Schulplatz-MangelKommt Unterricht im Zwei-Schicht-Betrieb in Kölner Schulen?

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Symbolbild.

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Köln – Droht der Stadt in zehn Jahren ein Schulunterricht in einem „Zwei-Schicht-Betrieb“? Die FDP-Vertreterin im Schulausschuss des Stadtrates, Stefanie Ruffen, bemühte ein Horror-Szenario, um den Ernst der Lage beim Schulbau deutlich zu machen. Ein Klassenraum für zwei Klassen, die eine kommt am Vormittag, die andere nachmittags? Keiner mag sich das vorstellen. Allerdings weiß offensichtlich auch noch keiner so genau, wo die rund 24.000 Neugeborenen der Jahre 2016 und 2017 demnächst unterrichtet werden sollen, wenn sie schulpflichtig werden

Die Stadtschulpflegschaft nutzte eine „Aktuelle Stunde“ im Ausschuss, um noch einmal die Einrichtung eines runden Tisches zur Beratung von Notmaßnahmen zu fordern. Wie die Stadt mit der Krise umgehe, sei ungenügend, so Elternsprecher Reinhold Goss. Schuldezernentin Agnes Klein lehnte die Forderung ab: „Dieses Thema ist nicht mit einem runden Tisch zu erledigen. Es wird weitaus mühsamer werden. Wir haben kein Erkenntnisdefizit, sondern ein Umsetzungsdefizit.“

SPD, FDP und Linke äußern Zweifel an Maßnahmen

CDU und Grüne verwiesen auf die in den vergangenen Wochen getroffenen Beschlüsse und Maßnahmen. SPD, FDP und Linke äußerten Zweifel, ob diese tatsächlich reichen. Sonderprogramme seien gut und schön, aber von ihnen würden nur die dafür ausgewählten Schulen profitieren. Die Linke forderte mehr Unterstützung vom Land, das die Stadt bei der Gründung von Gesamtschulen hängenlasse. Die Kritik richtete sich an die aktuelle wie die vergangene Landesregierung gleichermaßen.

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„Wir sind bisher dieser riesigen Herausforderung nicht gerecht geworden“, räumte Schuldezernentin Klein offen ein. Man habe vor dem Hintergrund der Bevölkerungsprognosen immer die Bedarfe erkannt und aktualisiert. Was nicht gelungen sei, ist die Beschleunigung der Baumaßnahmen. Es fehle eine klare Priorisierung, sagten auch Vertreter der Parteien. Klein forderte ein Flächenkonzept, das Bildung klar bevorzuge. „Tragen Sie diese Diskussion in andere Ausschüsse“, forderte sie von den Schulpolitikern.

Die Stadt könne von anderen großen Städten lernen. „Wir müssen in großen Paketen denken“, so Klein, die einen Blick nach München empfahl. Dort hat die Politik zwei große Schulbaupakete beschlossen und die Umsetzung an die Verwaltung übertragen. In Köln wird in der Regel jede Schulbaumaßnahme einzeln erörtert und in langen Beteiligungsverfahren beraten.

So blieb am Ende der „Aktuellen Stunde“ im Ausschuss, die FDP und die in „Ratsgruppe Bunt“ umgetauften Piraten beantragt hatten, die Einsicht, dass sowohl Verwaltung wie Politik noch stärker gefordert sind. „Wir müssen liefern“, fasste der Ausschussvorsitzende Helge Schlieben (CDU) die Debatte zusammen.

Fast 3500 Grundschulplätze fehlen nach Hochrechnung

Offen blieb die Frage, ob es der Stadt gelingen kann, tatsächlich das Tempo deutlich anzuziehen. Denn dass schon in wenigen Jahren Tausende Schüler in Köln ohne Schulplatz dastehen, war offensichtlich nicht allen Politiker klar. Anlass für die Debatte war eine Folge der Serie „Schule in Not“, des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Mit einer Hochrechnung zukünftiger Schülerzahlen – ausgehend von den anhaltend hohen Geburtenzahlen in der Stadt – wurde deutlich, dass in Köln etliche Schulplätze fehlen, wenn nicht massiv neu gebaut wird.

Wenn die Kölner Babys, die im vergangenen und im laufenden Jahr geboren wurden, 2022 und 2023 eingeschult werden, würden nach heutigem Stand fast 3500 Grundschulplätze fehlen. Bis 2025, wenn die 2016er-Babys ins fünfte Schuljahr kommen, wächst nach Berechnungen des „Stadt-Anzeiger“ der Fehlbedarf an Grundschulplätzen auf 7000.

Bei den weiterführenden Schulen sieht es nicht besser aus. Nach der Rückkehr zum G9 an Gymnasien müssten in den nächsten 15 Jahren rund 5500 neue Gymnasial-Plätze entstehen. Hinzu kommt der große Bedarf an Gesamtschulplätzen – bereits seit längerer Zeit müssen jedes Schuljahr Hunderte Kinder abgelehnt werden.

Umstrittener Ausbau

Der Schulausschuss beschloss die Planungen für eine neue Grundschule in Junkersdorf aufzunehmen. Außerdem wurde beschlossen, an der Carl-von-Ossietzky-Gesamtschule in Longerich, dem Apostelgymnasium in Lindenthal, der Brüder-Grimm-Grundschule in Sürth und an der Albert-Schweitzer-Grundschule in Weiß die Zügigkeit zu erhöhen, damit dort mehr Schüler unterrichtet werden können.

Diese Erweiterungen sind umstritten, weil in aller Regel nicht zeitnah für die neuen Schüler gebaut wird. Dezernentin Klein informierte die Politiker über eine neue Kooperation mit Pulheim. Eine interkommunale Vereinbarung sichert die gemeinsame Nutzung des Schulzentrums Brauweiler durch Schüler aus beiden Kommunen. Die Kooperation kann Vorbild für weitere Projekte mit anderen Nachbarn sein. 

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