Am Freitag warfen Menschen aus dem Umfeld von Millowitsch in der Volksbühne einen liebevollen Blick auf sein Leben und Wirken.
Gespräche, Filme und Live-MusikAbend in der Volksbühne erinnert an Willy Millowitsch

Moderatorin Monika Salchert (l.) und Schauspielerin Samy Orfgen sprachen über den künstlerischen Einfluss von Willy Millowitsch.
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Dieser Humor zündet immer noch. Als am Freitagabend in der Volksbühne am Rudolfplatz Willy Millowitsch und Else Scholten zu sehen waren, wie sie sich als Anton Voss und Frau Schluddermeier im Schwank „Im Nachtjackenviertel“ bissige Wortgefechte lieferten, kam das Publikum aus dem Lachen nicht heraus. Die Szene aus einer Fernsehaufzeichnung, die in den 1950er Jahre entstand, wurde bei der Veranstaltung „Millowitsch – Schnaps war NICHT sein letztes Wort“ gezeigt.
Mit Gesprächen, Filmen und Live-Musik erinnerte der kurzweilige Abend, den Monika Salchert und Hans-Georg Bögner moderierten, an das Leben und Wirken des 1999 verstorbenen Volksschauspielers – an dem Ort, wo sich von 1936 bis 2014 das Theater befand, das seinen Familiennamen trug.
Für Samy Orfgen war Millowitsch „künstlerischer Vater“
Als Schauspielerin Samy Orfgen erzählte, wie sie Millowitsch erlebt hat, nannte sie ihn wiederholt „Chef“ – so wie damals, als sie zum Ensemble gehörte. „Als kleines Mädchen habe ich sehr von ihm geschwärmt, er war für mich das große Vorbild.“ 1987 sei sie „mit zitternden Knien“ im Büro des „Chefs“ erschienen, um sich vorzustellen, mit Erfolg: Sie bekam eine Rolle im Stück „Das Mädchen aus dem Fahrstuhl“.
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Von Millowitsch habe sie gelernt, „wie man Pointen setzt, wie man es schafft, dass das Publikum einen mag. Ich würde ihn als künstlerischen Vater bezeichnen“, sagte Orfgen, die gemeinsam mit ihm auch in Folgen der Krimiserie „Kommissar Klefisch“ spielte. Claus Janzen, der später zum Ensemble kam, sagte: „Ich konnte mit dem Chef sehr gut“. Mit ihm stand er allerdings nur eine Spielzeit lang auf der Bühne. Nachdem Sohn Peter Millowitsch 1993 die Theaterleitung übernommen hatte, spielte Janzen mit ihm in mehr als 4000 Vorstellungen zusammen.
Theaterwissenschaftlerin erinnert an Neuanfang nach dem Krieg
Über den Werdegang des „Chefs“ als Spross einer Theaterdynastie sprach Anika Dewald, die zwei Jahre lang den Nachlass des Schauspielers im Theaterarchiv der Uni Köln betreut hat. Anfangs habe Willy Millowitsch im Schatten seines Vaters Peter gestanden, von dem er 1940 die Bühnenleitung übernahm. Als der Sohn während des Zweiten Weltkriegs auf Fronttournee gewesen sei, habe er sich „freigespielt“, nachzulesen in seiner Autobiografie. „Das war eine sehr prägende Zeit, aus der er viel Kraft und Selbstbewusstsein geschöpft hat.“
Auch an den Neuanfang in der Kölner Spielstätte im Oktober 1945 erinnerte die Theaterwissenschaftlerin, besonders daran, dass Konrad Adenauer als Oberbürgermeister Kölns dafür sorgte, dass die Geschwister Willy und Lucy Millowitsch eine Spielerlaubnis bekamen. Die Leute sollten „wieder was zu lachen haben“, befand der spätere Bundeskanzler. Eine „Schicksalsstunde“ nannte es Dewald, dass am 27. Oktober 1953 „Der Etappenhase“ ausgestrahlt wurde – die erste Live-Übertragung einer Theateraufführung in Deutschland. „Über Nacht war das Millowitsch-Theater deutschlandweit bekannt.“ Kritische Worte fand die Wissenschaftlerin dazu, dass Millowitsch sich bei der Selbstvermarktung nicht gescheut habe, Privates in publikumswirksamen „Homestories“ auszubreiten. „Das ging an die Persönlichkeitsrechte der Kinder heran.“
Auch die Höhner holte Millowitsch ans Theater
Henning Krautmacher, neben Janus Fröhlich und Peter Werner einer der drei Ex-Höhner, die den Abend mitgestalteten, zitierte Millowitsch mit den Worten „Klappern gehört zum Handwerk“ und gab ein Beispiel: Von einem Besuch der Höhner bei ihm am Krankenhausbett habe der Schauspieler rasch Fotos gemacht, um sie dem „Express“ zuzuspielen. Die Beziehung der Band zu ihm reicht weit zurück. 1975 holte er sie zur musikalischen Untermalung seines Stücks „Drei Dag Ahl Kölle“ an sein Theater. 96 Mal waren die Höhner dabei.
Peter Werner beeindruckte damals, dass „der Chef“ fähig war, auf der Bühne zu stehen und zugleich im Fernsehen ein Fußballspiel zu verfolgen, denn: „Er spielte wie im Schlaf.“ Ihren Beitrag zum Abend beendeten die Ex-Höhner damit, das Lied vorzutragen, das die Gruppe bei der Trauerfeier für Millowitsch im September 1999 im Rathaus spielte: „Willy, wat wör Kölle ohne dich.“
Mehrmals war das Matthias Heßeler Ensemble zu hören, das Stücke aus Millowitschs Repertoire spielte, etwa „Heidewitzka, Herr Kapitän“, „Ich bin ne kölsche Jung“ und natürlich „Schnaps, das war sein letztes Wort“. Gelungen war die Auswahl des Filmmaterials, das Hermann Rheindorf zusammengestellt hatte, von kuriosen alten Werbespots über private Szenen bis zur Spielfilmpassage. Zum Schluss wurde dank des WDR-Mitschnitts der Moment gegenwärtig, als Millowitsch bei einem besonderen Auftritt umjubelt wurde: Am 9. November 1992 sprach er auf dem Chlodwigplatz beim legendären „Arsch huh, Zäng ussenander“-Konzert, das sich gegen Rassismus und Neonazis richtete.
Bis zum Sonntag war in der Volksbühne das Stück „Millowitsch. Endlich wieder lachen“ zu sehen. Alle 18 Vorstellungen waren ausverkauft. Vom 20. Oktober bis 4. November 2026 gibt es elf weitere Termine. Der Vorverkauf über Kölnticket hat bereits begonnen.