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Köln-Check 2025So unzufrieden sind die Kölner mit ihrer Stadt – Ein Problem überragt

6 min
Aerial view of the city of Koeln Aerial view of the city of Koeln, Germany seen from River Rhein Rhine. From left to right, the Altstadt old town, Rathaus town hall, Dom cathedral and Hohenzollern Bridge Copyright: xZoonar.com/ClaudioxDiviziax 14318230

Nur noch jeder Zehnte in Köln beurteilt die Entwicklung positiv. Für vier von fünf Kölnern setzen sich die Veränderungen der Stadt zu ihrem Nachteil fort.

Die Probleme der Stadt haben eine lange Geschichte. Trotz wachsender Dringlichkeit ist wenig zur Verbesserung passiert – Ergebnisse einer Befragung.

Eine gute Nachricht zuerst: Mit den Einkaufsmöglichkeiten in Köln, dem kulturellen Angebot sowie den verfügbaren Freizeit- und Sporteinrichtungen sind die Kölnerinnen und Kölner sehr zufrieden. Im „Köln-Check“ liegen die Werte in allen drei Bereichen sogar deutlich über den Ergebnissen der zeitgleichen landesweiten Befragung im „NRW-Check“ des „Kölner Stadt-Anzeiger“ und weiterer 37 Zeitungen.

Während Konsumangebot des eigenen Wohnorts bei 80 Prozent der Menschen in ganz Nordrhein-Westfalen für Zufriedenheit sorgt, sind es in Köln 93 Prozent – ein kaum zu übertreffender Wert. 11 bzw. 10 Punkte über dem Landesdurchschnitt liegt auch die Zufriedenheit mit dem Kultur- sowie dem Freizeit- und Sportangebot.

Auf mittlere Werte kommt das Angebot in den Bereichen Gesundheitsversorgung und öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV). Hier liegt Köln mehr oder weniger im NRW-Durchschnitt.

Danach aber kippt die Stimmung und fällt für weitere wichtige Felder der Daseinsvorsorge zunehmend desaströs aus. So ist die ohnehin massive Unzufriedenheit der Menschen in NRW mit dem Wohnungsangebot sowie mit dem Zustand der Straßen und Schulen in Köln noch einmal größer. Extremfall sind die Schulen, mit deren Zustand nur mehr 4 Prozent der Kölnerinnen und Kölner zufrieden sind. NRW-weit sind es 17 Prozent. Ähnlich sind die Verhältnisse beim Blick auf den Wohnungsmarkt: 28 Prozent der NRW-Bevölkerung sind mit dem Angebot zufrieden. In Köln liegt der Wert bei 7 Prozent. Den Zustand der Straßen halten ganze zwölf Prozent der Kölner für zufriedenstellend – landesweit sind es immerhin 25 Prozent.

Stadt Köln im Abwärtstrend

Diese Angaben spiegeln sich in den Einschätzungen der Menschen in Köln zur Stadtentwicklung. Als sie 2017 dazu befragt wurden, sprachen schon damals 41 Prozent von einem Abwärtstrend. Nur 31 Prozent sahen Köln im Aufwind. Im Vergleich zu heute war das allerdings noch ein Traumwert. Inzwischen beurteilt nur noch jeder Zehnte in Köln die Entwicklung positiv. Für vier von fünf Kölnern setzen sich die Veränderungen der Stadt zu ihrem Nachteil fort – und das vor allem in der Altersgruppe der über 60-Jährigen, die einen langen Zeitraum überschauen können. Deutlich freundlicher gestimmt ist nur die junge und mittlere Generation der 16- bis 44-Jährigen.

In den Antworten auf die offen, also ohne jede Vorgabe bestimmter Items (Themen) gestellte Frage nach dem, was die Kölnerinnen und Kölner an ihrer Stadt schätzen, kommt – bei allem Unmut und Ärger – doch noch das sprichwörtliche Köln-Gefühl zum Ausdruck. An erster Stelle (51 Prozent) und mit weitem Abstand nennen die Bewohner die Mentalität der Menschen und ihre Offenheit. Die Charakteristika, die in der Wertschätzung auf den Plätzen zwei und drei liegen, entsprechen ebenfalls dem Kölner Image: 21 Prozent heben Diversität, Vielfalt, Toleranz, Widerstand gegen Rechtsextremismus hervor – „dat is jet, wo mer stolz drop sin“, wie es in der Köln-Hymne „Unser Stammbaum“.

Das Lied besingt auch die reiche Kölner Historie seit der Römerzeit und das Amalgam verschiedener Völker und ihrer Eigenheiten. Dazu passend sagen 26 Prozent der Befragten, dass sie Köln wegen seiner Geschichte und der Kultur mögen. Und auch die Werte Heimat, Familie, Freunde, die Köln für 11 Prozent der Bewohner liebenswert machen, passen zum Köln-Gefühl.

