Klimaziele in Gefahr?Rhein-Energie könnten Fördermittel für Fernwärme verloren gehen

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Die Zentrale der Rhein-Energie am Parkgürtel

Die Zentrale der Rhein-Energie am Parkgürtel

In Köln sollen die größten Wärmepumpen Europas entstehen. Die Rhein-Energie sieht das Projekt nun aber gefährdet.

Der Bau der größten Wärmepumpen Europas in Köln könnte gefährdet sein. Entsprechende Befürchtungen haben die Stadt Köln und die Rhein-Energie mit Blick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts geäußert, das den Klima- und Transformationsfond (KTF) der Bundesregierung um 60 Milliarden Euro hat schrumpfen lassen.

Dadurch könnten vorgesehene Fördermittel für die beiden Großprojekte, die im KTF angesiedelt wären, fraglich sein. „Ein solches Großprojekt für die öffentliche Infrastruktur kommt nicht ohne eine öffentliche Förderung aus, das gilt für große Wärmetransportsysteme ebenso wie für unser Vorhaben der europaweit größten Wärmepumpe“, sagte Rhein-Energie-Sprecher Christoph Preuß.

Bundesamt über Energie-Topf: Keine Bewilligung von neuen Vorhaben

Das städtische Unternehmen plant, die Wärme des Rheins zu nutzen, um mit einer Großwärmepumpe „grüne Wärme“ für rund 30.000 Wohnungen zu produzieren. Der Versorger hat im Juni den Generalplanauftrag für das Projekt erteilt. Die Pumpe soll die Abwärme des Rheinwassers nutzen und 150 Megawatt Wärmeleistung liefern, mit der Wohnungen in der Kölner Innenstadt versorgt werden können. Nach den bisherigen Planungen soll der Bau der Anlage Anfang 2024 beginnen. Die Inbetriebnahme ist für Anfang 2027 geplant. Mit einem Schlag soll die Kapazität für Fernwärme in Köln dadurch um 15 Prozent steigen. Eine weitere 50-Megawatt-Wärmepumpe ist am Standort Merkenich im Kölner Norden geplant.

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Der Haken: Die Rhein-Energie ist nach eigenen Angaben auf Bundesförderungen angewiesen. Geplant war bislang Geld aus der „Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW)“. Den Drei-Milliarden-Euro-Topf, aus dem die Mittel kommen sollen, hatte die vorherige Bundesregierung geschaffen und im regulären Haushalt angesiedelt. Die neue Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP hat die drei Milliarden Euro, mit denen die Energiewende vor Ort unterstützt werden soll, in den KTF verlagert und sogar eine Ausweitung ins Auge gefasst. Nun aber gibt es den KTF nicht mehr in seiner bisherigen Form – und das Geld ist womöglich weg.

Über den BEW heißt es auf der Webseite des zuständigen Bundesamtes: „Mit der Urteilsverkündung hat das Bundesfinanzministerium eine sofortige Haushaltssperre verfügt, nach der aktuell keine neuen finanziellen Zusagen getätigt werden dürfen, die mit Zahlungen für die Jahre ab 2024 verbunden sind. Entsprechend kann derzeit keine Bewilligung von neuen Vorhaben erfolgen.“ Preuß sagt: „Im Fall einer Streichung dieses Programms sähen wir das Projekt als stark gefährdet an.“

Finanzexperte: Keine Sicherheit mehr für Projekte wie die Großwärmepumpe

Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ist der Förderantrag der Rheinenergie bislang nicht an den Bund geschickt worden. Trotz der neuen Fragezeichen soll der Antrag dem Vernehmen nach aber verschickt werden. Ohne eine Bewilligung sieht Kämmerin Dörte Diemert zumindest die Großwärmepumpe in Niehl stark gefährdet: „Ein Projekt, das auf die Bundesförderung angewiesen ist, ist etwa die geplante Großwärmepumpe der Rheinenergie in Köln-Merkenich“, sagte sie dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Allgemein seien Fördermittel für viele Projekte der Energiewende und des Klimaschutzes „fest eingeplant“.  Sie deutet an, dass die Stadt ihre klimapolitischen Ziele ohne die Bundesförderungen im Klimabereich nicht erreichen werde. „Wir werden nicht alles, was wegfallen könnte, kompensieren können.“ Dafür sei der Haushalt angesichts der Zinsentwicklung, der Tarifabschlüsse und des Investitionsstaus zu sehr unter Druck. „Die Auswirkungen des Urteils von Karlsruhe lassen sich noch nicht in Euro und Cent beziffern – sie hängen aber schon jetzt wie ein Damoklesschwert über uns“, sagte sie.

„Die Auswirkungen des Urteils lassen sich noch nicht in Euro und Cent beziffern – sie hängen aber schon jetzt wie ein Damoklesschwert über uns“
Kämmerin Dörte Diemert

Martin Beznoska vom Kölner Institut der deutschen Wirtschaft (IW) teilt die Befürchtungen der Kämmerin. „Es wird im kommenden Jahr um 17 bis 20 Milliarden Euro gehen, die eingespart werden müssen. Hier wird es neben dem Kernhaushalt natürlich auch um klimapolitische Projekte gehen“, sagte der finanzpolitische Experte über den Bundeshaushalt.

Das Urteil werde definitiv Auswirkungen auf die Kommunen haben. „Die Vergabe von Geldern für klimafreundliche Industrieprojekte wird mit Sicherheit restriktiver. Es kann sein, dass man für Dinge, die man bislang geplant hat, keinen Zuschlag mehr bekommt“, so Beznoska weiter. Auch aus seiner Sicht könnten die Fernwärmepumpen der Rhein-Energie in diese Lücke fallen. Er nennt sie „ein Projekt, dessen Förderung gefährdet sein könnte“. Es gebe dafür keine Sicherheit mehr.

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