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100 Ideen für Köln„Für die Zukunft Kölns sollte die Stadt Kinder immer mitdenken“

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Andrea Redding

Andrea Redding vom Verein In Via wünscht sich mehr soziale Angebote für Kinder in Köln.

Andrea Redding, Vorständin vom Verein in Via Köln, wünscht sich mehr soziale Angebote für Kinder.

Was ist meine konkrete Idee für Köln?

In unserer Arbeit als Sozialverband erleben wir, dass die Stadt Köln Kinder nicht mehr konsequent in den Mittelpunkt stellt. Für die Zukunft Kölns und seiner Kinder sollte die Stadt Kinder aber immer mitdenken.

Als einen Schritt auf diesem Weg schlage ich deshalb ein Drei-Sterne-Konzept für Kölner Kinder vor. Es umfasst die kostenlose Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), freien Eintritt in alle Museen, also auch Häuser wie das Schokoladen- und das Olympiamuseum, die Kinder und Jugendliche als eigene Zielgruppe haben sowie ein gesundes, bezahlbares Schulmittagessen.

Warum wäre die Umsetzung dieser Idee gut für Köln?

In einer aktuellen Unicef-Studie zur Lage der Kinder weltweit ist Deutschland im internationalen Vergleich deutlich abgerutscht: von Platz 14 auf Platz 25. Kinder in unserem Land sind heute weniger zufrieden, weniger gesund, ihre schulischen Kompetenzen nehmen drastisch ab. Besonders betroffen: Kinder, die in Armut aufwachsen.

In Köln lebt jedes fünfte Kind unterhalb der Armutsgrenze

In Köln lebt mehr als jedes fünfte Kind unterhalb der Armutsgrenze. Wir erleben in unseren Einrichtungen jeden Tag, wie strukturelle Benachteiligung den Alltag dieser Kinder prägt: Sie kommen hungrig zur Schule, haben keine sicheren Wege in die Stadt und bleiben von kulturellen Angeboten ausgeschlossen. Nicht, weil ihnen persönlich etwas fehlt – sondern, weil ihnen die Zugänge fehlen.

Das Drei-Sterne-Konzept setzt dem etwas entgegen. Köln würde eine kinder- und familienfreundlichere Stadt. Im Kommunalwahlkampf geht es viel um Themen wie Sicherheit oder Verwahrlosung. Über Kinder wurde in den vielen Veranstaltungen, die ich besucht habe, wenig gesprochen. Wenn wir aber sagen, dass Köln eine weltoffene, bunte Stadt sei, dann muss Köln eine Stadt für Familien, Kinder und Jugendliche sein. Das Drei-Sterne-Konzept trägt dazu bei: Die kostenlose Nutzung des ÖPNV erleichtert die Mobilität in der Stadt und eröffnet Zugänge.

Der freie Eintritt in die Museen ist überdies auch ein Signal der Wertschätzung an Kinder und Jugendliche: Ihr seid willkommen, egal, wie viel Geld ihr habt. Hier ist ein Platz für euch mit freiem Zugang. Und es ist wertvoll, es ist uns etwas wert, wenn ihr die Kulturangebote der Stadt nutzt.

Beim warmen Mittagessen gibt es gegenwärtig die Sorge der Verwaltung, dass der Rechtsanspruch auf einen Platz in der Offenen Ganztagsschule (OGS) ab der ersten Klasse zu einem so großen Andrang führt, dass man die Verpflegung mittags nur mit Lunchpaketen sicherstellen kann, weil das schneller geht und kein Essen verteilt werden muss. Die Stadt investiert tatsächlich bereits in neue Mensa-Bauten, die natürlich nicht über Nacht fertig werden. Nur darf man vor dieser Situation nicht kapitulieren und den Kindern kein warmes Essen mehr stellen.

Andrea Redding: Leidtragende sind die, bei denen nichts ankommt

Nur unter größten Anstrengungen ist es den Trägern der Kinder- und Jugendhilfe in Köln gelungen, dass beschlossene Haushaltskürzungen teilweise zurückgenommen wurden. Die Politik rühmt sich dieses Erfolgs – aber es war ein großer Kraftakt, und die Planungssicherheit für die kommenden Jahre ist nicht gerade gewachsen. Das Geld vom Bund, vom Land und von der Stadt wird nicht mehr werden. Und natürlich ist es dann einfach, wenn die eine Ebene auf die andere zeigt. Aber die Leidtragenden sind die, bei denen nichts mehr ankommt. Dafür wollen wir sensibilisieren.

Wie kann die Umsetzung gelingen?

Wir kennen die Haushaltslage der Stadt – und auch wir sind Realistinnen. Realität ist aber auch, dass jeder Euro, der heute in Kinder und Jugendliche investiert wird, auf lange Sicht vier bis sieben Euro spart. Andere Städte haben intelligente Lösungen gefunden, wie die Belange von Kindern verlässlich im kommunalen Haushalt abgebildet sind. In Wien gibt es das „Kinderbudget“, eine Million Euro im Jahr, über die ein eigenes Kinderparlament verfügen kann. Auch Städte wie Paris und Kopenhagen haben vorbildliche Programme zur Förderung von Kindern und Jugendlichen.

Es ist schwer, in solchen Diskussionen keinen Verteilungskampf um knappe Ressourcen anzuzetteln, und ich will auch nicht mit dem Milliardengrab Oper als Totschlagargument kommen. Aber wenn es um Investitionen in die Zukunft geht, ist das Geld für ein Drei-Sterne-Konzept zugunsten von Kindern gut angelegt.

Welche Beteiligten oder Ressourcen braucht es dafür?

Der neue Stadtrat muss sich auf klare Prioritäten im Haushalt verpflichten. Dafür braucht es zuerst und vor allem den politischen Willen, an dem bislang nach unserer Wahrnehmung immer wieder hapert. Die Kosten für das Drei-Sterne-Konzept lassen sich nicht exakt beziffern. Wir gehen aber davon aus, dass es sich um einen einstelligen Millionenbetrag handelt.

Aufgezeichnet von Joachim Frank

Zur Person und zum Verband

Andrea Redding, geb. 1977, ist seit 2021 Vorstandssprecherin von „In Via“ - Katholischer Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit Köln e.V. Nach dem Studium der Sozialpädagogik in Aachen und einem berufsbegleitenden Master in Sozialmanagement in Mönchengladbach war sie zuvor als Bundesgeschäftsführerin bei donum vitae in Bonn. tätig.

In Via Köln ist ein katholischer Sozialverband und Fachverband der Caritas. Aus der 1898 begonnenen ehrenamtlichen Arbeit der Bahnhofsmission hervorgegangen, setzt sich der Verband mit Bildungs-, Teilhabe- und Inklusionsangeboten für Kinder, junge Menschen und Erwachsene ein, unabhängig von Alter, Herkunft, Religion oder sexueller Identität. Mit mehr als 800 Mitarbeitenden zählt In Via zu den größten Sozialverbänden Kölns.