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Beim Geldabheben erwischtZwei Kölner nach Liebesbetrug verurteilt – darum gab es Bewährung

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Bei Geldabheben in der Sparkasse in Zollstock wurden die Angeklagten nach der Tat gefilmt.

Bei Geldabheben in der Sparkasse in Zollstock wurden die Angeklagten nach der Tat gefilmt.

Die Angeklagten hatten mit Komplizen einen Mann aus Bayern in die Falle gelockt.

Mehrere Kölner haben einen 23-jährigen Mann aus dem Allgäu mit einem gefälschten Internet-Profil eines jungen Mädchens in eine Liebesfalle gelockt und am Zollstocker Südfriedhof brutal beraubt. Der Fall um das „schwere Verbrechen“, wie der Vorsitzende Richter Hans Logemann mehrfach betont hatte, endete am Donnerstag im Landgericht allerdings mit vergleichsweise milden Strafen. Ein Jugendlicher erhielt ein Jahr Haft, sein erwachsener Komplize zwei Jahre – jeweils auf Bewährung.

Köln: Strafmilderung nach Geständnissen und Geldzahlung

Nur mit ihren umfassenden Geständnissen zum Prozessauftakt, der geäußerten Reue und einer Zahlung von 3500 Euro Schmerzensgeld und Schadenersatz an den Geschädigten hätten die beiden Angeklagten gerade noch „das Ruder herumgerissen“, betonte Logemann. Dem 25-Jährigen hatten ursprünglich mindestens fünf Jahre Haft gedroht. Positiv wurde auch berücksichtigt, dass bisher unbekannt gebliebene Mittäter benannt wurden.

Die Beschuldigten hätten laut Richter Logemann für die Strafzumessung auch das vielleicht entscheidende „Quäntchen Glück“ gehabt, dass der Mann aus Bayern den Überfall vom Juli vergangenen Jahres gut verkraftet habe. Das sehe in vielen Fällen, bei denen Opfer von Straftaten schwer traumatisiert seien, ganz anders aus. Durch die Annahme von Geld und einer Entschuldigung durch den Geschädigten sei ein sogenannter Täter-Opfer-Ausgleich geschlossen worden.

Eine „perfide Masche“ nannte der Richter das, was dem schüchternen Gärtnergehilfen aus einer Kleinstadt im Allgäu geschehen war. Der Geschädigte hatte sich zunächst gefreut, dass ihn über den Social-Media-Dienst „Snapchat“ ein Mädchen namens „Emily Rugerth“ angeschrieben und mit ihm geflirtet hatte. Was er nicht ahnte: Es handelte sich um ein Fake-Profil von Kölnern, eine „Emily“ existierte nicht. Der einzige Zweck war, den Mann aus Bayern nach Köln zu locken. Und das gelang.

Köln: Statt Mädchen warteten vier Räuber am Treffpunkt

Er solle genug Bargeld mitbringen, hatte ihn die vermeintliche Chatpartnerin gebeten. Und so hatte der 23-Jährige etwa 600 Euro im Portemonnaie, als er am Tattag gegen 20 Uhr am Treffpunkt in Zollstock ankam. Statt des Mädchens warteten hier vier Räuber, die direkt zur Tat schritten. Schläge und Tritte gegen den Kopf des Mannes erfolgten, auch drohten die Täter mit dem Einsatz eines Tasers und einer silberfarbenen Pistole, inklusive Schussabgabe in die Luft.

Der Mann gab schließlich nicht nur das Bargeld, sondern auch seine EC-Karte heraus, dazu die PIN-Nummer. Die beiden Angeklagten suchten daraufhin mehrere Geldautomaten auf und machten Beute. Auch Gutscheine für Videospiele und Fast-Food bei McDonald’s kauften die Täter mit der fremden EC-Karte. Die Bank erstattete den Betrag von mehr als 2000 Euro aber später – da das Opfer selbst nicht den Auftrag für die Transaktionen gegeben hatte.

Der Überfallene hatte geschildert, dass er sein Konto eigentlich noch rechtzeitig habe sperren lassen wollen. So hatten die Täter ihn zunächst gehen lassen. Als sie jedoch bemerkten, dass der Mann auf der Flucht mit dem Handy hantierte, folgten sie ihm und zerstörten noch dessen Smartphone. Der Mann aus dem Allgäu berichtete, danach durch die Stadt geirrt zu sein und es schließlich zurück zum Hauptbahnhof geschafft zu haben. Er fuhr zunächst nach München, erstattete dort Anzeige.

Köln: Ermittlungserfolg nach öffentlicher Fahndung

Ermittelt wurden zunächst nur die beiden Angeklagten. Die zur Tatzeit 15- und 23-jährigen Beschuldigten wurden beim Geldabheben in der Sparkasse am Höninger Weg von den Überwachungskameras gefilmt. Die Gesichter waren unverdeckt und somit klar zu erkennen, die Täter grinsten sogar. Nach einer öffentlichen Fahndung drei Monate nach dem Überfall gingen sofort diverse Hinweise aus der Bevölkerung ein. Von den beiden Mittätern fehlte zunächst jede Spur.

Im Prozess nannten die Angeklagten die Namen der Komplizen, gegen die beiden Männer wird nun ermittelt. Nicht geklärt wurde bisher, ob sich der Geschädigte durch seinen anzüglichen Chat mit „Emily Rugerth“ selbst strafbar gemacht haben könnte – da das virtuelle Mädchen womöglich als Kind ausgegeben wurde. Die Rede sei davon gewesen, einem Pädophilen eine Abreibung zu verpassen, hatten die Angeklagten ausgesagt. Nur deshalb hätten sie so spontan bei dem Raub mitgemacht.