Klage gegen Erzbistum KölnGerichtstermin mit kabarettreifen Einlagen

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Symbolbild

Köln – Selten dürfte es vor dem Arbeitsgericht Köln so unterhaltsam zugegangen sein wie am Freitag. In der von Richter Christian Ehrich geleiteten Verhandlung über die Klage einer leitenden Mitarbeiterin des Erzbistums Köln gegen ihren Arbeitgeber sorgten Ehrichs Expeditionen in die Weiten des katholischen Kosmos mit all seinen Gepflogenheiten immer wieder für Heiterkeit im Saal.

Nur für die Klägerin ging die bisweilen kabarettreife halbe Stunde nicht so spaßig aus: Am Ende unterlag sie mit ihrer Forderung, in ein beamtenähnliches Arbeitsverhältnis übernommen zu werden.

Kirchliche Spezialität

Mit dieser kirchlichen Spezialität einer Quasi-Verbeamtung kommen die so Beschäftigten unter anderem in den Genuss einer Pension nach Beamtenrecht. Vor Gericht wurde deutlich, dass die Klägerin erfolgreich arbeitet und dafür geschätzt wird. Allerdings wird ihr bis heute der Benefit des Beamtenstatus vorenthalten. Hingegen waren fast 60 Kolleginnen und Kollegen der Klägerin früher oder später vom Erzbistum in ein beamtenähnliches Dienstverhältnis übernommen worden.

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Für das Erzbistum pochte der Bonner Rechtsanwalt Axel Groeger auf die Praxis von Einzelfallentscheidungen. Es gebe „kein Recht zur Forderung“ an den Arbeitgeber. Vielmehr nehme der Generalvikar als Dienstvorgesetzter für sich in Anspruch, zu bestimmen, wann er entscheide und wie er entscheide. Dass hier die Rede nicht vom „exkommunizierten“, sondern nur vom inzwischen abgelösten Generalvikar Markus Hofmann war, gehörte für Richter Ehrich zum Erkenntnisgewinn über den katholischen Kosmos.

Menschlich verständlich, juristisch problematisch

Der Wunsch nach dem Beamtenstatus sei menschlich verständlich, führte Ehrich auf Nachfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus. Klar wolle jeder gern in dieser komfortablen Kate sitzen. Aber juristisch gesehen, gebe es darauf nach den kirchlichen Regelungen keinen Anspruch - zumindest keinen, der seitens der staatlichen Gerichtsbarkeit gegen die Kirche und ihr spezifisches Arbeitsrecht durchsetzbar sei.

Der berühmte „Chefarzt-Fall“, in dem ein geschiedener Düsseldorfer Mediziner letztlich erfolgreich bis in höchste Instanzen gegen seine Kündigung wegen einer zweiten Heirat geklagt hatte, sei nicht vergleichbar. Der Mediziner sei mit dem drohenden Job-Verlust in seiner Existenz bedroht gewesen. Das sei bei der Frage nach der Art eines Dienstverhältnisses nicht gegeben.

Selbstbestimmung als „heilige Kuh“

Wie das Erzbistum bislang agiert habe, habe aber doch mit Gleichbehandlung nichts zu tun, trumpfte die Klägeranwältin auf. Das freie Ermessen des Arbeitgebers werde hier zum „Recht auf Willkür“, zumal es keinen Sachgrund gegeben habe, ihrer Mandantin die Besserstellung vorzuenthalten.

Ehrich hielt dem eines der wichtigsten Privilegien der Kirchen entgegen: ihr Recht auf Selbstbestimmung, das 1949 aus der Weimarer Reichsverfassung ins Grundgesetz übernommen wurde. Das sei eine „heilige Kuh“, sagte der Richter. Kirchlich gesehen, gingen die Uhren da einfach anders. Die Regeln etwa der öffentlichen Verwaltung seien deshalb auf die Kirche nicht übertragbar.

„Wann kommt Monsieur Assmann zu Potte?“

Die Klägerin habe mithin auch keinen Anspruch auf den Beamtenstatus, zumindest aber auf eine Entscheidung darüber. „Will denn jemand mal zu Potte kommen?“, fragte Ehrich an die Adresse der Bistumsvertreter. „Was macht der Monsieur Assmann denn da?“ Eine Frage, die eine zweite Belehrung über kirchliches Sprachspiel und den korrekten Titel „Monsignore“ von Hofmann-Nachfolger Guido Assmann nach sich zog.

Ehrich stellte auch die Frage, ob die Klägerin mit einem internen Schiedsverfahren nicht mehr hätte erreichen können, statt mit dem Gang vor Gericht „Porzellan zu zerschlagen“. Ein sprachlicher Lapsus der Kläger-Anwältin kam ihm hier zu Hilfe: Sie sei zugunsten ihrer Mandantin „reingetreten“, sagte Henseler, um das sogleich durch „aufgetreten“ zu ersetzen und geltend zu machen, dass ihre Mandantin mit Ausflüchten und notorischer Nicht-Entscheidung über Jahre hingehalten worden sei.

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Zweieinhalb Jahre sei sie hinter ihren Vorgesetzten hergelaufen, ja „zu Kreuze gekrochen – ohne Ergebnis.“ Das fand Ehrich augenscheinlich in den Unterlagen bestätigt: Die Klägerin habe sich demnach auch bei Kardinal Rainer Woelki gemeldet, „noch bevor der in der Verbannung war“.

Es dürfte nun spannend werden, wie die nächsthöhere Instanz den Fall sieht. Klägerinnen-Anwältin Henseler kündigte an, auf Basis der Urteilsbegründung eine Berufung zu prüfen.

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