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Köln früher und heuteAls Buster Keaton auf dem Ikea-Parkplatz landete

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Der Flughafen Butzweilerhof auf einem Foto von 1927

  • In unserer PLUS-Serie „Köln früher und heute” zeigen wir jede Woche einen Ort in Köln und erzählen von dessen Geschichte und Gegenwart.
  • In dieser Folge geht es um den alten Flughafen Butzweilerhof in Ossendorf, der 1926 eröffnet wurde.
  • Einst war er wichtige Zwischenstation auf der Strecke zwischen Berlin und Paris – auch für prominente Schauspieler.

Köln – Das Luftkreuz des Westens ist heute der Parkplatz eines schwedischen Möbelhauses. „Welcher Kunde von Ikea weiß, dass er sich eigentlich auf einem internationalen Flughafen befindet?“, sagt der Kölner Luftfahrt-Experte Werner Müller.

Etwas weiter südlich stehen zwar noch heute Gebäude des „Butz“, wie der erste zivile Flughafen der Stadt in Ossendorf von den Kölnern genannt wurde. Doch es handelt sich dabei um einen Neubau aus dem Jahr 1936, heute genutzt als Oldtimerparadies „Motorworld“. Der ursprüngliche Flughafen lag dort, wo heute Autos mit Billy-Regalen und Betten beladen werden.

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Es waren einfache Gebäude aus Holz und ein kleiner Aussichtsturm, die im Mai 1926 als Flughafen Butzweilerhof feierlich eröffnet wurden – hervorgegangen aus der Fliegerstation Butzweilerhof, wo der „Rote Baron“ Manfred von Richthofen, Werner Voß und der spätere Kunstflugweltmeister Gerhard Fieseler ihre ersten Flugerfahrungen sammelten.

Alles zum Thema Lufthansa

750000 Mark hatte die Kölner Stadtverordnetenversammlung für den Ausbau der Fliegerstation zur Verfügung gestellt, die zuletzt von britischen Besatzungstruppen genutzt und schon vor dem Ersten Weltkrieg gebaut worden war. Nun sollte hier nur noch für zivile Zwecke geflogen werden.

Von Beginn an flogen sechs Linien den „Butz“ an. Die Lufthansa eröffnete Anfang April 1926 den planmäßigen Flugverkehr mit der Strecke Berlin-Köln-Paris. „Köln lag zwischen Paris und Berlin“, so Werner Müller: „Wer von einer dieser Städte in die andere flog, musste in Köln landen, um in die nächste Maschine umzusteigen.“ Denn für Non-Stop-Flüge war die Reichweite der damaligen Maschinen zu gering.

Auch prominente Schauspieler wie Buster Keaton oder Ramon Novarro kamen in den Genuss eines Zwischenstopps auf Kölner Boden. Der fiel jedoch eher spartanisch aus: eine kleine Empfangshalle und ein Restaurant mit Kachelofen waren alles, was den Passagieren geboten wurde. Die Pass- und Zollabfertigung war ebenfalls eine schlichte Angelegenheit, wie der damalige „Luftboy“ Hans Kündgen berichtete: „Ein Klingeln vom Verkehrsturm bedeutet, dass die Luftboys mit einer der kleinen Rolltreppen zum Flugzeug mussten. Zweimal Klingeln bedeutet, dass die Maschine aus dem Ausland kam und somit auch der Zoll die Passagiere kontrollieren musste.“

Pornohefte aus Paris

Etwas länger dauerte die Kontrolle von Flugzeugen aus Paris: „Der Zoll hat in dieser die Innenverkleidung der Passagierkabinen abmontiert, um dahinter die neuesten Pornohefte aus Paris zu requirieren.“ Auch Luftfracht und Post kam auf dem Luftweg nach Köln – in erster Linie Ersatzteile der Firma Citroën, die in den 1920er und 1930er Jahren in Poll produzierte. Und Saxofone.

Das Luftkreuz des Westens florierte: „Was als Provisorium aus einer militärischen Fliegerstation begann, entwickelte sich zum zweitgrößten Flughafen Deutschlands“, so Werner Müller. Vom Butz aus startete Otto Könnecke mit zwei Kameraden, um als erster Deutscher nach Amerika zu fliegen – und zu scheitern. Er war der Heimatflughafen der Kunstflugmeisterin Liesel Bach. Immer wieder lockten Flugtage mehr als 100000 Besucher an, die das riesige Luftschiff LZ 127 „Graf Zeppelin“ oder die Junkers G38 bewunderten, damals das größte Passagierflugzeug der Welt. Nicht nur die Maschinen wurden größer, sondern auch die Zahl der Passagiere. Nutzten 1926 gerade einmal 4521 Menschen den Flughafen, waren es 1934 immerhin schon 19734.

Die gestiegenen Passagier- und Frachtaufkommen waren der Grund für den Neubau in den 1930er Jahren. Nach dessen Eröffnung 1936 wurde der alte Butz von den Kölner Sportfliegern und der Luftwaffe zeitweilig weiter genutzt. Doch der Niedergang ließ nicht lange auf sich warten. Die Empfangshalle wurde bei einem Feuer 1936 zerstört, die meisten übrigen Gebäude fielen einem Luftangriff an Heiligabend 1944 zum Opfer. Der Rest verschwand in den 1950er Jahren. Lange bevor sich das schwedische Möbelhaus auf dem einstigen Flughafen ansiedelte.

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