Die Stunksitzung hat am Mittwochabend (10. Dezember) Premiere gefeiert. Die Jungen, die SPD, Tech-Giganten: alle bekamen etwas von den Stunkern ab.
Kölsch statt KämpfenKriegstaugliche Funken, leere Stadtkasse, Klöckner – So war die Stunker-Premiere

Funken-Wehrpflicht: Wie kriegstauglich sind die Roten Funken? Die Stunker sind der Meinung: lieber Kölsch trinken statt kämpfen.
Copyright: Michael Bause
Die Waffen der roten Funken sind Konfettikanonen, ihr Wasserwerfer ist der stramme Pissstrahl vom Wagen des Rosenmontagszugs, wenn der Funk mal wieder acht Stunden ohne Toilette dort verharren muss. Kriegsgüter rechnen sie lieber in Promille statt in Euro. Die Premiere der Stunksitzung 2025/2026 im E-Werk startet mit dem stärksten Sketch des Abends.
Didi Jünemann als „Funken-General Pitter“, Doro Egelhaaf als „Schmaal“ und Martina Klinke als „Määtes“ sinnieren darüber, wie man die Kriegstauglichkeit der Funken stärken, aus dem Müllemer Böötche die Kriegsflotte machen und wie man die „Zeitenwende – was Seitenwände?“ umsetzen kann: Doch die Antwort der Funken auf Militarisierung und Aufrüstung lautet: „Mer trinke för de Weltfriede“. So können auch die Russen sie nicht treffen, denn: „Mer schwanke zu sehr!“. Eine perfekte Mischung aus Satire und kölscher Narrheit.

Krakeelende Alice: Bei einem Filmcasting wird die Besetzung für Alice Weidel gesucht. Viele haben bereits abgesagt. Die Interpretation gelingt super.
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Auch das gängige Bild vom Bösewicht schwankt: Lord Voldemort aus Harry Potter und Darth Vader von Star Wars erblassen angesichts der neuen Bösen Jeff Bezos, Mark Zuckerberg und Elon Musk. Die Identitätskrise der Schurken kann den, dessen Namen man nicht aussprechen darf, schonmal zum Weinen bringen. Darth Vader verabschiedet sich dann auch zur Titelmelodie von Heidi, dem Schweizer Alpenmädchen. Doch ein Trost kann die Erkenntnis sein, dass man den „Tech Bros doch einfach den Stecker ziehen müsste: denn ohne Strom und Netz sind sie nichts“.
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Darth Vader und Lord Voldemort geraten in eine Identitätskrise angesichts der neuen Bösewichte: Tech Bros wie Mark Zuckerberg, Elon Musk oder im Foto zu sehen: Jeff Bezos.
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Wer eine Filmbesetzung für Alice Weidel sucht, sollte Anne Rixmann anfragen: Im Sketch „Alice“ interpretiert sie meisterhaft eine gestörte Bundesfraktionsvorsitzende. Sie reißt die Augen weit auf und krakeelt im Zustand des Wahnsinns: „Auch Frauen können richtig kranke Arschlöcher sein. Ich bin homophob und lesbisch, aber nicht queer. Ich bin mit einer Frau zusammen, die aussieht wie ein Kopftuchmädchen.“
Jeck Tok bei der Stunksitzung 2025/2026
Stark ist auch „Jeck Tock“, angelehnt an die Videoplattform TikTok: In einer Smartphone-Kabine wechseln sich in Sekundenschnelle Darbietungen ab, eine große Hand wischt die Inhalte weg – der Bauer des Dreigestirns tanzt zum Beat, wisch, eine Influencerin erklärt, wie man Kondome häkelt, wisch, Katzenvideo, wisch. Die Aufmerksamkeitsspanne des mutmaßlich jungen Konsumenten ist kurz.

