Peter Loymeyer„In Köln ist die Fahrraddisziplin so groß wie in keiner anderen Stadt“

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Köln –  „Tatort“, „Polizeiruf“, „Das Wunder von Bern“ und vieles mehr: Peter Lohmeyer (57) ist einer der erfolgreichsten deutschen Film- und Fernsehschauspieler. Doch seine wahre Liebe ist das Theater. So spielt er den „Tod“ im „Jedermann“ bei den Salzburger Festspielen. Aktuell steht Lohmeyer in Köln in dem Stück „Die Reise der Verlorenen“ auf der Bühne im Depot 2 des Kölner Schauspielhauses in Mülheim. Da die Vorstellungen noch mindestens bis März zu sehen sind, ist er sozusagen ein Kölner auf Zeit.

Herr Lohmeyer, wie kam es zu dem Engagement?

Peter Lohmeyer: Ich kenne Regisseur Rafael Sanchez von „Tod eines Handlungsreisenden“, weil ich da mal eingesprungen bin. Dabei entstand die Lust, etwas miteinander zu machen. Außerdem wollte ich mal an dem Haus arbeiten, an dem meine Tochter Lola engagiert ist. Ist es für Sie eine Umstellung statt vor der Kamera auf einer Bühne zu stehen? Nein, aber beim Theater ist das Abenteuer größer, weil man keine Chance hat, auszuweichen. Ich bedauere jeden Kollegen, der nur Film macht und dieses Gefühl nicht erleben kann. Was für ein Geschenk, seit acht Jahren in Salzburg den „Tod“ im „Jedermann“ vor 2500 Zuschauern Open Air spielen zu dürfen

Haben Sie trotz Ihrer langen Erfahrung noch Lampenfieber?

Klar habe ich vor jeder Premiere und Vorstellung Schiss in der Hose. Wer behauptet, bei ihm wäre das nicht so, der nimmt entweder Drogen oder er lügt. Beim Theater muss man viel mehr Text behalten. Lernen Sie leicht? Gar nicht, ich muss mir das immer richtig reinprügeln. Es gibt Kollegen, die lesen das einmal und können das dann – beneidenswert. Erst wenn du den Text draufhast, bist du frei genug, auf der Bühne alles auszuprobieren. Aber das will gelernt sein.

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Schauspieler Peter Lohmeyer

Das heißt?

Ich bin totaler Verfechter einer guten Schauspiel-Ausbildung. Einen Arzt holt man ja auch nicht von der Straße und lässt den gleich operieren. Daniel Brühl hat zum Beispiel mal gesagt, dass er sich nicht traut, auf der Bühne zu spielen, weil ihm die Ausbildung fehlt.

Sie spielen im Depot 2, einem früheren Industriegelände. Mögen Sie das?

Es hat auf jeden Fall eine besondere Atmosphäre. Ich mag die Landschaft drum herum. Für uns Schauspieler ist es andererseits akustisch die Hölle, man muss fast immer verstärkt werden. Aber es ist ein Arbeitsplatz, der lebt.

Peter Lohmeyer wurde 1962 im heutigen Marsberg am Rande des Ruhrgebiets als Sohn eines Pfarrers geboren. Nach Abitur und Schauspielschule begann seine Karriere am Theater, später kamen Film und Fernsehen dazu. Lohmeyer hat vier Kinder.

Aus Protest gegen die rassistischen Äußerungen von Präsident Clemens Tönnies beendete der begeisterte Hobby-Fußballer im August seine Mitgliedschaft bei Schalke 04.

In dem Stück „Die Reise der Verlorenen“ spielen Sie einen Kapitän in schmucker Uniform. Damit hätten Sie auch gut auf das „Traumschiff“ gepasst.

Es gab in der Tat ein Angebot, Traumschiff-Kapitän zu werden. Ich habe zwei Minuten darüber geschmunzelt und dann abgelehnt – allein schon deshalb, weil ich Kreuzfahrten aus ökologischen Gründen komplett ablehne.

