Kirchenaustritt in KölnTermine bei Notaren stark nachgefragt – Verfahren im Überblick

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Euromünzen und -scheine

Köln – Angesichts des Ansturms auf Kirchenaustrittstermine beim Amtsgericht Köln hat sich die Behörde für eine Aufstockung des Angebots entschieden. Dies sagte Gerichtssprecher Maurits Steinebach dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die „Ausbuchungsgeschwindigkeit“ am 1. Mai, an dem auf dem Buchungsportal des NRW-Justizministeriums 1500 Termine für den Monat Juli freigeschaltet worden waren, habe gezeigt, „dass wir nochmal nachsteuern müssen“, sagte Steinebach.

Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtet hatte, waren am Maifeiertag bereits eine Stunde nach Mitternacht nur noch 300 Termine verfügbar. Um 9.45 Uhr war auch dieses Kontingent vergriffen. Die nächsten Gelegenheiten für einen Gerichtstermin gibt es regulär erst wieder im August. Steinebach konnte noch nicht sagen, wann und wie das Amtsgericht sein Angebot erweitert. „Das ist Gegenstand laufender Planungen.“

Täglich Beglaubigungen

Nach Recherchen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ verzeichnen auch die Kölner Notare eine stark erhöhte Nachfrage nach Beglaubigungen für den Kirchenaustritt. „In zehn Jahren hatte ich insgesamt vielleicht zehn solcher Vorgänge“, berichtet ein Notar aus der Innenstadt. „Seit Herbst 2020 sind es bis zu fünf pro Woche.“ Die Rheinische Notarkammer bestätigt die Schilderung. „In der Praxis kommen Kirchenaustritte häufiger vor als früher.“

Wäre die genannte Zahl auch nur annähernd repräsentativ für die rund 50 Kölner Notariate, müssten sich die Kirchen für das Jahr 2021 auf einen zusätzlichen Mitgliederverlust in fünfstelliger Höhe einstellen. Beim Amtsgericht beläuft sich die Zahl bis Ende Juli auf dann knapp 9000. 

Deutlich teurere Variante

Der Gang zum Notar ist die deutlich teurere Variante für einen Austritt. Während das Amtsgericht die Verwaltungsgebühr für den Austritt mit 30 Euro angibt, kommt beim Notar laut Kammer ein Betrag in mindestens gleicher Größenordnung dazu. Die Kosten können aber nach Angaben eines Notars durchaus auch an die 100 Euro betragen – je nachdem, welchen Aufwand die jeweilige Kanzlei zugrunde legt.

Die Notariate sind im Grundsatz zu Beurkundungen verpflichtet. Einige Kanzleien habe aber inzwischen – ähnlich wie das Gericht – ihr Terminangebot für Austritte wegen des hohen Aufkommens und unter den Bedingungen der Pandemie limitiert, so dass es auch hier zu Wartezeiten kommen kann. 

Nur bei Gericht oder beim Notar

Der Kirchenaustritt muss in Deutschland zwingend vor einer staatlichen Stelle erklärt werden. In NRW kommt dafür neben dem Amtsgericht ein Notariat in Frage. Von dort wird die beglaubigte Erklärung dann ebenfalls an das Amtsgericht weitergeleitet. „Eine Austrittserklärung in einfacher Schriftform ist nicht möglich. Sie kann nur höchstpersönlich abgegeben werden, eine Bevollmächtigung ist nicht zulässig“, erklärt Michael Bertrams, der ehemalige Präsident des Oberverwaltungsgerichts Münster.

Die Formalität sei notwendig „wegen der mit dem Kirchenaustritt verbundenen Rechtsfolgen, insbesondere mit Blick auf den Wegfall der Kirchensteuer“. Die Pflicht zur Zahlung der Kirchensteuer endet in Nordrhein-Westfalen mit Ablauf des Austrittsmonats.

Mitteilung an Kommune und Finanzverwaltung

Austrittswillige müssen sich mit dem Personalausweis oder einem anderen amtlichen Dokument (etwa einer Meldebescheinigung) ausweisen, in dem die Wohnadresse vermerkt ist. „Der Austritt wird bescheinigt, das Amtsgericht teilt ihn der Stadt- oder Gemeindeverwaltung mit. Diese übersendet die Daten elektronisch an die Finanzverwaltung zur Änderung der persönlichen Lohnsteuerabzugsmerkmale.“

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Im Digitalzeitalter wäre es wünschenswert, bürokratische Abläufe zu vereinfachen und Bürgerinnen und Bürgern für Kirchenaustritte Online-Möglichkeiten zu eröffnen, findet Bertrams. „Dazu bedürfte es jedoch nicht nur einer Änderung des NRW-Kirchenaustrittsgesetzes, sondern auch einer entsprechenden technischen Ausstattung der Austrittswilligen.“ Solange es daran fehle, „führt mit Blick auf die Rechtsfolgen des Kirchenaustritts kein Weg am Gang zum Gericht oder zum Notar vorbei“.

Für den umgekehrten Weg gilt übrigens ein anderes Verfahren: Bei einem Kircheneintritt hält der Staat sich komplett heraus. Zuständig ist die Kirchengemeinde am Wohnort.

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