„Besonders tragischer Fall“Kölner Seniorin dosiert Fentanyl-Pflaster ihres Partners zu hoch – 95-Jähriger stirbt

Lesezeit 3 Minuten
Gepixelte Frau auf einer Anklagebank, links neben ihr sitzt ihr Rechtsanwalt.

Der Mann der Angeklagten war ein paar Tage, nachdem sie ihm Fentanyl-Pflaster verabreicht hatte, verstorben.

Eine 87-Jährige soll ihren 95-jährigen Ehemann mit Fentanyl-Pflastern getötet haben. Nun entschied ein Gericht über sie.

Hat eine Rentnerin ihren Lebensgefährten fahrlässig mit dem Opioid Fentanyl getötet? Darum ging es am Mittwoch in einer Verhandlung vor dem Kölner Amtsgericht. Sie dauerte nicht lange, denn nach einer ausführlichen Stellungnahme des Verteidigers zu dem Vorwurf stellte die Richterin das Verfahren ohne Auflagen ein. Sie sprach von einem „besonders tragischen Fall“.

Die Staatsanwaltschaft legte der 87-jährigen Angeklagten, die im Prozess gefasst wirkte, zur Last, im Januar 2022 ihren 95 Jahre alten Partner durch falsche Anwendung von Fentanyl-Pflastern unabsichtlich umgebracht zu haben. Fentanyl ist ein Arzneistoff, der zur Linderung starker Schmerzen oder als Narkosemittel in der Anästhesie eingesetzt wird. Eine Form der Anwendung sind Pflaster, die bewirken, dass der Stoff durch die Haut in den Blutkreislauf gelangt.

Der verstorbene Mann, der an Rückenschmerzen litt, bekam solche Pflaster von seinem Orthopäden verschrieben. Der Anklage zufolge war seine Lebensgefährtin dabei, als der Arzt die Anwendung erläuterte: Alle drei Tage solle ein Pflaster angebracht werden, im Wechsel auf den rechten oder linken Oberarm. Stattdessen habe die Angeklagte an einem Tag drei Pflaster benutzt und sie auf den linken Oberarm, das Gesäß und den unteren Rücken des Mannes geklebt.

Alles zum Thema Amts- und Landgericht Köln

Tod eines Kölner Seniors: Überdosierung wäre vermeidbar gewesen

Die Überdosierung hätte sich auch dadurch vermeiden lassen, dass die Frau sorgfältig den Beipackzettel gelesen hätte. Als sie am nächsten Morgen in die Wohnung ihres Lebensgefährten kam – die Senioren wohnten nicht zusammen – ließ er sich nicht aufwecken. Die Frau alarmierte den Rettungsdienst. Ein paar Tage darauf starb er im Krankenhaus; eine Obduktion wurde veranlasst.

Verteidiger Michael Schnurbusch betonte, von einer Fahrlässigkeit seiner Mandantin könne keine Rede sein. Sie und ihr Partner hätten den Arzt schlicht missverstanden und angenommen, pro Tag sollten zwei bis drei Pflaster aufgebracht werden. Die Ahnungslosigkeit der Angeklagten zeige sich auch darin, dass sie die kleinen Spezialpflaster mit dem Willen des Patienten auf schmerzende Stellen geklebt habe, obwohl es – anders als bei Wärmepflastern – gar nicht darauf ankomme, auf welchen Hauptpartien des Körpers sie befestigt würden.

Überdies brachte der Anwalt eine mögliche Mitschuld des Orthopäden ins Spiel. Der Arzt habe offensichtlich nicht darauf hingewiesen „dass es gefährlich sein könnte“, zumal er Pflaster mit einer Stärke von 37,5 statt zwölf Mikrogramm verschrieben habe. Wären an einem Tag drei Pflaster à zwölf Mikrogramm verwendet worden, „wäre wahrscheinlich überhaupt nichts passiert“.

Nicht klar, ob Überdosis zum Tod führte

Weiter macht Schnurbusch geltend, es sei nicht einmal nachgewiesen, dass eine Überdosis Fentanyl zum Tod geführt habe. Der 95-Jährige sei ohnehin in einem schlechten Zustand gewesen und habe mehrere Arzneimittel genommen, darunter Diazepam. „Wechselwirkungen sind nicht auszuschließen.“

Als Todesursache sei eine Lungenentzündung festgestellt worden. Bei allem stehe außer Frage, dass seine Mandantin den Tod ihres Lebensgefährten „nicht gewollt“ habe, sagte der Verteidiger. Zu ihrer Trauer komme die Belastung wegen der langen Dauer des Verfahrens. Dessen Einstellung nimmt der Frau diese Last von den Schultern.

KStA abonnieren