Ab in die BüttVera Passy will als „Et Vünkchen“ die Kölner Karnevalssäle erobern

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Vera Passy posiert lächelnd vor der Severinstorburg.

Vera Passy tritt als „Et Vünkchen“ im Kölner Karneval auf.

In der Serie „Ab in die Bütt“ begleiten wir die Büttenredner-Newcomerin Vera Passy.

Der Rücken durchgestreckt, die Hände in den Hüften und die Füße in der beim Tanzen typischen fünften Position, die Hacken an die Zehen: Es ist als würde ein Schalter umgelegt, als Vera Passy sich für das Foto vor der Severinstorburg aufstellt. Auf Kommando richtet sich ihr ganzer Körper auf, steht wie unter Strom und ihre Lippen verziehen sich zu einem strahlenden Grinsen.

Vera Passy im glitzernden Kleid und mit rotem Hut.

Vera Passy als Et Vünkchen beim Jubiläumsvorstellabend.

Jecke ahnen schnell: Diese Frau hat Garde getanzt. Darauf deutet auch ihr Name als Büttenrednerin hin – „Et Vünkchen“, abgeleitet von „Funkemarieche“. Die Geschichte ihrer Figur ist trotzdem weit vom persönlichen Werdegang der 41-Jährigen entfernt.

Köln: Büttenrednerin spielt tragisch gefallenes Funkemariechen

Die Karriere ihrer Figur nahm ein jähes – und ebenso dramatisches – Ende: Das Funkemariechen ist in der vergangenen Session „vom Major gefallen“, also bei einer Hebefigur gestürzt und hat sich sämtliche Knochen gebrochen. Aus und vorbei war die Tanzkarriere. Aber ohne Karneval und ohne Bühne kann das Funkemarieche nicht, das wusste sie schon immer. Und so kommt „Et Vünkchen“ als Rednerin zurück. Und wie viele andere vor ihr will sie nach dem schrecklichen Unfall nicht Trübsal blasen, sondern das Leben noch viel mehr genießen. Die einen werden dann Motivationstrainer – oder heutzutage Influencer – das Funkemariechen aber wird Büttenrednerin und will ihr Publikum vom positiven Denken überzeugen. Das ist ihre neue Mission.

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Vera Passy (l.) als Gardetänzerin bei der KG Brööker Waaterratte aus Oberbruch

Vera Passy (l.) als Gardetänzerin bei der KG Brööker Waaterratte aus Oberbruch

Was Vera Passy von ihrer Kunstfigur unterscheidet: Erstmal ist Passy selbst keine Kölsche. Geboren im Oberallgäu und aufgewachsen im Rheinland lernt sie den Karneval aber trotzdem früh kennen. In einem großen Saal bei ihr zu Hause, die Eltern kommen aus der Gastronomie, fanden sämtliche Sitzungen statt – „und ich halt immer mittendrin“. Die Bühne hatte es ihr besonders angetan: „Ich habe da immer gestanden und habe gespielt, der Saal wäre voll und ich würde die Leute unterhalten. Das war halt voll mein Ding.“ Versteht sich, dass Passy auch bei Familienfeiern immer eine Show darbot.

Vera Passy ist Schauspielerin im Scala-Theater und der Volksbühne

Im Grundschulalter fing sie dann auch tatsächlich an, beim Gardetanz die Beine hoch zu schmeißen. Im Gegensatz zum Funkemariechen, das Passy jetzt porträtiert, flog sie aber nicht selbst durch die Luft und hätte damit auch nie vom Major fallen können. Ihre Gardetruppe war rein weiblich und hat keine Hebungen gemacht. Passy musste das Gardetanzen auch nicht wegen eines tragischen Unfalls aufgeben, sondern wegen ihrer Schauspielausbildung. „Meine Bewegungen waren wohl alle immer sehr zackig und der Gardetanz hat der allgemeinen Durchlässigkeit, die man im Schauspiel haben soll, nicht so gutgetan.“ Das war 2004, während Passys Zeit an der Arturo Schauspielschule in Köln.

Heute steht Vera Passy hauptsächlich im Scala-Theater, beim improvisierten Musical „It’s my Musical“ in der Volksbühne am Rudolfplatz und als Stand-up-Comedienne bei den „Smoking Rats“ auf der Bühne. Und während der Session seit Kurzem auch als „Et Vünkchen“ im silbernen Paillettenkleid mit roten Stiefelchen und Hut. Die Entscheidung, sich als Rednerin im Karneval zu versuchen, entstand während der Pandemie: Mit ein paar Freundinnen hat sie eine Online-Sitzung organisiert – sonst ging ja nichts. „Es war ganz anarchisch, aber so konnten alle zu Hause sitzen und trotzdem für anderthalb, zwei Stündchen ein bisschen Spaß haben.“ Passy stellte dabei die Sitzungspräsidentin dar.

Festkomitee Kölner Karneval sucht regelmäßig Nachwuchskünstler

„Ich hatte total Spaß an dieser Moderation, an dieser Energie und der Karnevalsstimmung.“ Ein Zuschauer der Online-Sitzung merkte das offenbar und schickte ihr einen Link vom Festkomitee Kölner Karneval: Das suchte zu der Zeit nach jecken Nachwuchskünstlerinnen und -künstlern für sein Förderprogramm. Passy bewarb sich mit einer Reimrede als „Et Vünkchen“ – mit dem Spitznamen „Vünkchen“ hatte ihr Mann sie zuvor schon getauft – und startete im Sommer 2021 mit der Rednerschule des Literarischen Komitees.

VIn der vergangenen Session konnte sie sich etwa als Moderatorin des Jubiläumsvorstellabends des Festkomitees beweisen und honorierte dabei fast alle Künstlerinnen und Künstler, die in den vergangenen rund 50 Jahren von der Akademie gefördert wurden. Was eine langweilige Auflistung von Namen hätte werden können, verpackte „Et Vünkchen“ in eine Sitzordnung und bewies damit ihre Kreativität. Das Publikum war begeistert von der Nachwuchskünstlerin. So auch die 1. Damengarde Coeln, die Passy bei der Premiere des Rede-Wettstreits „Prix de la Bütt“ als beste Nachwuchsrednerin kürte. Der Preis: Ein Auftritt bei der Urkölschen Sitzung der Damengarde im Maritim Hotel. Und was steht diese Session an? „Ich würde gerne überhaupt auftreten.“ Pläne gibt es schon, Luftschlösser möchte Vera Passy aber noch nicht bauen.

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