Fachkräftemangel spitzt sich zuEltern in Not – Kölner Kitas schränken Betreuungszeiten ein

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Mit bunten Buchstaben sind die Worte Erzieher*in gesucht· geformt, die an einem Zaun einer Kindertagesstätte befestigt sind.

Erzieherinnen und Erzieher werden auch in Köln dringend benötigt. Die Personalnot spitzt sich immer weiter zu.

Immer häufiger müssen Eltern ihre Kinder früher aus der Kita abholen, weil Personal fehlt. Nun schränkt die Stadt die Betreuung weiter ein.

Der Personalmangel in Kölner Kitas spitzt sich immer weiter zu. Vielerorts ist daraus längst der Normalzustand geworden – was die Not der Beteiligten nur größer macht. Die verbliebenen Beschäftigten ächzen unter der zusätzlichen Belastung, die sie auffangen müssen. Die Eltern versuchen mehr schlecht als recht, Job und gekürzte Betreuungszeiten irgendwie miteinander zu vereinbaren. Dazu kommen aktuell noch die Streiks. Und natürlich leiden am Ende die Kinder, die den Stress von allen Seiten spüren und in deren Kitas statt frühkindlicher Bildung und pädagogischer Angebote vor allem eine Mangelverwaltung stattfindet.

In den 218 städtischen Kitas hat sich die Anzahl der unbesetzten Stellen nach Angaben der Stadt von zuletzt rund 150 auf inzwischen 200 erhöht. Im Schnitt fehlt damit in jeder Kita mindestens eine Fachkraft. Auch andere Träger wie die beiden kirchlichen oder die Arbeiterwohlfahrt (Awo) kämpfen mit dem Fachkräftemangel. Einige greifen daher sogar schon auf Zeitarbeitskräfte zurück, um Stellen überhaupt besetzen zu können. Die Stadt geht davon aus, dass im Jahr 2025 bis zu 1400 Erzieherinnen und Erzieher in Kölner Kitas fehlen könnten.

Köln: Immer mehr Kitas müssen Betreuungszeiten kürzen

„Die Lage ist wirklich ernst“, schreibt die Jugendamtsleiterin Dagmar Niederlein mit Blick auf den Personalmangel in einem Brief an die Eltern der 17.000 Kinder, die in städtischen Kölner Kitas betreut werden. Immer mehr Kitas hätten in den vergangenen Wochen und Monaten das Betreuungsangebot kürzen müssen. Nun sei es notwendig, das vorhandene Personal „so effizient wie möglich“ einzusetzen. Die Folge: Ab August müssen Eltern ihre Kinder zu verbindlich festgelegten Zeiten bringen und abholen.

Bisher konnten Eltern mit einem 35-Stunden-Vertrag die tägliche Betreuungszeit von sieben Stunden flexibel gestalten. Mit der „aktuellen Personalausstattung“ sei diese Flexibilität nicht mehr möglich, teilt die Jugendamtsleiterin mit. Daher wird in allen städtischen Kitas ein sogenanntes Blockzeitmodell für 35-Stunden-Verträge eingeführt. Das vorhandene Personal könne so „effizienter“ eingesetzt werden.

Die Lage ist wirklich ernst
Dagmar Niederlein, Leiterin des Kölner Jugendamtes

Jede Kita soll in Abstimmung mit dem jeweiligen Elternbeirat für ein Jahr festgelegte Bring- und Abholzeiten vereinbaren, beispielsweise von 8 bis 15 Uhr oder von 7.30 bis 14.30 Uhr. Doch für manche Eltern ist das ein Fiasko: „Bisher habe ich meinen Sohn zwischen 15.30 Uhr und 16 Uhr abgeholt. Künftig müssen wir ihn bis 14.30 Uhr abholen“, berichtet eine Mutter aus Mülheim. „Ich arbeite aber bis mindestens 15 Uhr und weiß nicht, wie ich das künftig machen soll.“ Eine Aufstockung auf 45 Stunden sei in ihrer Kita nicht möglich.

„Uns ist bewusst, dass dies zulasten der flexiblen Gestaltung des Familienalltags geht“, heißt es im Elternbrief des Jugendamts. Man verspreche sich davon aber, dass künftig die Betreuung nicht mehr so kurzfristig eingeschränkt werden müsse. „Wir erhoffen uns von dieser Maßnahme, dass wir für die uns anvertrauten Kinder somit wieder ein verlässliches stattfindendes Angebot vorhalten können.“

Kölner Kita-Eltern zahlen vollen Beitrag trotz gekürzter Betreuungszeit

Aktuell sind viele Kitas davon weit entfernt: Verkürzte Öffnungszeiten gibt es in den Einrichtungen verschiedener Träger immer dann, wenn die nötige Anzahl von Fachkräften nicht mehr vorhanden ist, um die Kinder zu betreuen. Mal sind es einzelne Tage, mal Wochen oder gar Monate.

In der städtischen Kita in der Weidengasse etwa wurden die Betreuungszeiten seit Dezember von 45 auf 37,5 Stunden reduziert. Die Eltern mit einem 45-Stunden-Vertrag zahlen aber weiter die vollen Beiträge. Der Elternrat der Kita ruft die Eltern nun dazu auf, sich zu wehren: So sollten diese unter anderem die seit Dezember zu viel gezahlten Beiträge vom Jugendamt zurückfordern – immerhin rund 17 Prozent des gesamten Elternbeitrags.

Köln: Neue Kitas können nicht öffnen, wenn Personal fehlt

Vor kurzem wurde eine von ursprünglich vier Gruppen aufgelöst und die Kinder auf die verbleibenden Gruppen aufgeteilt. Außerdem kritisiert der Elternrat, dass die Stadt allen Eltern nur noch 35-Stunden-Verträge anbietet: Das sei eine „versteckte Einwilligung in dauerhaft weniger Betreuungszeit“ und „keine Lösung“, heißt es in einem Schreiben, das der Redaktion vorliegt.

Angesichts des akuten Fachkräftemangels könnte es nach Aussagen einer Stadtsprecherin „zunehmend kritischer“ werden, neue Kitas in Betrieb zu nehmen, weil das Personal fehlt. Auch andere Träger könnten mit neuen Kitas teilweise nur in reduzierter Gruppenstärke an den Start gehen.

Sowohl Stadt als auch andere Träger wie etwa die Awo legen den Fokus darauf, erst einmal das Team in bestehenden Kitas stabil zu halten, bevor neue Einrichtungen oder Gruppen eröffnet werden können. So sollen laut Stadt „möglichst verlässliche Öffnungszeiten und eine gute Bildungsqualität“ sichergestellt werden.

Der Fachkräftemangel dürfte damit auch den Ausbau der Kitaplätze bremsen. Denn ohne Personal können keine neuen Betreuungsangebote geschaffen werden. Dabei wären die dringend nötig, um die von der Stadt selbst gesteckten Zielquoten in der Kinderbetreuung irgendwann zu erreichen.

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