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„Reine Elendsverwaltung”Kölner Wirte kritisieren Konzept zum 11.11. scharf

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Dicht gedrängt feierten Jugendliche Weiberfastnacht auf der Zülpicher Straße in Köln. 

Köln – In fünf Wochen ist der 11.11. und noch immer gibt es Unzufriedenheit mit dem Feierkonzept zum Auftakt der Karnevalssession auf der Zülpicher Straße. Es gebe „so gut wie niemanden, der das Konzept auch nur im Ansatz für tragbar hält“, sagte Gastwirt Markus Vogt von der IG Kwartier Latäng. Gemeint ist, dass es – aus Sicht vieler Wirte in dem Viertel – keine Strategie gebe, das „jugendliche Partyvolk“ am 11.11. von der Zülpicher Straße fernzuhalten.

Das jüngst von der Stadt skizzierte Konzept, zwar die Entlastungsfläche an der Unimensa nicht mehr einzubeziehen, wohl aber die Nebenstraßen im Kwartier Latäng zu bespielen, sei „die reine Elendsverwaltung“, werde aber nichts ändern.

Angst vor Exzessen am 11.11. in Köln

Weil der Sessionsauftakt dieses Jahr auf einen Freitag fällt und womöglich viele Feiernde noch Nachholbedarf wegen der Pandemie haben, befürchtet Vogt einen „11.11., wie wir ihn noch nie gesehen haben“. Auch OB Henriette Reker sagte jüngst im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, der 11.11. werde „auch dieses Jahr nicht schön“.

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Um Exzesse wie in der vergangenen Session zu vermeiden, beauftragte die Stadt unter anderem eine externe Crowd Managerin, die ein Gutachten als Grundlage für ein Feierkonzept erstellte. Dieses Gutachten, dessen Inhalte dem Vernehmen nach lange umstritten gewesen sein sollen, sieht neben dem Wegfall der Entlastungsfläche an der Uni auch nur einen Eingang in die Sperrzone vor, um den Barbarossaplatz zu entlasten.

Kölner Wirte: „Grundproblem am Sessionsauftakt bleibt bestehen”

Eine von den Wirten favorisierte, komplett neue und etwas verlagerte Entlastungszone auf den Ringen hält das Gutachten für „nicht zielführend“, unter anderem aus finanziellen Gründen und weil dieses Konzept nur einen weiteren Hotspot in dem problematischen Einsatzumfeld schaffen würde.

Das Grundproblem, das so viele Anwohnerinnen, Gastwirte und Einsatzkräfte von Polizei, Ordnungsamt und Sicherheitsdienst verärgert, hält die Stadt aber weiter für schwer lösbar. „Die grundsätzliche Problemstellung bleibt jedoch bestehen: Es drängt am 11.11. wie auch an einigen Tagen während des Straßenkarnevals nach wie vor eine viel zu große Anzahl von Menschen gleichzeitig in den begrenzten Raum eines einzelnen Stadtquartieres“, teilte die Stadt mit. „Der enorme Alkoholkonsum und die Anziehungskraft der Zülpicher Straße als Hotspot für ein bestimmtes Publikum verschärfen die Situation dort zusätzlich.“

Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ arbeitet die Stadtverwaltung an einer Imagekampagne, die noch vor dem 11.11. in den sozialen Medien veröffentlicht werden und zur Beruhigung der Feierszene im Kwartier Latäng beitragen soll. Weder Details zum Inhalt, noch ein Termin zur Veröffentlichung sind bisher bekannt.

Sollte die Imagekampagne tatsächlich ausgerollt werden, würde damit eine von vielen Forderungen von Anwohnern und anderen Kritikern der Zustände auf der Zülpicher Straße umgesetzt. Eine nach den Ausartungen der bisher letzten Karnevalstage auf der Zülpicher Straße abgehaltene Bürgerdiskussion in der Herz-Jesu-Kirche hatte unter anderem ergeben, dass viele Betroffene eine Werbekampagne an Touristen aus dem Umfeld befürworten würden. Darin könnten - so die damals vorgetragenen Ideen - vor allem Jugendliche und junge Erwachsene gezielt angesprochen werden, nicht zum Trinken ins Kwartier Latäng zu kommen – auch, aber nicht nur an Karneval.

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Ebenso gefordert wurde ein örtlich und zeitlich begrenztes Verkaufsverbot von Alkohol an Wochenenden sowie an allen Karnevalstagen außerhalb von Gaststätten. Das entzöge zwar einerseits den Kiosken und wenigen Supermärkten der Gegend zumindest einen Teil der Geschäftsgrundlage. Andererseits – so hieß es von den Befürwortern - könnte so der Nachschub an Alkohol irgendwann im Laufe einer Partynacht oder des 11.11. versiegen und die übelsten Ausartungen verhindern.

Für ein Alkoholverbot wäre allerdings ein Gesetz auf Landesebene nötig. Die Stadt teilte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ jüngst erneut mit, dass sie „ein Verbot des Alkoholkonsums in der Öffentlichkeit in Nordrhein-Westfalen für juristisch nicht umsetzbar“ hält. Die Gefahr, eine solche Verfügung vom Verwaltungsgericht wieder kassiert zu bekommen, ist den Verantwortlichen in der Stadtverwaltung zu groß.

Sessionsauftakt vermutlich ohne große Corona-Beschränkungen

Noch ist die genaue Pandemie-Lage im November nicht absehbar, aber vermutlich wird der Auftakt in den Straßenkarneval ohne größere Corona-Beschränkungen stattfinden. Das unterscheidet ihn auch vom 11.11. im vergangenen Jahr, als die Bilder zigtausender Feiernder auf der Zülpicher Straße um die Welt gingen und teils heftig kritisiert wurden.

Von einem zu wenig verantwortungsvollen Umgang mit der Pandemie war die Rede, auch weil mehrere Medien, darunter der „Kölner Stadt-Anzeiger“, berichteten, dass viele Feiernde auch ohne die eigentlich obligatorische 2G-Kontrolle in die Sperrzone gelassen wurden.

Kölner Karneval: Gleiche Sicherheitsfirma wie im Vorjahr

Der Auftrag für einen Sicherheitsdienstleister, der unter anderem für den Einlass in die gesperrten Bereiche zuständig ist, wurde nach dem vergangenen Jahr neu ausgeschrieben. „Die Ausschreibung erfolgte entsprechend der rechtlichen Vorgaben europaweit und transparent“, teilte die Stadt dazu mit.

Ergebnis der erneuten Ausschreibung ist, dass das Unternehmen Master Logistics aus Bergisch Gladbach den Auftrag bekommen hat – und damit das gleiche wie im vergangenen Jahr. Dieses Unternehmen habe „alle Anforderungen erfüllt“, teilte die Stadt mit.

„Ein zweiter Bieter konnte diese Anforderungen dagegen nicht erfüllen und musste vom Verfahren ausgeschlossen werden.“ Master Logistics war in den vergangenen Jahren unter anderem auch für die Umsetzung des Sicherheitskonzepts bei den Kölner Lichtern und beim Köln Marathon verantwortlich – und nach der verheerenden Silvesternacht 2015/16 auch bei den Feiern zum Jahreswechsel in der Innenstadt.

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