Das „Groß-Köln“ war einst der größte gastronomische Betrieb Westdeutschlands.
Köln früher und heuteDas „Groß-Köln“ an der Friesenstraße war der Vergnügungspalast der Stadt

Der Vergnügungspalast „Groß-Köln“ 1912
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Der Jahreswechsel 1931/ 1932 bescherte der Kölner Polizei viel Arbeit. Die Tageszeitung „Der Mittag“ wusste von mehreren schweren Raubüberfällen und Einbrüchen in Geschäften zu berichten. Der Frau eines Gastwirts am Waidmarkt wurden 12.000 bis 13.000 Mark entwendet, die sie unter ihren Kleidern trug. In einer Wohnung an der Glockengasse erbeuteten „Spitzbuben und Einbrecher“ ebenfalls einen hohen Geldbetrag und Wertsachen. Mehrere Geschäfte wurden ausgeraubt.
Reporter über Willi Ostermann: „Kein überragender Sänger, aber Lieder bekommen Klang“
Doch es gab auch Schönes zu lesen. Zum Beispiel über den „alten Geist kölnischer Gemütlichkeit“, wie er laut „Kölner Lokal-Anzeiger“ im „Groß-Köln“ nahe dem Friesenplatz gepflegt werde. Hier feierte am Neujahrstag 1932 die Revue „Vum Billa zum Zilla“ mit Texten und Liedern von Willi Ostermann Premiere. Mit dabei der berühmte Krätzchensänger persönlich. Die Revue ehrte Ostermanns 25-jährige Karriere als Karnevalsdichter und erntete stürmischen Applaus. „Willi Ostermann ist kein überragender Sänger, aber wenn er seine Lieder vorträgt, wie es am Neujahrsabend im Groß-Köln geschah, dann bekommen sie einen Schmelz und einen Klang, wie ihn so gewinnend nur er, der Komponist und Dichter selber, hineinlegen kann“, so der Reporter.
Das „Groß-Köln“ wurde 1912 an der Friesenstraße 44 bis 46 eröffnet, hieß damals gemäß der offiziellen Schreibweise aber noch „Groß-Cöln“. Seinen Namen trug der „Vergnügungspalast“ zu Recht, verfügte er doch über insgesamt 3500 Plätze im Hauptsaal sowie den verschiedenen Nebenbetrieben, zu denen die Bar „Mascotte“ ebenso gehörte wie die Bühne „Zillertal“ und das „Atrium“, das vor allem für Kabarettveranstaltungen reserviert war. Viel Unterhaltung für wenig Geld sorgte für reichlich Rummel in Westdeutschlands größtem gastronomischen Betrieb.

An der Stelle des „Groß-Köln“ befinden sich seit 1948 die „Sartory-Säle“.
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Schriftsteller und Kabarettist Joachim Ringelnatz gehörte in den 1920-er Jahren zu den regelmäßigen Gästen auf der Bühne. 1927 zum Beispiel, als er im Rahmen einer Revue auftrat und als „sich überschlagender Expressionist“ mit „großer kindlicher Seele“ lobende Erwähnung in der Presse fand. Auch das Berliner Vokalensemble Comedian Harmonists gastiert 1929 an der Friesenstraße. Darüber hinaus werden Ringkämpfe veranstaltet, Tierschauen oder Zauber-Shows.
Nach Machtergreifung weiter aufgeführt
Im November 1931 übernehmen Ludwig Blatzheim und sein Sohn Hans Herbert das große Volksvarieté. Zu ihrem Konzern gehören unter anderem das „Café Wien“ am Hohenzollernring, das Gartenlokal „Rheinterrassen“ in Rodenkirchen oder die Bar „Charlott-Chérie“ an der Brückenstraße. Räume und Fassade des „Groß-Köln“ lassen sie innerhalb von 14 Tagen modernisieren, zur Wiedereröffnung gerät „Vum Billa zum Zilla“ zum gesellschaftlichen Ereignis. Das Stück zählt zu den sogenannten Heimat-Revuen, die in kölscher Mundart Themen der Kölner Geschichte oder des Karnevals aufgreifen und mit kölschen Künstlern wie Grete Fluss begeistern.
Nach der Machtergreifung der Nazis 1933 dürfen sie weiter aufgeführt werden: „Die Heimatrevuen passten in das ideologische Konzept der Nationalsozialisten, entsprachen sie doch der Forderung nach einer heimatverbundenen Kultur“, so Jürgen Müller in einem Buch über Revuen, Kabarett und Varieté in Köln zwischen 1928 und 1938. Ansonsten seien mit der Machtübernahme der Nazis jüdische Künstler verdrängt und politische Satire weitgehend unterbunden worden.
Veranstaltungen im „Groß-Köln“ sind in den Tageszeitungen noch in den ersten Jahren des Zweiten Weltkriegs nachweisbar. Doch den weiteren Verlauf des Kriegs übersteht das Gebäude nicht: Es wird zerstört. Nach dem Krieg lässt Carl Sartory sen. auf den Trümmern ein neues Festhaus bauen, geplant vom berühmten Architekt Wilhelm Riphahn. 1948 findet die Eröffnung statt – mit einem bunten Abend. Das „Groß-Köln“ ist Geschichte, die Zukunft gehört den „Sartory-Sälen“.