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Grüne OB-Kandidatin ohne ParteilogoMehr als 200 Beschwerden über Wahlplakate in Köln

4 min
Seit 1. August ist die Wahlwerbung im öffentlichen Straßenraum erlaubt.

Seit 1. August ist die Wahlwerbung im öffentlichen Straßenraum erlaubt.

Köln ist ein Schilderwald aus Wahlplakaten geworden, nicht alle hängen an erlaubten Stellen. Und auf Berivan Aymaz-Plakaten steht kein Parteilogo – was dahinter steckt.

Seit 1. August ist Köln zugepflastert mit Wahlwerbung. Und das so dicht, dass einige Plakate die Sicht an Kreuzungen versperren. Eigentlich haben die Wahlkampfhelfer klare Vorgaben, wo sie Plakate aufhängen dürfen. Doch laut einer Stadtsprecherin haben bis Donnerstag 62 Personen Beschwerden zu „weit mehr als 200“ Plakaten an das Ordnungsamt gemeldet. „Tendenz stark steigend“, ordnet sie ein.

Die häufigsten Beschwerdegründe seien zu niedrig aufgehängte Plakate, gefolgt von der Unterschreitung der Abstände zu Kreuzungen, Fußgängerüberwegen und Querungshilfen. Die bemängelten Plakate sollen im ganzen Stadtgebiet hängen.

Die Beschwerden beziehen sich auf keine Partei im Speziellen. Cyrill Ibn Salem, Co-Vorsitzender der Grünen, sagte, ihn hätten vereinzelt Beschwerden erreicht. „Die Plakate werden von ehrenamtlichen Helfern aufgehängt und Fehler können da passieren.“ Ein weiterer möglicher Grund sei die neue Verordnung der Stadt, die die erlaubte Höhe von Wahlplakaten seit Juli stärker einschränkt. Sie dürfen ausschließlich an Beleuchtungsmasten hängen, auf einer Höhe von mindestens 2,20 Meter, die Unterkanten maximal in vier Metern Höhe.

Verboten ist es an Verkehrszeichenmasten, Ampeln, Blitzern, Straßennamensschildern, Wegweisungsbeschilderungen, Parkscheinautomaten, Halteeinrichtungen von Papierkörben und in Grünflächen und Parkanlagen. Ein Verstoß kostet auch in diesen Fällen 15 Euro je Wahlplakat.

Berivan Aymaz Grüne OB-Kandidatin erwähnt Partei auf Plakaten nicht

Die Parteien erhalten Listen der Stadt und bessern dann nach. Der Platz für Plakate ist in Köln umkämpft, Wahlkampf machen nicht nur viele Parteien, auch 13 Bewerberinnen und Bewerber um das Oberbürgermeisteramt. Eins fällt dabei auf: Berivan Aymaz ist zwar die OB-Kandidatin der Grünen – nur steht das auf ihren Plakaten nicht drauf. Bei den anderen Kandidaten von Parteien schon.

Dahinter steckt kein Fehler, sondern Strategie. Auf Anfrage teilt der Parteivorstand mit: „Sie möchte Oberbürgermeisterin für alle Kölnerinnen und Kölner werden und eine Politik machen, die für alle da ist – sozial gerecht, klimafreundlich und lebenswert.“ Und weiter: „Berivan Aymaz ist unsere Oberbürgermeisterkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen. Entsprechend sind ihre Plakate erkennbar im grünen Design.“

„Alle Kölnerinnen und Kölner“ – das bezieht sich auf Nachfrage eben auch auf die Wähler, die üblicherweise nicht den Grünen anhängen. Wen die Plakate ansprechen soll, sei bewusst offen gelassen. 

Berivan Aymaz erwähnt ihre Partei, die Grünen, auf ihren Plakaten nicht.

Berivan Aymaz erwähnt ihre Partei, die Grünen, auf ihren Plakaten nicht.

Der „Köln-Check“, eine vom „Kölner Stadt-Anzeiger“ in Auftrag gegebene und Mitte Juli veröffentlichte repräsentative Umfrage, zeigte: Nur die Hälfte der Kölnerinnen und Kölner will dem Automatismus folgen, die Partei samt dazugehörigem OB-Kandidaten zu wählen. 16 Prozent wollten unterschiedlich wählen und 32 Prozent waren noch unentschieden.

Gerade die Grünen-Anhänger zeigten wenig Loyalität, Aymaz auch ihre Stimme für die OB-Wahl zu geben, unter den Befragten nur 41 Prozent. Während 64 Prozent der CDU-Anhänger Markus Greitemann und 57 Prozent der SPD-Anhänger Torsten Burmester wählen wollen. Aymaz genießt – Stand Frühsommer – innerhalb der eigenen Wählerschaft also einen geringeren Rückhalt.

Allerdings zieht sie im Gegensatz zu Greitemann und Burmester auch Wähler an, die eigentlich anderen Parteien anhängen: Laut „Köln-Check“ würde elf Prozent der Linken-Anhänger Aymaz wählen. Das ist vermutlich damit zu erklären, dass sie aussichtsreichere Chancen hat, die Wahl tatsächlich zu gewinnen, als der Linkspartei-Kandidat Heiner Kockerbeck.

Immer wieder machen Kandidaten Wahlkampf ohne Parteilogo

Holt keiner der Kandidaten im ersten Durchgang am 14. September mehr als 50 Prozent der Stimmen, wovon auszugehen ist, dann findet am 28. September die Stichwahl der ersten beiden Kandidaten statt. Auch darauf arbeitet das parteineutrale Plakat bereits hin: „Wenn Berivan Aymaz in die Stichwahl kommt, muss sie über die Grünen hinaus noch Wähler ansprechen“, sagte Cyrill Ibn Salem. Bis zum 20. September dürfen die Plakate der Parteien noch hängen bleiben, nur die Bewerber der Stichwahl dürfen verlängern.

In Bonn und Düsseldorf sind die Grünen auf ihren OB-Plakaten auch nicht wörtlich erwähnt, aber eine stilisierte Sonnenblume weist auf die Parteizugehörigkeit hin. In Bergisch Gladbach zeigt der gemeinsame Bürgermeister-Kandidat der Grünen und SPD beide Parteinamen auf seinen Plakaten. Im Kölner Umland macht es der Leichlinger Grünen-Kandidat wiederum wie Aymaz, ohne Logo. Auch ohne Logo siegte bei der vorigen Wahl 2020 der Leverkusener SPD-Kandidat.