Anklage wegen VerleumdungKölner Musiker rappte über sexuelle Übergriffe in der Kindheit

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Justizzentrum mit Land- und Amtsgericht auf der Luxemburger Straße in Köln (Symbolbild)

Justizzentrum mit Land- und Amtsgericht auf der Luxemburger Straße in Köln (Symbolbild)

Der Musiker stand wegen Verleumdung vor Gericht. Sein Verteidiger sagt, davon könne keine Rede sein, denn die Behauptungen seien wahr.

Ein selbst geschriebenes und im Internet veröffentlichtes Lied brachte einem Kölner Musiker eine Anklage wegen Verleumdung ein. Am Dienstag musste der 44-Jährige im Amtsgericht erscheinen. Kaum war die Anklage verlesen, sagte sein Verteidiger, von einer Verleumdung könne keine Rede sein, denn die Behauptungen des Lieds seien wahr. Darin wirft der Musiker seinem Stiefvater körperliche Misshandlung und sexuelle Übergriffe in der Kindheit vor und seiner Mutter, sie habe dies gebilligt und ihn nicht davor geschützt.

Dafür ließen sich zahlreiche Zeugen benennen, sagte der Anwalt. Das Lied zu schreiben und online zustellen sei für seinen Mandanten, der bis heute unter dem Missbrauch leide, eine Gelegenheit gewesen, „sich Luft zu verschaffen“; es sei „eine Art Bewältigung und Verarbeitung“. Nach Angaben des Musikers ist er als Opfer sexualisierter Gewalt offiziell anerkannt worden. Allerdings ist das Verfahren gegen den Stiefvater wegen Verjährung eingestellt worden.

Richterin stellte Verfahren ein

Das Lied stellte der Angeklagte, der vor allem Hip-Hop-Musik macht und über seine Erlebnisse und Schicksalsschläge rappt, im Jahr 2017 online. Deshalb brachte der Verteidiger als zusätzliches Argument zugunsten seines Mandanten vor, die angeklagte Tat sei verjährt. Tatsächlich beträgt die Verjährungsfrist bei Verleumdung fünf Jahre. Doch die Anklage geht weiter. Danach erfuhr der Stiefvater erst im vorigen Jahr von der Existenz des Liedes und bemühte sich darum, es von dem Musiker löschen zu lassen. Der soll sich nicht nur geweigert, sondern auch versucht haben, das Lied im Internet weiterzuverbreiten.

Eine Verjährung käme demnach schwerlich in Betracht. Davon abgesehen sagte der Staatsanwalt zum Inhalt des Liedes: „Jemand erhebt solche Vorwürfe nicht, wenn sie nicht wahr sind.“ Außerdem spreche für den Angeklagten, dass er strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten sei. Die Richterin stellte das Verfahren ohne Auflagen ein.

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