Überraschend ist allerdings, dass spontan nur den Wenigsten das Brauchtum, der Karneval oder der Dom als Andockpunkte für die Verbundenheit mit Köln einfallen. Aber vielleicht ist das schlicht zu selbstverständlich.

Unmut über den Verkehr in Köln

Beim Blick auf die Hitliste der größten Probleme, die sich wiederum aus Antworten auf eine offen, ohne feste Vorauswahl formulierte Frage erstellt wurde, fällt der lange Balken zum Bereich Verkehr auf (81 Prozent). Dahinter verbergen sich neben der Angabe „Verkehrsprobleme allgemein“ der ÖPNV mit der KVB, der Zustand der Straßen und Brücken, die Vielzahl der Baustellen und – mit einem geringen Wert von 3 bzw. 2 Prozent – der Ärger mit Radfahrern einerseits, der Ärger über zu wenig Radwege andererseits.

Aus dem langen zeitlichen Bogen der Befragungen vom Ende der 1990er Jahre bis heute lassen sich im „Köln-Check“ auch so etwas wie Problemkarrieren ableiten – mitsamt der Erkenntnis, dass in einem Vierteljahrhundert offenbar (zu) wenig passiert ist, was die Situation hätte verbessern können. So beschwerte der Verkehr in Köln die Bevölkerung schon 1999 am meisten. In den zweieinhalb Jahrzehnten danach hat der Problemdruck kontinuierlich zugenommen – mit einer leichten Delle im Befragungsjahr 2017.

Die Verkehrsprobleme rangieren damit beständig mit weitem Abstand vor dem Dreck in der Stadt, der Kriminalität und – in nochmals geringerem Umfang – der Lage am Wohnungsmarkt oder Fragen der Migration. Die zuletzt genannten Probleme haben sich in der Wahrnehmung der Menschen allerdings teils rasant verschärft. Besonders gilt das für den Wohnungsmarkt. Neu hinzugekommen sind mit zunehmender Dringlichkeit die Schulsituation und die Arbeit der Stadtverwaltung – in Köln ein Problem eigener Art. In den Befragungsfokus gerückt ist es erstmals 2017. Inzwischen behauptet die Kritik an der Verwaltung einen festen Platz im Ranking der Probleme.

Der Zufriedenheit mit der kommunalen Verwaltung galt auch eine Frage im jüngsten „NRW-Check“. Die Vergleichszahlen machen schonungslos die Kölner Misere deutlich. Im Landesdurchschnitt aller Städte und Gemeinden halten sich Zufriedenheit und Unzufriedenheit mit der Verwaltung die Waage (39:41). In den Großstädten mit mehr als 500.000 Einwohnern sinkt der Anteil der Zufriedenen auf 29 Prozent.

In Köln bricht dieser Wert nochmals dramatisch ein: mit nur mehr 17 Prozent zufriedenen Bürgern, denen 78 Prozent unzufriedene gegenüberstehen. Zu einem milderen Urteil kommt bezeichnenderweise nur die Beamtenschaft mit einem Drittel (30 Prozent) Zufriedenen, aber immerhin auch zwei Dritteln (64 Prozent), die mit der Arbeit der städtischen Ämter und Behörden unzufrieden sind.

Da Köln, die größte Stadt des Landes, beim „NRW-Check“ mit in die Erfassung der Großstädte mit mehr als einer halben Million Einwohnern eingeht, ist schon rechnerisch klar, dass das Urteil der Düsseldorfer, Dortmunder, Essener und Duisburger über ihre Stadtverwaltung wesentlich besser ausfallen muss. Köln trägt hier die dunkelrote Laterne.


Der Köln-Check

In Erweiterung des am 10. Juli im „Kölner Stadt-Anzeiger“ veröffentlichten „NRW-Check“ der nordrhein-westfälischen Zeitungen haben diese Zeitung und die „Kölnische Rundschau“ für die Stadt eine Umfrage zur Kommunalwahl am 14. September in Auftrag gegeben.

Das Institut Forsa befragte dazu vom 25. Juni bis 3. Juli im Rahmen des repräsentativen Panels forsa.omninet 1.002 wahlberechtigte Kölnerinnen und Kölner ab 16 Jahren. In die Auswertung gingen Ergebnisse früherer Erhebungen ein. So ließ sich ermitteln, wie sich die Einstellungen im Laufe der letzten Jahre verändert haben.

Die Ergebnisse sind bei einer Fehlertoleranz von plus/minus 2,5 Prozentpunkten auf alle Kölner Wahlberechtigten übertragbar. (jf)