hartung trägt ein großes Schild mit der Aufschrift „Kötte for d‘r Zoch“ vorneweg und ermutigt seine Mitstreiter, Passanten anzusprechen oder in die Läden zu gehen. „Wir haben die Geschäftsleute vorher mit einem ‚Kötteflyer‘ über die Aktion informiert, die sind freundlich – also, die meisten.“

Zug durch Hum-Grem und Kalk

Zug durch Hum-Grem und Kalk

Hans-Willi Hermans

In der Tat, die Jecken mit der Köttebüx treffen auf große Zustimmung, blicken in lächelnde Gesichter. Aus einem Fenster im zweiten Stock flattert ein 20-Euro-Schein herunter, eine Frau steckt einen Zehner in die Büx: „Wenn mir dat nit mehr han, han mir nix mehr“, sagt sie und ist schon wieder verschwunden. Ein junger Mann namens Hassan ist mit einem Rollkoffer unterwegs und zückt gleich die Brieftasche. „Nach dem Elften im Elften musste ich aus beruflichen Gründen für ein paar Monate nach Kapstadt und bin gerade eben zurückgekommen. Natürlich will ich jetzt Karneval feiern.“

Freikarten für Kult-Karnevalssitzung Fatal Banal in den Abenteuerhallen

Wer an diesem Morgen zu den frühen Spendern gehört, hat Glück, denn er bekommt von zwei Pinguinen Freikarten für Sitzungen von Fatal Banal. Die alternativen Kult-Karnevalisten feiern seit 2022 in den Abenteuerhallen, die beiden Pinguine, eineiige Zwillinge, gehören zur Hausband „Kalk Kapelle“: „Wir haben an zwei Terminen noch Plätze frei, die verteilen wir jetzt“, erklärt Nessi Ahrends, ihre Schwester Billie Sirinoglu sagt: „Natürlich nehmen wir auch am Zoch teil, klar. Mit der Band.“

Zwei Frauen im Pinguin-Kostüm zeigen den Flyer der Kultsitzung Fatal Banal.

Die eineiigen Zwillinge gehören zur Hausband "Kalk Kapelle".

Dass hier neue Organisatoren am Werk sind, wird auch an der ansehnlichen Zahl von Initiativen unter den 20 angemeldeten Gruppen erkennbar: Die Kalker Wanderbaumallee wird durch Aktivisten in Baumkostümen vertreten, Mitglieder der Bürgerinitiative Kalkberg wollen das Thema „Kalkropolis“ mit Tunika, Stirnband und Sandalen einbringen, und das Netzwerk für Tiere demonstriert mit einer elektrischen Kutsche, dass Karneval ohne Pferde möglich ist. Die Krake, Kölns größte ehrenamtliche Müllsammel-Gruppe und mittlerweile in Humboldt-Gremberg ansässig, ist ebenfalls dabei, schmeißt aber keine Kamelle. Denn die verursachen Müll. Auch Florian Egermann von der Initiative Trimbornstraßenfest hat so seine Bedenken: „Wir wollen unseren Sohn gerade vom Süßkram wegkriegen. Aber militante Zero-Zucker-Vertreter sind wir auch wieder nicht.“ 

Mit Kamelle werden auf jeden Fall die zwei Kitas und vier Schulen ausgerüstet, die am Zoch teilnehmen. Dafür gibt’s je 300 Euro von den Veranstaltern, auch das hat Tradition in Kalk. „Wir möchten, dass alle mitgehen können und alle einbezogen werden“, sagt Hartung. Deshalb auch ist der Flyer, der den Zug ankündigt, in fünf Sprachen abgefasst: Arabisch, Türkisch, Italienisch, Deutsch und Englisch, und die Teilnahme am Zoch ist für alle Gruppen kostenfrei.

„Wir sind kein Abklatsch des Rosenmontagszugs, wir sind ein Veedelszoch, sehr basisorientiert“, so Hartung. Die Gremberger Junge und Mädcher sind selbstverständlich auch wieder dabei, und mit „Kalk Kapelle“ und der Band Pimmock geben örtliche Kräfte musikalisch den Ton an. Das Kwaggawerk will sich ebenfalls anschließen, wenn „die Tuba“ rechtzeitig eintrifft. „Die Tuba“ weilt derzeit im Ausland und soll erst am Rosenmontag wieder einfliegen – aber derzeit kann man das ja nicht so genau sagen.

Was die Deckung der Kosten angeht, ist Hartung einigermaßen zuversichtlich. Schon das Familienfest im Bürgerhaus und die Party in der Bar Hopla, die beide der Finanzierung dienen, waren sofort nach Bekanntgabe der Termine ausverkauft. Die Hopla-Party findet am Samstag, 10. Februar, statt und ist eigentlich eine vorgezogene „After-Zoch-Party“, ein Vorgriff. „Ab dem nächsten Jahr soll der Zoch nämlich samstags stattfinden“, erläutert Jonas Hartung.


Der Veedelszoch Kalk/Humboldt-Gremberg startet am Dienstag, 13. Februar, um 13.30 Uhr an St. Heribert, Ecke Pfarrer-Moll-Straße und Gremberger Straße.

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