Und wisch: Die große Hand wischt alle paar Sekunden die Video-Inhalte in der Smartphone-Kabine weg. Nennt sich: Jeck Tock.
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Durch die Stunksitzung zieht sich die Generationen-Frage. Mit „Boomer“ verhandelt sie das große Thema Rente. Das passiert vor allem einseitig aus ihrer Perspektive, von den Jüngeren wird Solidarität erwartet. Doch Stunker wären keine Stunker, wenn sie sich dabei nicht selbst auf die Schippe nehmen würden. Das Publikum ist mit dem 1983 gegründeten Ensemble gealtert, die Frage nach dem Nachwuchs im Publikum und auf der Bühne drängt sich geradezu auf. So beklagt das Alter Ego von Sitzungspräsidentin Biggi Wanninger, Stiwwels Jupp, den Bedeutungsverlust des Kölschen – sowohl des flüssigen als auch des Gesprochenen. Kölsch sei „Herzensbildung flüssig gemacht“ – man kann es auch als Anstiftung zum Trinken interpretieren.
Pünktlich holt sie also wieder eine Spitze gegen die Jugend hervor, denen Gesundheit und „detox“ wichtiger sei: „Aber wenn man detox machen will, muss man auch erstmal tox machen!“ Die Portion Selbstironie fehlt dabei nicht: So muss es ja die Aufgabe der Älteren sein, die Jugend heranzuführen. Jupps Lösung: „Kölsch zum Unesco-Welterbe zu erklären und Bier-Lose verteilen wie nach dem Krieg die Buttermarken.“
Kirchen und Woelki bei der Stunksitzung
Der mittlere Teil plätschert etwas vor sich hin, der Kirchensketch etwa zieht nicht so richtig: Eine Marketingagentur soll das Image der Kirche aufpolieren, der Beichtstuhl wird zum „deep talk chair“, der Markenkern soll mehr Sexiness enthalten: Aber Mitgliederschwund und Vertuschungsgesten von Kardinal Woelki sind eben nicht mehr ganz neu. Ein Blickfang ist das Kostüm, ein Riesengewand, in dem sich mehrere Würdenträger gleichzeitig bewegen müssen.

Die Imageberater Martina Klinke (l.) und Ozhan Akhan erklären den Würdenträgern, wie sie das Image der Kirche durch mehr Sex aufpolieren.
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Köbes Underground spielt „Badeverbot“
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Lokale Missstände werden hier und da beklagt, die eine große Nummer gibt es dazu nicht. Das stört aber nicht weiter, denn die Hausband Köbes Underground greift das kölsche Chaos dafür in ihren Songs öfters auf: In „Raus aus Kölle“ schafft man es vor lauter Stau nicht aus der Stadt; in „Badeverbot“ geht es um das neue Verbot, im Rhein zu schwimmen. Und in der „Kasse von Kölle“ zu der Musik von „Dat Wasser vun Kölle“ heißt es zur jüngst verhängten Haushaltssperre der Stadt Köln: „O leever Jott, jev uns Zaster, denn janz Kölle brauch Geld“ und „die Kasse von Kölle sin leer“. Zu Melodien von Talking Heads, Falco, Paul Simon und L.S.E. („Posaunenboys“) gab es kreative Liedadaptionen.

Aischa-Lina Löbbert liest den Groschenroman „Julia“ vor: Anne Rixmann spielt Klöckner, Günther Ottemeier Jörg Pilawa.
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Gabi Köster als Mutter Erde bei der Stunksitzung
Der Groschenroman „Julia“ über die Bundestagspräsidentin Julia Klöckner geriet zum Highlight. Wie Aischa-Lina Löbbert den Groschenroman vorliest und Anne Rixmann dazu die als rheinland-pfälzische Weinkönigin verkleidete Politikerin mimt: sehr lustig. Das Publikum konnte sich nicht mehr halten, als ihr Traummann Jörg „Pi-Lover-Lover“ auf die Bühne tritt und verführerisch raunt: „Komm, wir fahren nach Sylt und sprechen die Namen meiner Shows nach: ‚Quizduell‘, ‚Das 1 Prozent Quiz‘“.

Bühnenbild Sketch „Die Geschichte der Erde“ mit Gaby Kösters Beitrag als Stimme der Mutter Erde.
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Ästhetisch toll umgesetzt ist „Die Geschichte der Erde“, in der Martina Klinke die Evolutionsgeschichte vorliest: Hinter transparenten Wänden malen die Darsteller dazu mit Wandfarbe das Erzählte nach. Erst den Urknall, dann die Gewässer. Der Rhein kommt gleich nach dem Atlantik. Mit dem Homo Sapiens traten Skrupellosigkeit und Egoismus auf den Plan. Gabi Köster, die als Stimme der Mutter Erde zu hören ist, hat eine Botschaft für die Erdbewohner: „Ihr braucht euch für den Klimawandel bei mir nicht zu entschuldigen, Ihr habt doch die Probleme damit. Wenn ihr weg seid, mach' ich halt was Neues. Alaaf.“
Der Vorverkauf für Stunksitzung im Dezember 2027 ist gestartet. Für die aktuelle Sitzung gibt es noch Restkarten unter stunksitzung.de.

