„Wir müssen diese Phase überleben“Gibt es nach der Krise noch Reha-Einrichtungen?

Lesezeit 3 Minuten
MDS-KSTA-2019-12-31-44f660c2-2b12-11ea-8ea4-ce9bfc62ab8d

Reha-Einrichtungen haben deutlich weniger Kunden als vor der Corona-Krise. (Symbolfoto)

  • Bundesgesundheitsminister Jens Spahn plant einen weiteren finanziellen Schutzschirm für das Gesundheitswesen. Neben Zahnärzten sollen Therapeuten und Reha-Einrichtungen für Eltern-Kind-Kuren unterstützt werden.
  • Ambulante Reha-Einrichtungen sind weiterhin nicht auf dem (Rettungs)-Schirm des Ministers. Für Jens Rodenberg, Geschäftsführer des Neurologischen interdisziplinären Behandlungszentrums (NiB) in KölnBraunsfeld, darf das nicht das letzte Wort sein.
  • Wir haben uns mit ihm über die aktuelle Krise unterhalten.

Köln – Herr Rodenberg, sind Einrichtungen wie das NiB schlichtweg vergessen worden? 

Leider ja. Dabei spüren auch die ambulanten Reha-Einrichtungen die negativen Auswirkungen der Corona-Krise sehr deutlich. Es kommen viel weniger Patienten.

Können Sie das beziffern?

Im Reha-Bereich verzeichnen wir einen Rückgang von 30 bis 40 Prozent. Bei den Rezeptpatienten, also Leuten, die ein Rezept zum Beispiel für eine Physio- oder Ergotherapie haben, ist die Zahl der Behandlungen sogar annähernd um 50 Prozent gesunken. Einige Abteilungen wie den Reha-Sport und die Reha-Nachsorge mussten wir ganz schließen. Viele ältere Patienten, die in einem Senioren- oder Pflegeheim leben, dürfen gar nicht mehr zu uns kommen.

Zum Zentrum gehören unter anderem Praxen für Physio-, Sprach-, Ergo- sowie Sport- und Bewegungstherapie. Für diese Bereiche soll es nun Einmalzuschüsse geben. Reicht das, um die Liquidität vorübergehend zu sichern?

Es hilft, reicht aber leider nicht. Dies betrifft nur einen Teil unseres Behandlungsangebots.

Wie groß ist das Team des NiB?

Hier sind etwa 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Dazu zählen neben den oben bereits erwähnten Therapeuten Neuropsychologen, Sozialpädagogen und Pflegefachpersonal. Außerdem Fachärzte für Neurochirurgie, Neurologie, Rehabilitationswesen und Geriatrie. Damit ist das Zentrum zu groß für das Soforthilfeprogramm des Landes, das für Betriebe von zehn bis 50 Mitarbeiter greift.

Das könnte Sie auch interessieren:

Was brauchen Sie und Ihre Kollegen ähnlicher Reha-Zentren im Rheinland?

Was uns dringend fehlt und worauf wir alle warten: ein Signal der Krankenkassen. Von dieser Seite ist in Bezug auf die ambulanten Reha-Einrichtungen bislang noch nichts gekommen. Die Politik ist ebenfalls gefordert. So etwas wie ein Rettungsschirm auch für größere mittelständische Unternehmen muss rasch kommen, in einigen Monaten kann es für viele zu spät sein. Reha-Einrichtungen und Heilmittelpraxen müssen jetzt finanziell über die Runden kommen. Einnahmeeinbußen, die jetzt entstehen, weil weniger Patienten kommen, lassen sich später nur bedingt kompensieren. Ich kann ja am Tag X keine Produktion hochfahren. 

Nehmen Sie aktuell noch neue Patienten auf?

Natürlich. Wir haben einen Versorgungsauftrag und sind von den Kostenträgern wie Rentenversicherungen und Krankenkassen angehalten, weiter da zu sein, um die Patienten zu versorgen. Das ist für uns auch gar keine Frage. 

Was geschieht, wenn ambulante Reha-Maßnahmen ausgesetzt werden?

Das ist ganz schlecht. Die Versorgungskette darf nicht reißen. Wenn eine Behandlung zu lange unterbrochen oder gar nicht erst begonnen wird, kann das fatale Folgen für den Patienten haben. Man darf nicht übersehen, dass es auch in Corona-Zeiten weiterhin akute und schwerwiegende Erkrankungen gibt. Zur ambulanten Reha kommen Patienten, die einen Herzinfarkt, Schlaganfall, einen Unfall erlitten hatten oder eine Tumorerkrankung haben. Es muss gewährleistet sein, dass diese Patienten genauso behandelt werden, wie es notwendig ist.

Die Krankenhäuser haben alle planbaren, nicht akuten Operationen verschoben. Spüren Sie das im NiB?

Die neurologische Reha ist davon weniger betroffen als orthopädische oder kardiologische Einrichtungen. Im Moment kommen weniger Leute nach einem Krankenhausaufenthalt. Aber es gibt auch eine Zeit nach der Corona-Krise. Irgendwann benötigen die Menschen nach einer Hüft-, Knie- oder Schultergelenk-Operation eine anschließende Reha. Wenn dann viele Einrichtungen und Praxen nicht mehr da sind, wäre dies eine Katastrophe mit Verzögerung. Daher brauchen wir nun Hilfe, wir müssen diese Phase überleben.

Nachtmodus
KStA abonnieren