Sind Sie gespannt, ob Florian Silbereisen das hinkriegt?

Ganz ehrlich: Das ist mir völlig wurscht.

Sie sind jetzt eine Weile in Köln. Wie erleben Sie die Stadt?

Ich mag sie schon ganz gern, auch wenn mir die Straßen im Vergleich zu Hamburg manchmal etwas eng vorkommen. Ich kenne außerdem keine Stadt mit einer so großen Fahrraddisziplin. Da halten über 10 Radfahrer an einer Kreuzung, nur weil die Ampel rot zeigt. Da habe ich, ganz ehrlich, noch echte Anpassungsschwierigkeiten, wenn ich mit dem Rad unterwegs bin.

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Werden Sie auf der Straße auch angesprochen?

Ja, hier öfter als in Hamburg. Köln ist halt ein wenig kleiner und direkter. Da heißt es schon mal eher: „Hallo, Herr Lohmeyer“. Ich habe auch schon mein Lieblingslokal gefunden: Das „Pottkind“ in der Darmstädter Straße. Eines der besten Restaurants, die ich überhaupt kenne.

Ihre Tochter Lola Klamroth ist eine erfolgreiche Schauspielerin, Ihr Sohn Louis hat eine eigene Talk-Show – der Papa ist stolz wie Bolle, oder?

Ich habe ja noch zwei weitere Kinder. Deshalb bin ich erst einmal froh, dass alle ziemlich gerade ihren Weg gehen. Stolz bin ich auf alle gleich, die größte Freude ist sowieso, wenn sie gesund und glücklich sind.

Wie ist es, mit den eigenen Kindern auf der Bühne oder vor der Kamera zu stehen?

Man hat ja zu keinem mehr Vertrauen als zu dem eigenen Kind. Deshalb war und ist das schon eine tolle Sache, so nah kommt man sich ja sonst kaum. Man taucht zusammen in eine andere Welt ein. Ich weiß gar nicht, wo man das sonst noch so erleben kann.

Sie spielen regelmäßig Fußball, auch hier Köln. Ist das mehr als ein sportlicher Ausgleich für Sie?

Fußball ist mein Yoga. Das ist wie eine Meditation, bei der man sich zurückziehen kann von all dem Scheiß, der einen umgibt. Ich habe hier ziemlich rasch am Geißbockheim eine Truppe gefunden, bei der ich mithalten kann.

Das Geißbockheim ist auch die Heimat einer anderen Truppe. Was sagen Sie zum Zustand des FC?

Ich denke, die Krise ist das Ergebnis einer langjährigen Misswirtschaft, das war beim HSV genauso. Und in beiden Fällen gilt: Der Fisch stinkt vom Kopf her. Dabei mag ich das Kölner Stadion sehr. Ich durfte sogar beim Abschiedsspiel von Icke Häßler mitkicken. Nach dem Spiel habe ich ihn mit Toni Polster auf die Schultern genommen und zur Südkurve getragen.

Sie werden auch über Karneval in Köln sein. Feiern Sie mit?

Nur Weiberfastnacht. Ich hatte vor Jahren das Erlebnis, dass ich in so eine ur-kölsche Kneipe kam. Ich hatte sofort ein Kölsch am Hals, wurde gebützt – und nach 10 Minuten fand ich das herrlich.

Noch einmal zum Anfang: In „Die Reise der Verlorenen“ geht es um Juden, die vor den Nazis flüchten. Auch heute flüchten Menschen übers Meer zu uns. Wie sollen wir uns verhalten?

Die Formel ist ganz einfach: Wenn Menschen in Not sind, müssen wir denen helfen. Wenn wir uns dem verweigern, machen wir uns schuldig. Wobei für mich der Begriff Not auch bedeutet, dass man keine Ausbildung machen kann. Wir haben lange genug auf Kosten anderer gelebt. Jetzt müssen wir mit allen Konsequenzen diesen Menschen helfen. 

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